Vom ‚Tor zum Sein‘ oder von der Quantum Collective Mind Theory

Die UN-Generalversammlung hat das Jahr 2025 zum „Internationalen Jahr der Quantenwissenschaft und Quantentechnologien“ ausgerufen [1].

Das ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass Quantenwissenschaft und -technologie weit weg sind von unseren alltäglichen Erfahrungen und für die weit überwiegende Anzahl an Mensch wird dies auch (wahrscheinlich) so bleiben. Selbst für Physiker ist die Quantenphysik in weiten Teilen nicht wirklich verständlich, wenngleich die dazugehörige Mathematik die Quanten-Natur mit sehr hoher Präzision beschreibt.

Quantenwissenschaft und -technologie sind das ‚Tor zum Sein‘, denn unser Sein ist ein Quanten-Sein. Unter diesem Blickwinkel kann man verstehen, dass die UN-Generalversammlung gut daran getan hat ‚Quantum2025‘ auszurufen: Ich bin davon überzeugt, dass die kommenden Jahre, in denen Quantum Computing und Quantum Technology immer mehr zur Anwendung kommen, unser Verständnis vom Sein verändern werden. Die Welt steht an einer ähnlichen Schwelle, wie zum Zeitpunkt der Erfindung des Transistors. – Was das Verständnis des Seins anbetrifft, werden die Folge noch wesentlich transformativer sein: Wissenschaftliche und technologische Fortschritte in Allgemeiner Künstlicher Intelligenz und Quantentechnologien werden sich gegenseitig ergänzen. Diese neue Welt dürfte den meisten Menschen verschlossen bleiben, gleichwohl werden sie die Auswirkungen spüren.     

Schon heute erfahren viele Menschen einen Kontrollverlust durch Globalisierung, Klimawandel, Migration, Corona, Künstliche Intelligenz, Anschläge und Terrorismus sowie Kriege. Als ‚Exit-Strategie‘, um aus diesem Mangel an Kontrolle und Klarheit herauszukommen, wird die Vereinfachung gewählt und von der Politik oft auch angeboten. Das Zukunftsinstitut nennt dies ‚Reverse Politics‘ [2]: Zurück zur Vergangenheit in Form von ‚Leave (Brexit)‘, ‚Make America Great Again‘, ‚Zeit für Deutschland‘, usw..

Die Quantenwelt ist genau das Gegenteil von Vereinfachung, sie ist die Welt der Unklarheit: Das Sein ist oft noch nicht festgelegt. – Quantum Computing nutzt genau dieses Nicht-Festgelegte und ‚rechnet‘ sogar damit! Es ist also nicht zu erwarten, dass unsere klassische Welt, in die die Quanten-Welt immer mehr durch Technologie ‚eindringt‘, an Klarheit gewinnt. Selbst wenn Themen wie Migration, Epidemien, Terrorismus und Krieg verschwinden sollten, so wachsen mit Allgemeiner Künstlicher Intelligenz und Quantentechnologien weitere Risikopotentiale für einen globalen Kontrollverlust heran.

Zur Zeit ist es möglich, von Künstlicher Intelligenz und Quantum Computing durch ein weitgehend offenes Ecosystem zu profitieren: Die Technologien sind (noch) offen verfügbar und Europa kann entsprechende US-Technologien einkaufen, wie unlängst das Forschungszentrum Jülich, das einen Quanten Computer von d-wave erstanden hat. Wenn ich bisher auf Quanten Computern ‚gerechnet‘ habe, so waren dies meist auch d-wave Systeme. Individuell kann man also (noch) entsprechenden Risikopotentialen durch Kontrollverlust entgegenwirken.

Meine Blog-Beiträge zu Künstlicher Intelligenz und Quantum Computing verbinden sehr oft Management Fragestellungen mit diesen beiden Technologien. Die Beiträge sind damit oft spekulativ, enthalten aus meiner Sicht jedoch gerade deswegen ein extremes Lernpotential. – Für mich auf jeden Fall – auch der interessierte Leser profitiert sicherlich von dieser ungewöhnlichen Kombination: Meines Erachtens wächst die Klarheit in der Management-Fragestellung und den verwendeten Technologien!

In den letzten Artikeln habe ich mich recht intensiv mit der Integrated Information Theory (kurz IIT) beschäftigt. Dies ist eine rein klassische Theorie. In diesem Beitrag stelle ich weitere Aspekte der schon in den letzten Beiträgen behandelten Quantum Collective Mind Theory (QCMT) vor, die in diesem Beitrag Elemente einer Quantum IIT enthält. Eine Quantum IIT gibt es in der Wissenschaft derzeit nicht.

Ich benutze wieder KI-Systeme als Assistenzsysteme einer hybriden Collective Intelligence. – Dies erfordert von den KI-Assistenzsystemen eine erstaunliche Leistung: Ausgezeichnete Kenntnisse in IIT und in der Quantenphysik und die Fähigkeit zwischen beiden doch sehr unterschiedlichen Wissensgebieten Zusammenhänge und Synergien zu erkennen. – U.a. sind klassische Konzepte der IIT, soweit sinnvoll, in quantenmechanische Konzepte umzusetzen.

Die Theorie und die dazugehörigen Python Programme für diesen Beitrag habe ich in der ersten Version mit ChatGPT o3-mini-high entwickelt. Dies ist eine schnelle ChatGPT Variante für wissenschaftliche Aufgabenstellungen und Softwareentwicklung. Anschließend habe ich o1 zum Überprüfen des mit o3-mini-high erstellten Codes verwendet und auch mit o1 fortgefahren. O1 hat hierbei zwei recht gravierende Fehler in den physikalischen Grundlagen gefunden. Ich wollte jetzt auch wissen, ob andere KI-Systeme diese Fehler finden und in der Lage sind, mir den Programmcode zu erläutern und ggf. eine korrigierte Version auszugeben. Hierzu habe ich Mistral in der Standardversion verwendet, DeepSeek R1, Gemini Pro und Grok3.  

KI-SystemProgrammanalyse-Ergebnis, im Zeitraum 01.02.-21.02.2025
ChatGPT-o3-mini-highErstellte den ursprünglichen Code mit zwei Fehlern in der Quanten Theorie
ChatGPT-o1Findet diese Fehler
Mistral, StandardFindet keine Fehler und kann den Code auch nur sehr oberflächlich erklären
Google Gemini ProFindet keine Fehler, erklärt den Code ansonsten sehr gut
DeepSeek R1Findet die Fehler und erklärt den Code gut. Nachdem ich das System aufgefordert habe, den Code zu korrigieren, wurde der Code sehr stark verändert, so stark, dass ich damit nicht mehr weiter arbeiten wollte.
Grok3Findet keine Fehler, die Programmanalyse war befriedigend, die richtige physikalische Grundlage ‚Observational Entropy‘ [3] wurde zuerst als falsch klassifiziert. Erst ein Hinweis von mir, führt zu einer Korrektur.
Tabelle 1: Übersicht zum Leistungsvergleich verschiedener KI-Systeme

Diese kleine Analyse zeigt mir, dass lediglich ChatGPT, insbesondere in der Version o1, in der Lage ist, die sehr anspruchsvollen Aufgaben mit einem vertretbaren Risiko zu bewältigen. Alle anderen getesteten KI-System sind meines Erachtens hierfür ungeeignet. – Dass ich diese Aussage tätigen kann, bestärkt mich im Umgang mit den neuen Technologien: Ohne aktive Auseinandersetzung mit den Technologien, die über das weitgehend sinnlose Standardisieren des Promptings hinausgeht, verflüchtigt sich eine Stärkung des Bedürfnisses nach Kontrolle sehr schnell.

Bevor ich zur QCMT komme, stelle ich zuerst das Ergebnis einer Teamberechnung auf einem d-wave Quantencomputer vor. Dieses Modell gehört zu dem Modell-Archetypen 6 ‚Ising-Modell der Team-Interaktion‘ (siehe meinen Blog: AI & QC & M 4.0: Alles Quantum? oder von Quantum Computing Modell-Archetypen, Dezember 2024): Das klassische Team-Modell wird als Netzwerk von sieben Teammitgliedern verstanden, die über eine Ziel-Hierarchie (1 Goal, 3 Epics, jeweils 3 Features, also 13 Elemente insgesamt) miteinander kommunizieren. Die Elemente der Ziel-Hierarchie sind ebenfalls Netzwerkknoten des gesamten Netzwerkes. Jedes Teammitglied wird über seine fünf Big-Five Persönlichkeitsmerkmale modelliert. Die Netzwerkknoten sind über Netzwerkkanten mit unterschiedlicher Kopplungsstärke verbunden. Zum Beispiel wird die Kopplungsstärke zwischen den Big-Five Persönlichkeit Offenheit und Gewissenhaftigkeit als negativ angenommen: -0,5 auf einer Skala von 0 bis +/-1. In diesem Modell wird auch zum Beispiel die Kopplung zwischen Goal und Offenheit mit +0,8 angenommen und zwischen Feature und Offenheit nur mit 0,0. Dies sind Werte, die in etwa die Erfahrung in realen Teaminteraktionen widerspiegeln. Zwischen den Hierarchie-Ebenen und innerhalb der Ebenen gibt es natürlich auch kleine Kopplungen.

Dieses klassische Netzwerk wird auf ein Qubit-Netzwerk von 7*5 + 13 = 48 Qubits abgebildet.

Zu Anfang unterliegt die Ziel-Hierarchie mit 2 hoch 13 Zuständen, da 13 Qubits, einer Gleichverteilung: Die sogenannte Shannon-Entropie ist also sehr hoch. Wir benutzen die Entropie als Kennzeichen für die Güte der Collective Mind Ausprägung: Niedrige Entropie heißt, das System zeigt wenige (markante) Zustände, das System hat sich ‚kristallisiert‘. Hohe Entropie heißt, das System zeigt viel Zustände, die Unsicherheit über den Zustand des Systems ist hoch.   

Abbildung 1 verdeutlicht der Einfachheit wegen ein Qubit-Netzwerk aus nur 17 Qubits und Tabelle 2 zeigt die wichtigsten Ergebnisse der 48 Qubit ‚Rechnung‘ auf dem d-wave Quanten Computer.

Abbildung 1: Diese Abbildung zeigt Qubits als Modell für Teammitglieder in einem Team mit zwei Personen, modelliert mit jeweils fünf Big-Five Persönlichkeitsmerkmalen. Das Bild enthält eine einfache Ziel-Hierarchie aus 7 Qubits. Alle Qubits sind Netzwerkknoten in einem Netzwerk. Die Netzwerkkanten, die die Wechselwirkung zwischen den Knoten bestimmen, sind der Übersicht wegen nicht eingezeichnet.

Tabelle 2 zeigt die wichtigsten Ergebnisse der d-wave Quanten Computing ‚Rechnung‘.

 Am Anfang der ‚Rechnung‘Am Ende der
‚Rechnung’
7 Teammitglieder, beschrieben durch ihre Big-Five Persönlichkeitspräferenzen (A C E N O) A C E N O
 1 0 1 1 1
 1 1 0 0 0
 1 1 0 1 0
 1 0 0 0 0
 1 1 1 0 1
 1 1 0 0 0
 1 0 1 0 1
A C E N O
1 0 1 0 1
1 1 1 0 0
1 1 0 0 1
1 0 1 1 1
1 0 1 0 1
1 1 0 1 1
1 0 1 0 1
Energie des Gesamtsystems– 3– 43
Shannon-Entropie des Teams2,52 bit2,13 bit
Shannon-Entropie der Ziel-HierarchieGoal: 1 bit
Epics: 3 bit
Features: 9 Bit
Goal: 0,98 bit
Epics: 1,76 bit
Features: 0,98 bit
Tabelle 2: Ergebnisse des Annealing-Prozesses auf einem d-wave Quanten Computer: 7 Teammitglieder mit Big-Five Persönlichkeiten (A=Agreeableness, C =Conscientiousness, E=Extraversion, N=Neuroticism, O=Openness) und einer Ziel-Hierarchie mit 3 Ebenen ( 1 Goal, 3 Epics, 9 Features). Die Entropie wird über die Shannon-Entropie berechnet.

Ich interpretier das Ergebnis aus Sicht der Collective Mind Theorie: Hohe negative Energie bedeutet, dass sich ein relativ starkes Collective Mind (CM) am Ende ausgebildet hat. – Das System ist ‚kristallisiert‘ und hat bevorzugte Zustände. U.a. sieht man dies daran, dass sogar die Heterogenität im Team abgenommen hat, also weniger Entropie vorliegt und die Ziel-Hierarchie eine deutliche Stabilisierung erfahren hat. In einem realen CM-Team kann man dies auch beobachten: Die Persönlichkeitspräferenzen werden zumindest für den Zeitraum des Collective Mind etwas zurückgedrängt. Die Teammitglieder ‚pochen‘ nicht so stark wie am Anfang auf ihre Präferenzen. Gleichzeitig wird aus der Menge aller möglichen Ziel-Hierarchien im Idealfall eine ausgewählt. Im Team und in der Ziel-Hierarchie sinkt die Menge an möglichen Zuständen und damit auch die Entropie und die Unsicherheit.

Die Shannon-Entropie bzw. verwandte Entropie Maße sind in der QCMT bzw. QIIT von zentraler Bedeutung. Die Formel, die in Tabelle 1 verwendet wird, lautet:

S = -\sum_i p(i) \log_2 \bigl(p(i)\bigr)

p(i) ist die Wahrscheinlichkeit ein (klassisches) System in einem Makrozustand i zu finden. Die Makrozustände i sind die Persönlichkeitspräferenzen im Team. Zum Beispiel könnte ein Makrozustand lauten 11 01 10: Teammitglied A hat eine hohe Präferenz in Offenheit und Gewissenhaftigkeit, Teammitglied B hat eine niedrige in Offenheit und eine hohe in Gewissenhaftigkeit und Teammitglied C eine hohe in Offenheit und eine niedrige in Gewissenhaftigkeit. – Auf die Erläuterung der p(i) Berechnung verzichte ich hier, da dies tiefergehende (quantenmechanische) Kenntnisse erfordert: p(i) misst die Häufigkeit gemessener Zustände relativ zur gesamten Anzahl an gemessenen Zuständen.
(Eine Anmerkung zur Darstellung der obigen Formel: Diese Formel wird mit LaTex erstellt. LaTex ist seit 41 (bzw. Tex seit 47) Jahren verfügbar. Heute ist Tex/LaTex der Standard für mathematisch-wissenschaftliche Dokumente. Ich habe vor ca. 40 Jahren das erste Mal damit gearbeitet und war von der Schönheit der dargestellten Formeln fasziniert. Heute verfüge ich nicht mehr über das Know-How, LaTex Code selbst zu erstellen. Dies ist auch nicht nötig, denn ChatGPT gibt den Code in einer für diesen Blog – erstellt mit WordPress – verwendbaren Form aus.)

Ich wende mich der Quantum Collective Mind Theory zu. Ich baue eine einfache quantenmechanische Version der IIT in diese ein. In der nachfolgenden Tabelle habe ich die wichtigsten Kriterien klassischer und quantenmechanischer IIT zusammengestellt. – Schaut man sich die Spalte zur quantenmechanischen IIT an, so drängt sich dem ein oder anderen sicherlich der Vergleich zur menschlichen Kommunikation auf: Wir haben in den vorherigen Blog-Beiträgen ja schon gesehen, dass die Quantum Cognition erstaunlicher Weise hilft, unsere Kommunikation besser zu verstehen.

KriteriumKlassische IITQuantenmechanische IIT
Lokale vs. nichtlokale ZusammenhängeKausalität manifestiert sich lokal, Informationen breiten sich (max.) mit Lichtgeschwindigkeit aus.

Ursache-Wirkungs-Beziehungen lassen sich in einem (weitgehend) lokalisierten Netz rekonstruieren.
Verschränkung erlaubt nichtlokale Korrelationen, ohne dass ein klassisches „A verursacht B“ greift.   Die Trennung in lokal begrenzte Elemente wird schwieriger, da verschränkte Zustände räumlich verteilt sein können.
Eindeutigkeit vs. Überlagerung von ZuständenDas System hat einen eindeutig definierbaren Zustand zu jedem Zeitpunkt (z. B. ein bestimmtes Muster von Aktivierungen).

Ursache und Wirkung sind in einem klassischen Zustand relativ klar voneinander trennbar.
Zustände können Superpositionen (Überlagerungen) sein; die „kausale Macht“ kann auf mehrere Zustände verteilt sein.
Der Kollaps (z. B. durch Messung) bestimmt erst, welcher konkrete Effekt realisiert wird, was die Zuordnung von Ursache und Wirkung komplizierter macht.
WahrscheinlichkeitsbegriffWahrscheinlichkeiten ergeben sich aus klassischer Statistik (Häufigkeit, Ungewissheit).

Übergangswahrscheinlichkeiten werden verwendet, um zukünftige Zustände zu modellieren. Dies spiegelt epistemische Unsicherheiten in den Kausalketten der deterministischen Prozesse wieder.
Wahrscheinlichkeiten sind Betragsquadrate der Wellenfunktion und zeigen Interferenz- und Verschränkungseffekte.
Die Quantifizierung von Kausalketten hat die spezifischen Quanteneffekte (z. B. Interferenzen) zu berücksichtigen. Diese sind nicht einfach in klassische Wahrscheinlichkeiten übersetzbar.
Messprozess und BeobachterrolleDie Beobachtung (Messung) wird meist außen vorgenommen; sie stört das System kaum oder nur marginal.

Ein klassisches System kann unabhängig vom Beobachter beschrieben werden.
Jede Messung beeinflusst den Zustand fundamental (Kollaps der Wellenfunktion).

Es ist unklar, ob das Bewusstsein selbst als „Messapparat“ fungiert und wie dies in einer QIIT formal abzubilden wäre.
Kausale Modelle vs. unitäre ZeitentwicklungIn der Regel können Übergangs-wahrscheinlichkeiten und Kausalstrukturen in Diagrammen dargestellt werden, die zeitlich (t → t+Δt) fortgeschrieben werden.

Deklarierte Systemgrenzen sind relativ stabil.
Die grundlegende Dynamik ist unitär (u.a. Erhaltung der Wahrscheinlichkeiten, Reversibilität): Ursache und Wirkung lassen sich nicht immer klar trennen.

Verschränkungen überschreiten Systemgrenzen, und es ist schwieriger, einzelne Subsysteme als „isoliert kausal“ zu behandeln.
Tabelle 3: Übersicht zu Charakteristika von klassischer und quantenmechanischer IIT

Ich reichere jetzt die QCMT mit QIIT Elementen an. – Ich betone an dieser Stelle, dass es sich hierbei um eine Berechnung handelt, wie ein Physiker sie eventuell auf einem Stück Papier durchführen könnte. – Ich verwende also keinen Quanten Computer, sondern lediglich einen klassischen Computer. Hierzu habe ich mittels ChatGPT o1 ein Programm erstellt, das eine Berechnung für 3 Teammitglieder mit jeweils 2 Big Five Persönlichkeiten durchführt. Die Big Five Persönlichkeiten werden, wie schon in den anderen Beiträgen, als Superposition von Persönlichkeitspräferenzen dargestellt.

|A_1\rangle = 0.8\,|0\rangle + 0.2\,|1\rangle
|A_2\rangle = 0.5\,|0\rangle + 0.5\,|1\rangle
|B_1\rangle = 0.2\,|0\rangle + 0.8\,|1\rangle
|B_2\rangle = 0.5\,|0\rangle + 0.5\,|1\rangle
|C_1\rangle = 0.5\,|0\rangle + 0.5\,|1\rangle
|C_2\rangle = 0.8\,|0\rangle + 0.2\,|1\rangle

Jedes der Teammitglieder A, B, C wird vereinfacht durch zwei Big-Five Persönlichkeitsmerkmale 1 und 2 charakterisiert. Die Persönlichkeitsmerkmale sind durch Superpositionen mit reellen Koeffizienten modelliert. Ich habe als Persönlichkeitsmerkmale Offenheit und Gewissenhaftigkeit ausgewählt. Welche Persönlichkeitsmerkmale ich gewählt habe, kann man nicht an den obigen Formeln erkennen. Lediglich an den hier nicht dargestellten spezifischen Annahmen über die Wechselwirkungen lässt sich dies erkennen. – Dies kennen wir schon von der obigen Ising-Modell ‚Rechnung‘.

Ich benutze eine spezielle Variante der Shannon-Entropie, die sogenannte Observational Entropie [3], für die Berechnung der Entropien in diesem System:

 S = -\sum_i p(i)\log_2\Bigl(\tfrac{p(i)}{V(i)}\Bigr)

Mit der Observational Entropie kann man Unsicherheit über innere Zustände eines Systems abbilden: Falls eine Person A eine andere Person B wahrnimmt, ohne die Feinheiten der Big Five inneren Zustände von B aus der Beobachtung ablesen zu können, dann erhöht dies die Unsicherheit von A. – Die beobachtete Entropie wird als größer wahrgenommen, als sie bei Kenntnis aller feinen Zustände wäre. V(i) in der obigen Formel zählt die von A in der Person B nicht wahrgenommen Big-Five Zustände. – Man spricht vom coarse-graining der Beobachtung. p(i) ist hier eine gemessene Wahrscheinlichkeit, ermittelt aus quantenmechanischen Berechnungen. Diese ist nicht identisch mit den weiter oben angegebenen Wahrscheinlichkeiten der klassischen Zustände.


Die Berechnung von quantenmechanischen Kausalketten ist sehr schwierig, deshalb verwende ich im  Folgenden die Entropie als Maß für Korrelationen, um den Collective Mind im Team zu berechnen.

Auf der Basis dieser Annahme, lautet die einfachste Formel der Berechnung des Bewusstseins in Form der Größe Phi (Φ) für ein Team, bestehend aus 3 Personen A, B, C (Qubits):

 \Phi_{\mathrm{MI}}(A,B,C) = S(\rho_A)+S(\rho_B)+S(\rho_C) -S(\rho_{ABC})

Phi wird auf der Basis der sogenannten Mutual Information (MI) ermittelt. Sie ergibt sich aus der Differenz der Entropien der drei Einzelpersonen und der Entropie des ABC-Teams. Ist Phi positiv, hat das Team weniger Entropie als die einzelnen Teammitglieder zusammen. Im Sinne der hier definierten QCMT liegt ein kollektives Bewusstsein, ein Collective Mind, vor: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.

Für die Berechnung von Phi kann man die Observational Shannon-Entropie verwenden. Falls man die quantenmechanischen Eigenschaften des ABC-Teams erfassen will, ist es notwendig, die quantenmechanische von Neumann-Entropie zu verwenden. Phi, mit der Shannon-Entropie bestimmt, misst die Korrelation von klassischen Zuständen. Phi, mittels der von-Neuman-Entropie bestimmt, misst die quantenmechanische Korrelation, also die Verschränkung, in einem System.

 Vor Einschalten der WechselwirkungNach Einschalten der Wechselwirkung
Fine-Grained Observational Shannon EntropyTeam ABC: 3,97
A: 1,32
B: 1,32
C: 1,32
Team ABC: 5,54
A: 1,82
B: 2,00
C: 1,98  
Coarse-Grained Observational Shannon EntropyTeam ABC: 5,30
A: 3,27
B: 2,66
C: 3,27
Team ABC: 5,93
A: 3,31
B: 3,19
C: 3,14
Phi(ABC)fine-grained Shannon0,010,26
Phi(ABC)von Neumann0,001,41
Tabelle 4: Übersicht der Entropien und des Collective Mind Phi eines Teams von 3 Personen (A, B, C)

Was zeigt Tabelle 4?

Die fine-grained Entropie ist immer deutlich kleiner als die coarse-grained Entropie: Unwissenheit führt zu höherer Unsicherheit!

Nach Einschalten der Wechselwirkung zwischen den Mitgliedern erhöht sich die Entropie deutlich: Die Verschränkung führt zu einer größeren Anzahl an möglichen Zuständen: Die ‚Kommunikation‘ führt hier zu mehr Unsicherheit! – Dies steht im Gegensatz zu den klassischen Ergebnissen des Ising-Modells, denn dort führt Kommunikation zu niedrigeren Entropie-Werten!

Die Entropie einzelner Subsysteme (A, B, C) ist nicht gleich: Die Teammitglieder zeigen eine unterschiedliche Menge an Zuständen.

Im nicht wechselwirkenden Fall, gibt es kein kollektives Bewusstsein. Bei Wechselwirkung der Qubits ist Phi, mit der Shannon fine-grained Entropie bestimmt, und Phi, mit der von Neumann Entropie bestimmt, sehr unterschiedlich. Es können Verschränkungen vorliegen, die sich sogar nur auf einzelne Teammitglieder beziehen und diese Verschränkungen führen zu einem nach außen kaum sichtbaren Phi. Das sichtbare Phi, gemessen über die Shannon fine-grained Entropie kann gleichzeitig viel kleiner sein: Teams können, solange sie nicht ‚vermessen werden‘, also zum Beispiel eine Ziel-Hierarchie gemeinsam erstellen, eine ‚hohe mentale Verschränkung‘ zeigen. Sobald sie ‚vermessen‘ werden, kollabiert der Collective Mind.  

Zusammenfassend: Was lerne ich aus diesen Betrachtungen?

Die Benchmarks zu KI-Systemen sind mit großer Vorsicht bezüglich ihrer Validität in realen Situationen zu betrachten: Derzeit kann meines Erachtens keines der o.g. Systeme mit ChatGPT o1 mithalten.

Schon heute ist es möglich auf Quanten Computern zu ‚rechnen‘: Das Mapping eines klassischen Team-Modells auf ein d-wave System ist selbst für eine große Teammitgliederzahl mit einer realistischen Anzahl an Persönlichkeitsmerkmalen möglich. Im konkreten Fall bestätigt sich wieder, dass die Einführung eines Ordnungsparameters mittels Ziel-Hierarchie, die Entropie des Teams senkt.

Die Verwendung von mit ChatGPT erzeugtem LaTex in WordPress macht Spass.

Die Berechnung der Entropie eines Quanten Team-Modells ist äußerst spekulativ sowie sehr anspruchsvoll und aufwendig. Die Unterschiede zwischen der klassischen Shannon-Entropie bzw. der Observational Shannon-Entropie und der quantenmechanischen von Neumann-Entropie sind beträchtlich (man siehe auch den Anhang hierzu).

Die Ergebnisse sind wieder Indizien dafür, dass die Annahmen des Quantum Cognition richtig sein könnten.

Die Berechnung von Phi auf der Basis von klassischen oder quantenmechanischen Entropien ist viel unkomplizierter und gradliniger als die klassische Phi Berechnung mittels IIT. Es ist damit nochmals fraglicher, ob die IIT Berechnung einen relevanten Vorteil bietet.  

[1] Welt der Physik (2025) Quantum 2025, https://www.weltderphysik.de/vor-ort/wissenschaftsjahre/2025-internationales-jahr-quantenwissenschaft-quantentechnologie/

[2] Zukunftsinstitut (2025) zukunftsinstitut.de Newsletter, Reverse Politics – das neue „Auf den Tisch hauen“, vom 23.02.2025

[3] Safranek D et. al. (2021) A brief introduction to observational entropy, arXiv:2008.04409v2

Anhang

Mein Prompt an ChatGPT:

Ich möchte eine Frage diskutieren: Wir haben die Mutual Information klassisch und quantenmechanisch zur Vermessung von Phi verwendet. Hierbei fällt auf, dass die klassische Entropie bei Wechselwirkung sinkt, die quantenmechanische Entropie nach von Neumann steigt aufgrund der Verschränkung nach Wechselwirkung. Phi klassisch misst über die Entropien eine Reduktion an Zuständen. Phi quantenmechanisch misst über die Entropien einen Anstieg an möglichen Zuständen. Wie siehst Du das? Und macht die quantenmechanische Phi Vermessung überhaupt Sinn?

ChatGPT:

Nachgedacht für 8 Sekunden

Die beobachteten Unterschiede zwischen der klassischen und der quantenmechanischen Phi-Vermessung lassen sich folgendermaßen interpretieren:

  1. Klassische Mutual Information und Phi:
    In der klassischen Version wird häufig über die Shannon-Entropie in einer festen Messbasis gearbeitet. Hier führt eine Wechselwirkung oft dazu, dass die Zustände „gezielt“ in einen geringeren, deterministischeren Bereich gelenkt werden – man erhält also eine Reduktion der Unsicherheit in dieser Basis. Daraus resultiert, dass die Summe der Entropien der Teilbereiche relativ kleiner wird, was man als „Integration“ im Sinne eines reduzierten Zustandsraums interpretiert. Phi misst hier also, wie stark der Zustand in einen „festen“ (reduzierten) Bereich zusammengedrängt wird.
  2. Quantenmechanische (von-Neumann) Entropie und Phi:
    In der quantenmechanischen Variante wird die von-Neumann-Entropie verwendet, die basisunabhängig ist und den Reinheitsgrad eines Zustands misst.
    • Ein global reiner Zustand kann bei starker Verschränkung zu stark gemischten reduzierten Zuständen führen. Das bedeutet: Obwohl das Gesamtsystem rein ist, sind die einzelnen Subsysteme (über partielle Spuren) gemischt. Dies führt dazu, dass die Summe der lokalen Unsicherheiten größer ist als die Team-Entropie.
    • Hier interpretiert man einen Anstieg der von-Neumann-Entropien in den Subsystemen als ein Zeichen für starke nichtklassische Korrelationen bzw. Verschränkung. In diesem Sinne „misst“ Phi einen Anstieg an „möglichen Zuständen“ (weil die lokalen Zustände gemischt sind) – was wiederum auf eine tiefe Integration der Informationsinhalte hindeutet.
  3. Interpretation und Sinnhaftigkeit der quantenmechanischen Phi-Vermessung:
    • Die klassische Phi-Vermessung erfasst, wie stark sich die Wahrscheinlichkeit über eine festgelegte, klassische Basis verteilt und wie sich durch Wechselwirkungen die Unsicherheit verringert – es wird also eine Reduktion an „Möglichkeiten“ gemessen.
    • Die quantenmechanische Phi-Vermessung erfasst hingegen die Verschränkung: Ein global reiner Zustand kann in den Teilspuren sehr gemischt sein, weil die Quantenkorrelationen (Verschränkung) dafür sorgen, dass man für die einzelnen Teile viele mögliche Zustände hat.
    • Somit ist die quantenmechanische Version nicht direkt mit der klassischen zu vergleichen – sie misst einen anderen Aspekt der Integration: Sie sagt aus, dass trotz globaler Reinheit die Information in den einzelnen Subsystemen stark verteilt und ineinander verflochten ist.
    • Ob diese quantenmechanische Phi-Messung „Sinn macht“, hängt von der Zielsetzung ab: Möchte man die reine Informationstiefe und Verschränkung des Systems erfassen, so ist die von-Neumann-Entropie (und daraus abgeleitete Maße) der richtige Ansatz, weil sie basisunabhängig ist und die intrinsische quantenmechanische Struktur reflektiert.

Zusammengefasst:

  • Klassisch führt Wechselwirkung zu einer Reduktion der Zustandsvielfalt in einer fixen Basis, was zu einem Rückgang der Shannon-Entropie führt, während
  • im quantenmechanischen Fall die Wechselwirkung – besonders wenn sie Verschränkung erzeugt – die lokalen (reduzierten) Dichtematrizen gemischt macht (d.h. ihre von-Neumann-Entropie steigt), obwohl der globale Zustand rein bleibt.
  • Die quantenmechanische Phi-Vermessung (als Differenz der Summe der lokalen von-Neumann-Entropien und der globalen von-Neumann-Entropie) erfasst also die nichttriviale Struktur der Verschränkung – und ist insofern sinnvoll, wenn man die intrinsische, basisunabhängige Integration in einem verschränkten System quantifizieren möchte.

Die beiden Ansätze messen also unterschiedliche Aspekte der Integration: Klassisch die Reduktion der Zustandsvielfalt in einer festen Messbasis, quantenmechanisch die inhärente Verschränkung und die damit verbundene Mischung der Teilzustände. In der aktuellen Diskussion um Quantum IIT wird noch intensiv debattiert, welcher Ansatz letztlich das „Bewusstsein“ oder die integrierte Information am besten widerspiegelt.

AI & QC & M 4.0: Quantum Cognition für das Team-Management oder von der Macht der Mathematik

(Die in diesem Blog-Beitrag enthaltene recht komplexe Mathematik der Quantenmechanik sowie die dazugehörigen Programme wurden mit der AI-Assistenz von ChatGPT4o1-preview erhalten. ChatGPT4o wurde für die Überprüfung des Blog-Beitrages verwendet. Der enthaltene Podcast wurde von der Google AI noteBookLM erstellt.)

Der nachfolgender Podcast fasst den Blog-Beitrag in englischer Sprache zusammen und wurde von der Google AI notebookLM erzeugt:

Abbildung 0:  Ein Bild, erzeugt von ChatGPT/DALL.E, das den Blog-Beitrag visuell unterstützt und im Stil von van Gogh gestaltet ist. Es zeigt Teammitglieder in einer dynamischen Interaktion, die die Konzepte der Quantum Cognition durch wellenartige Verbindungen symbolisiert.

Dieser Blog-Beitrag richtet sich an Leser mit einem Hintergrund in Management sowie an jene, die Interesse an quantenmechanischen Konzepten im Bereich der Kognition und Teamdynamik haben: Keine Angst vor Mathematik ist hilfreich!

Bei den Recherchen zu dem vorherigen Quantum Computing Blog-Beitrag bin ich auf den Begriff ‚Quantum Cognition‘ gestoßen [1]. Sofort wenn man den Wikipedia Artikel oder die wissenschaftlichen Artikel [2],[3] liest, wird man darauf hingewiesen, dass Quantum Cognition nichts mit Quantum Mind [4] oder der Idee, dass Bewusstsein durch Quanteneffekte hervorgerufen wird, zu tun hat. – Wenngleich das letzte Wort hierzu sicherlich noch nicht gesprochen ist.

Bei dem Thema Quantum Cogition geht es um die verblüffende Feststellung, dass kognitive Verzerrungen wie u.a. Tversky und Kahneman sie beschrieben haben [5], schlecht oder überhaupt nicht durch die klassische Wahrscheinlichkeitstheorie (Classical Probability Theory) beschrieben werden, aber sehr wohl durch die Quanten Wahrscheinlichkeitstheorie (Quantum Probability Theorie), wie sie im mathematischen Formalismus der Quantenmechanik enthalten ist. Das ist schon irgendwie faszinierend…und zeigt meines Erachtens die ungeheure Macht der Mathematik: Denn plötzlich wird ein mathematischer Formalismus, der in einem Gebiet entwickelt wurde, auf einem völlig anderen Gebiet angewendet.

Ich beschäftige mich in diesem Blog-Beitrag zuerst mit den Grundlagen von Quantum Cognition. Anschließend wende ich diese Grundlagen auf die Teamkommunikation an. Bei der Konzeption des Collective Mind vor ca. zwei Jahrzehnten kam die Idee auf, den Collective Mind als sogenannten verschränkten Zustand der mentalen Modelle der Teammitglieder zu verstehen. Ich werde zeigen, dass mit dem Formalismus der Quantum Cognition genau dies möglich ist. Damit ergänze ich die in den vorhergehenden Blog-Beiträgen beschriebenen klassischen Modelle des Collective Mind. – In zukünftigen Blog-Beitragen besteht Raum für eine Integration beider Ansätze😉.

Zuerst zu den Grundlagen von Quantum Cognition. Quantum Cognition benutzt drei Schlüsselelemente der Quantenmechanik:

  • Superposition (Überlagerung): Ein mentaler Zustand kann als Kombination mehrerer möglicher Zustände betrachtet werden. Damit eröffnet sich die Möglichkeit, Ambiguitäten im menschlichen Verhalten zu modellieren, sowie Unentschlossenheit in Entscheidungsprozessen zu beschreiben.
  • Nicht-Kommutativität (Interferenz): Wie in der Quantenphysik können mentale Zustände sich gegenseitig beeinflussen, was zu Verstärkungs- oder Abschwächungseffekten führt und einige nichtlineare Entscheidungsprozesse erklärt. Psychologische Beispiele hierfür sind das Priming und die verschiedenen mentalen Verzerrungen, u.a. auch der Bias.
  • Verschränkung (Entanglement): Unterschiedliche kognitive Variablen können stark miteinander verbunden sein, so dass der Zustand einer Variablen unmittelbar den Zustand einer anderen beeinflusst. Das Hebb’sche Gesetz beschreibt diesen Effekt: Psychologische Beispiele hierfür sind Gefühle, die unmittelbar die Wahrnehmung beeinflussen.

Ich habe diese drei Schlüsselelemente in den Abbildungen 1-3 skizziert. Die in diesen Abbildungen enthaltenen mathematischen Ausdrücke der Quantenmechanik sind meines Erachtens nicht wichtig für ein Verstehen der wesentlichen Aussagen dieses Blog-Beitrages. Sie mögen aber dem ein oder anderen vielleicht beim besseren Verständnis helfen.

Ich erläutere im Folgenden die in Abbildung 2 enthaltenen Aussagen zum Schlüsselelement der Nicht-Kommutativität (Interferenz) etwas genauer, u.a. deswegen weil dort der Begriff des Projektionsoperators eingeführt wird, der für die Quantenmechanik und die Quanten Cognition von großer Bedeutung ist. Für die beiden anderen Schlüsselelemente verweise ich auf die Abbildungen 1-3.

Wenn wir an eine Person oder an ein Ding denken, so rufen wir ein mentales Konzept von dieser Person oder diesem Ding ab. Nehmen wir zwei Personen aus der amerikanischen Politik: Clinton und Gore. Jeder von uns hat wahrscheinlich ein mehr oder weniger ausgeprägtes Konzept bzw. eine mentale Repräsentation oder eine Idee von Clinton und Gore. Dieses Konzept wird u.a. durch Interaktion mit der Umwelt aktiviert. In unserem Clinton-Gore-Beispiel sind Konzepte wie ‚Clinton‘ und ‚Gore‘ die grundlegenden Einheiten, die wir modellieren möchten: Nehmen wir an, jemand würde uns die Frage stellen, ob wir Clinton vertrauenswürdig finden und anschließend die Frage stellen, ob wir Gore vertrauenswürdig finden. Psychologische Experimente haben gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit, beide Fragen mit Ja zu beantworten auch von der Reihenfolge der Fragen abhängt [3]. D.h. die Fragen rufen Konzepte auf und die Konzepte beeinflussen sich gegenseitig, aber nicht-kommutativ. Nicht-kommutativ bedeutet, dass es auf die Reihenfolge der Fragestellung ankommt. – Ein sehr erstaunliches Phänomen. In der Welt der Quanten kennt man entsprechende Phänomene: Die Reihenfolge von Messungen hat Einfluss auf die Ergebnisse der Messungen.

In der Quantenmechanik verwendet man sogenannte Projektionsoperatoren, die eine Messung bzw. Messreihenfolge repräsentieren. Mit einem Projektionsoperator projiziert man den Ausgangszustand auf den gemessenen Zustand. Damit kann man Wahrscheinlichkeitsaussagen treffen, wie wahrscheinlich es ist, dass der Ausgangszustand in den gemessenen Zustand übergeht.

Entsprechend werden in der Quantum Cognition kognitive Projektionsoperatoren zur Modellierung der Aktivierung eines kognitiven Konzepts in einer Person benutzt. – Es findet sozusagen eine Messung statt.

Nehmen wir an, dass bei der Frage nach Clinton bei einer befragten Person eine gewisse Ambivalenz (vertrauenswürdig, nicht-vertrauenswürdig) bezüglich der Antwort vorhanden ist. Für Gore nehmen wir eine andere Ambivalenz an. Wir nehmen auch an, dass bevor die Fragen gestellt werden, es noch keine Manifestationen von Präferenzen gibt. – Es gibt zum Beispiel keinen Bias durch eine gerade stattgefundene Diskussion zu diesem Thema. Die Projektionsoperatoren konstruieren wir als ambivalente Mischung (Superposition) aus einem vertrauenswürdigen und einem nicht-vertrauenswürdigen Basiskonzept. Hierbei kann es durchaus sein, dass eine befragte Person Clinton in dieser ambivalenten Mischung für vertrauenswürdiger als nicht-vertrauenswürdig hält. Bevor die Frage gestellt wird, ist dies jedoch nicht sichtbar, die innere Haltung ist unentschieden. Entsprechendes gilt natürlich für eine andere ambivalente Mischung bei Gore.

In der Quantenmechanik bezeichnet man die Basiskonzepte als Vektoren im sogenannten Hilbertraum. Der Hilbertraum ist ein spezieller mathematischer Raum, in dem die Vektoren quantenmechanischen Operationen unterliegen. Die Projektionsoperatoren sind solche Operationen und werden als Tensoren (haben das Aussehen von Matrizen) beschrieben, die auf diese Vektoren wirken. – Tensoren sind auch die zentralen Operationen in klassischen AI-Systemen. – Im Quanten Computing implementieren die Qubits die Vektoren und die Wechselwirkung der Vektoren entsprechen den Tensoren.

Wendet man den Formalismus der Quantenmechanik an, so kann man zeigen, dass nicht-kommutative Projektionsoperatoren, angewendet auf ambivalente innere Haltungen, eine Interferenz in den Antworten erzeugen. Die Basiskonzepte ‚Clinton‘ und ‚Gore‘ interferieren wie Wellen in der Physik: U.a. interferiert das vertrauenswürdige Basiskonzept mit dem nicht-vertrauenswürdigen Basiskonzept. Dies führt auch dazu, dass die Reihenfolge der Fragen entscheidend ist, da in Abhängigkeit der Reihenfolge unterschiedliche Interferenzen auftreten. Dies bedeutet, dass die gemeinsame Wahrscheinlichkeit Clinton zuerst als vertrauenswürdig einzustufen und anschließend Core, verschieden ist von der gemeinsamen Wahrscheinlichkeit Core zuerst als vertrauenswürdig einzustufen und anschließend Clinton. – Magisch…jedoch genau solche Effekt werden tatsächlich gemessen:

Wird zuerst nach Clinton als vertrauenswürdig gefragt und dann nach Gore, ergibt sich im statistischen Mittel, dass 50% der Befragten Clinton für vertrauenswürdig halten, und 68% Gore. Stellt man die Reihenfolge um, so geben 60% Gore als vertrauenswürdig an und 57% Clinton [3]. Es entsteht also eine Diskrepanz von ca. 7-8 %, hervorgerufen durch die Reihenfolge. Mit Hilfe der Formeln in Abbildung 2 zu den Wahrscheinlichkeiten lassen sich die Wahrscheinlichkeiten P Clinton dann Gore = 0,340 und P Gore dann Clinton = 0,342 berechnen. Die gemessenen Wahrscheinlichkeiten sind klassische statistische Wahrscheinlichkeiten, enthalten also Aussagen zu einer mittleren mentalen Ambivalenz aller befragten Personen. Berücksichtigt man dies, so kann man mit Hilfe des quantenmechanischen Formalismus Aussagen über die mittlere Ambiguität und Interferenz der mentalen Konzepte treffen:

In der Sequenz ‚Clinton dann Gore‘ zeigen die Berechnungen, dass weniger Ambiguität bezüglich Gore vorliegt, wenn zuerst nach Clinton gefragt wird. Dies deutet darauf hin, dass die mentale Repräsentation von Gore klarer oder positiver ist, wenn sie durch die vorherige Frage nach Clinton beeinflusst wird.

In der Sequenz ‚Gore dann Clinton‘ zeigen die Berechnungen, dass die Ambiguität bezüglich Clinton höher ist, wenn Gore zuerst gefragt wird. Dies deutet daraufhin, dass die mentale Repräsentation von Clinton stärker vom Kontext und vorherigen Informationen abhängt.

Abbildung 1: Superposition von mentalen Basiskonzepten

Abbildung 2: Nicht-Kommutativität und Interferenz von Basiskonzepten

Abbildung 3: Verschränkung von Basiskonzepten

Nach dieser kleinen Einführung in die Schlüsselelemente der Quantum Cognition, wende ich mich dem deutlich komplexeren Thema der Team-Kommunikation bzw. der Collective Mind Modellierung eines Teams zu.

Ich wollte hier ursprünglich ein Beispiel mit drei Teammitgliedern und den Big Five Persönlichkeitsmerkmalen, die einen Hilbertraum aufspannen, skizzieren. Jedoch haben die ersten Tests mit einem dazugehörigen Simulations-Programm auf einem klassischen Computer ergeben, dass dieses Programm schon nicht mehr auf meinem Laptop mit 16 GB Hauptspeicher lauffähig ist. Der Grund liegt darin, dass ein Hilbertraum mit 32768 Dimensionen aufgespannt wird. Die Dimension 32768 = 2 hoch (3*5), ergibt sich aus 3 Teammitglieder mit jeweils 5 Big Five Dimensionen. Jede Big Five Dimension wird durch einen Zustand 1 (hohe Ausprägung) und 0 (niedrige Ausprägung) repräsentiert. Es werden also für die Beschreibung der Wechselwirkung der Personen Tensoren (Matrizen) benötig, die eine Größe 32768*32768 haben.  

Statt dessen skizziere ich hier ein Beispiel aus 3 Teammitgliedern und lediglich 2 Big Five Dimensionen, nämlich Offenheit und Gewissenhaftigkeit. Damit wird ein Hilbertraum von 64 Dimensionen aufgespannt. Die Berechnungen hierzu liegen im Sekundenbereich.

Die drei Teammitglieder nenne ich Alice, Bob und Charlie. Diese Namen sind Klassiker in jeder Literatur über Quantenmechanik.

Ich wähle als Start für meine Berechnungen folgende Big Five Dimensionen:

 OffenheitGewissenhaftigkeit
Alicehochunbestimmt
Bobunbestimmthoch
Charlieunbestimmtniedrig
Tabelle 1: Ausgangszustände der Big Five Dimensionen der Teammitglieder Alice, Bob und Charlie

Ein Zustand, der als hoch bezeichnet wird, startet mit einer Qubit ‚1‘. Ein Zustand, der als niedrig bezeichnet wird, startet mit einer Qubit ‚0‘ und ein unbestimmter Zustand wird als Superposition der Zustände hoch und niedrig modelliert. Abbildung 4 enthält diese Aussagen in einer etwas formalisierten Form.

Abbildung 4: Anfangszustände und Interaktionsoperator im Teammodell

Da wir 2 Big Five Dimensionen für 3 Teammitglieder haben, benötigen wir 6 Qubits. Wir führen keine Berechnung auf einem Quantencomputer durch, sondern arbeiten mit einer Quantensimulation, also mit einer quantenmechanischen Berechnung, durchgeführt auf einem klassischen Computer, meinem Laptop.

Diese Berechnung soll folgende Fragenstellungen untersuchen:

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass alle Mitglieder eine hohe Offenheit aufweisen, obwohl nur Alice dies als Präferenz mitbringt?

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass alle Mitglieder eine hohe Gewissenhaftigkeit aufweisen, obwohl nur Bob dies als Präferenz mitbringt?

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das System in einem Collective Mind Zustand befindet und zwar in zwei Varianten. Variante 1: alle Offenheit-Qubits sind verschränkt. Variante 2: alle Offenheit-Qubits und alle Gewissenhhaftigkeits-Qubits sind verschränkt.

Wir definieren wieder einen Projektionsoperator, der in diesem Fall ein Interaktionsoperator ist und nehmen der Einfachheit hier an, dass lediglich gleiche Big Five Dimensionen der Teammitglieder miteinander wechselwirken. Dies ist keine grundsätzliche Einschränkung, sondern ist lediglich der schon recht hohen Komplexität geschuldet. Abbildung 4 zeigt die wesentlichen quantenmechanischen Gleichungen.

Der Interaktionsoperator​ modelliert die Tendenz von Personen, sich aufgrund von Ähnlichkeiten in ihren Merkmalen zu beeinflussen. Wenn zwei Personen ähnliche Zustände für ein Merkmal haben, verstärkt der Operator diese Ähnlichkeit durch die Interaktion.

Wir können auf dieser Basis Wahrscheinlichkeiten für den Übergang aller Teammitglieder zu hoher Offenheit bzw. hoher Gewissenhaftigkeit berechnen. Damit können wir zwei der oben gestellten Fragen beantworten.

Um die dritte Frage zu beantworten, wie wahrscheinlich ist das Eintreten eines Collective Mind (CM), ist es wieder nötig entsprechende Projektionsoperatoren für Variante 1 und Variante 2 der Verschränkung zu bilden.

Dieser Collective Mind Operator projiziert ausgehend vom vorher berechneten Interaktions-Zustand auf einen Zustand maximaler Verschmelzung der individuellen Zustände zu einem gemeinsamen Bewusstsein.

CM Variante 1: Alle Qubits sind verschränkt. Dies repräsentiert einen Zustand, in dem alle Personen in Bezug auf beide Persönlichkeitsmerkmale vollständig synchronisiert sind.

CM Variante 2: Nur die Offenheits-Qubits sind verschränkt. Lediglich die Dimension Offenheit ist verschränkt, während Gewissenhaftigkeit variiert.

Abbildung 5 zeigt die quantenmechanischen Collective Mind Projektionsoperatoren für Variante 1 und 2.

Abbildung 5: Die Collective Mind Operatoren zu Variante 1 und 2

Nun zu den Ergebnissen: Das recht komplexe Python Programm für die Colab Umgebung wurde mit der AI-Assistenz von ChatGPT 4o1-preview erstellt. Hierbei wurde die Quantum Toolbox QuTIP [6] für die quantenmechanischen Tensor-Operationen verwendet.

Die modellierten Ergebnisse entsprechen qualitativ meinen Erfahrungen in Teams:

Die Ausbildung von einer Team-Präferenz für eine der Big Five Dimensionen hängt von der Reihenfolge der Interaktionen im Team ab: Je nachdem wer zuerst spricht entwickelt sich eine unterschiedliche Dynamik. Es ist von Vorteil, wenn zuerst Personen mit ähnlichen Präferenzen die Kommunikation starten. Sie unterstützen selbst dann Team-Präferenzen, wenn sie selbst keine Präferenz darin haben.  

Die Wahrscheinlichkeit für eine Team-Präferenz Offenheit ist moderat, also nicht oberhalb von 50%, wenn nur eine Person diese als persönliche Präferenz hat.

Falls die Präferenz Gewissenhaftigkeit in einem Team durch eine Person vorhanden ist, kann es sein, dass sich die Team-Präferenz Offenheit in einem Team überhaupt nicht ausprägt.

Falls die persönliche Präferenz Gewissenhaftigkeit nur einmal (oder auch mehrmals, gemäß meiner Erfahrung) im Team vorhanden ist, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich keine Team-Präferenz Gewissenhaftigkeit ausbildet.

Abbildung 6 zeigt ein Beispiel für ein Szenario, in dem ich die weiter oben angegebenen persönlichen Präferenzen der Teammitglieder für Szenario 4 verändert habe: Die Präferenz Offenheit bleibt wie oben angegeben, jedoch setze ich die Präferenz Gewissenhaftigkeit für alle Teammitglieder auf ‚unbestimmt‘. Das erstaunliche hier ist, dass sich eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine Team-Präferenz Gewissenhaftigkeit ausbildet, obwohl keines der Teammitglieder diese Präferenz hat. In anderen, hier nicht gezeigten Szenarien, führt schon eine persönliche Präferenz Gewissenhaftigkeit immer zu einer sehr geringen Team-Präferenz Gewissenhaftigkeit. Auch dies entspricht meiner Erfahrung.

Abbildung 6: Die Wahrscheinlichkeiten zur Ausbildung der Team-Präferenzen Offenheit und Gewissenhaftigkeit in Abhängigkeit der Interaktionsreihenfolge. Die persönlichen Präferenzen Offenheit von Alice, Bob und Charlie entsprechen den ursprünglich festgesetzten. Die persönlichen Präferenzen Gewissenhaftigkeit für alle drei Personen wurde für dieses Szenario auf unbestimmt gesetzt.

Abbildung 7 zeigt für das Szenario 4 aus Abbildung 6 die Wahrscheinlichkeiten der Ausbildung eines Collective Mind für die Varianten 1 und 2. Die Wahrscheinlichkeit der Ausbildung eines Collective Mind für die Variante 1 (Offenheit und Gewissenhaftigkeit verschränkt) ist deutlich geringer als für Variante 2 (nur Offenheit verschränkt). Die Ausbildung des Collective Mind hängt auch ein wenig von der Interaktionsreihenfolge ab. Jedoch ist diese Abhängigkeit sehr gering: Wenn sich überhaupt ein Collective Mind ausbildet, so hat die Interaktionsreihenfolge kaum noch Einfluss darauf.

Abbildung 7: Die Wahrscheinlichkeiten zur Ausbildung eines Collective Mind für die Varianten 1 (Offenheit und Gewissenhaftigkeit sind verschränkt) und Variante 2 (nur Offenheit ist verschränkt).

Zusammenfassend stelle ich fest:

Der Quantum Cognition Formalismus liefert keine unsinnigen Ergebnisse. Im Gegenteil: Die Ergebnisse decken sich qualitativ mit meinen Erfahrungen. Ich finde die qualitative Interpretation der Ergebnisse erstaunlich nahe an der Praxis: So nahe, dass es schon sehr an Magie grenzt.

Der Nachteil ist, dass der Quantum Cognition Formalismus sehr anspruchsvoll ist. Ohne die AI-Assistenz von ChatGPT4o1-preview wäre es mir nicht möglich gewesen, diese Berechnungen durchzuführen. ChatGPT4o1-preview strauchelte auch einige Male. – Gemeinsam war es jedoch gut möglich dies aufzufangen.

Die Übertragung der Berechnungen auf ein QC Hardware System würde es erlauben, Teamgrößen von 7-10 Teammitgliedern zu modellieren. – Jedoch ist dies ein deutlicher Schritt in Richtung Komplexität, der es aber eventuell wert sein könnte.

[1] Wikipedia (2024a) Quantum Cognition, https://en.wikipedia.org/wiki/Quantum_cognition

[2] Brody D C (2023) Quantum formalism for the dynamics of cognitive psychology, https://www.nature.com/articles/s41598-023-43403-4

[3] Pothos E M und Busemeyer J R (2022) Quantum Cognition, Annual Review of Psychology, https://www.annualreviews.org/content/journals/10.1146/annurev-psych-033020-123501

[4] Wikipedia (2024b) Quantum Mind, https://en.wikipedia.org/wiki/Quantum_mind

[5] Oswald A, Köhler J, Schmitt R (2018) Project Management at the Edge of Chaos, Springer, Heidelberg

[6] QuTIP (2024) QuTIP Quantum Toolbox in Python, https://qutip.org/