Quantum Spiral Dynamics: ‚Es gibt nur eine Welt!‘ oder von grundlegenden Überlegungen und einer ersten Deutschland-Kulturanalyse

Diesen Blog-Beitrag habe ich mit ChatGPT 5.0 erstellt. Da es keine Probleme in der Arbeit mit ChatGPT gab, habe ich DeepSeek, Mistral und Claude lediglich für die Qualitätssicherung verwendet.

Dieser Beitrag ist der zweite Beitrag der Blog-Reihe ‚Quantum Spiral Dynamics: ‚Es gibt nur eine Welt!‘ …‘. Ziel dieses Beitrages ist es, weiter abzuklären, ob die im vorherigen Blog-Beitrag verwendete mathematische Analogie zwischen Physik, Psychologie und Sozialwissenschaft gerechtfertigt ist. – Der Beitrag führt also die Machbarkeitsanalyse, die mit dem vorherigen Blog-Beitrag begonnen wurde, fort.

Ich erläutere deshalb meine grundlegenden Überlegungen und mache einen ersten qualitativen! Versuch der Kulturanalyse für Deutschland im Zeitraum 2020 bis 2025.

Im letzten Beitrag konnte man allein schon aufgrund der verwendeten recht umfangreichen Mathematik den Eindruck gewinnen, dass es sich um eine Quanten Version von Spiral Dynamics handelt: Einerseits trifft dieser Eindruck zu, andererseits nicht.

Die Quanten Mechanik hat sehr viele Facetten, jedoch beruht sie im Wesentlichen auf fünf Basis-Prinzipien, die ich teilweise für Quantum Spiral Dynamics (QSD) verwendet habe:

  1. Die (mikroskopische) Welt besteht aus Quanten – kleinsten Einheiten, die je nach (makroskopischer) Umgebung mal als Welle und mal als Teilchen beobachtet werden.  
  2. Quanten und ihre Zustände werden in einem abstrakten mathematischen Raum beschrieben. Beobachtbare (makroskopische) Größen, wie zum Beispiel die Aufenthaltswahrscheinlichkeit für ein Quant, werden daraus abgeleitet. Leider gibt es (zur Zeit?!) keinen unmittelbaren Zugang für uns Menschen zu diesem abstrakten mathematischen Raum. Trotzdem stimmen Theorie und Praxis für die abgeleiteten beobachtbaren Größen mit unglaublicher Genauigkeit überein.
  3. Die Zustände der Quanten werden vor der makroskopischen Messung durch die kohärente Überlagerung unendlich vieler Einzelzustände beschrieben. Ich nenne diese Einzelzustände Potentiale. Ich nenne sie Potentiale, weil sie meines Erachtens zur realen Welt gehören und potentiell durch eine Messung aktualisiert werden können. Nicht wenige Physiker halten die Potentiale für nicht real; andere Physiker halten sie für einen Ausdruck einer Welt aus vielen Universen. Sie wären dann irgendwie ‚real‘ aber nicht in unserem Universum, sondern in Parallel-Universen.
  4. Die Zustände mehrerer interagierender Quanten können durch Superpositionen (also auch Überlagerungen) beschrieben werden. Diese Superpositionen können zu speziellen, sogenannten verschränkten Gesamtzuständen führen. Verschränkte Quanten sind ein Ganzes, das bei Messung auch als Ganzes erfahrbar wird. – Hier zeigt sich auch ‚Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.‘
  5. Die zeitliche und räumliche Entwicklung und die Messung von Quantenzuständen wird mit Hilfe von sogenannten Operatoren beschrieben, die auf die kohärenten Quantenzustände wirken. Die Anwendung der Operatoren ist nicht immer kommutativ, d.h. es kann sein, dass Operator B zuerst angewendet und dann Operator A angewendet (also A*B) ein anderes Resultat ergibt als (B*A). Falls Gruppen von Operatoren nicht kommutativ sind, spricht man von einer nicht-abelschen Algebra.

Ich habe für die Erstellung der QSD diese fünf Prinzipien wie folgt verwendet bzw. interpretiert:

  1. Die QSD kennt (natürlich) keine Quanten oder Wellen, jedoch Kontextabhängigkeit. Kontextabhängigkeit, also systemische Betrachtungsweisen, gehören zu jeder modernen Wissenschaft. Im vorherigen Blog-Beitrag habe ich gezeigt, wie Agenten mit unterschiedlichen Werteprofilen das Kulturpotential unterschiedlich erfahren. Der Kontext kann sich objektiv verändern, es kann aber auch sein, dass ein Agent A den objektiven Kontext anders wahrnimmt als ein anderer Agent B: Im letzten Blog-Beitrag haben die Agenten mit blauen, orangen und grünen Werte-Memen das Eichpotential A(t) auf unterschiedlichen Pfaden unterschiedlich erfahren.
  2. Ich beschreibe sowohl die Zustände der Agenten als auch die QSD-Kultur über einen quantenmechanischen Formalismus: Analog wie in der Quantenmechanik sind die inneren Zustände, hier der Menschen, beschrieben über Präferenzen, Bedürfnisse, Werte und Glaubenssätze sowie der kulturelle Kontext – beschrieben über Werte-Meme – nicht direkt zugänglich, sondern lediglich die daraus resultierenden Verhaltensweisen. Ich verwende für diese nicht unmittelbar zugänglichen Zustände den Zustands-Formalismus der Quantenmechanik.
  3. Da ich die psychischen und die sozialen Zustände analog den quantenmechanischen kohärenten Zuständen beschreibe, ergibt sich automatisch auch hier die Verwendung des Begriffes ‚Potentiale‘. Denken wir an unsere Gedanken 😉, so wird unmittelbar begreifbar, dass wir unglaublich viele Potentiale in Form von Gedanken permanent mit uns tragen. Erst wenn wir zum Beispiel einen Gedanken explizit ausgewählt haben und uns entschieden haben, diesen in der physischen Welt umzusetzen, aktualisieren wir diesen. Die quantenmechanischen Potentiale und die psychischen Potentiale sind also dahingehend sehr ähnlich. Auch die soziale Welt erschließt sich uns nur durch Geschehnisse; Werte-Meme sind abgeleitete, abstrakte Größen, die nach meinem Verständnis jedoch ‚real‘ sind.
    Die Verwendung des quantenmechanischen Formalismus eröffnet damit auch die Möglichkeit Ambivalenz und sogar Vieldeutigkeit abzubilden. Der Begriff der Potentiale ist damit eine zentrale Brücken zwischen Physis, Psyche und Sozialem.
    In dem vorhergehenden Blog-Beitrag habe ich den Begriff Potential(e) noch etwas anders verwendet: Ich habe nämlich von dem Eichpotential A(t) gesprochen. Potentiale sind alte Bekannte im Bereich der Physik. Der ein oder andere wird sich an die potentielle Energie oder das Potential in der Elektrostatik bzw. -dynamik erinnern. Hier steht Potential für einen Energieunterschied, also verallgemeinert für eine Energielandschaft aus Bergen und Tälern. Systeme suchen die Täler mit niedrigster Energie auf. Das Deep Learning der KI Systeme folgt zum Beispiel diesem ‚Drang‘. Das Eichpotential wirkt wie die Potentiale der kohärenten Zustände latent im Hintergrund: Das Eichpotential ist eine mathematische ‚Hintergrundeigenschaft‘, die nicht direkt beobachtbar ist, sondern erst über seine abgeleitete Größen, u.a. seine Feldstärken oder über Interferenzeffekte (im sogenannten Aharonov–Bohm Effekt). Sehr oft wird das Potential auch als Feld bezeichnet, korrekt ist das nicht, da man unter Feld die Änderungen des Potentials im Parameterraum versteht. In einem späteren Blog-Beitrag werde ich genauer darauf eingehen. Das Potential ist also Etwas, das real wirkt, obwohl es nicht direkt ’sichtbar‘ ist. – Das Eichpotential wie auch die Potentiale kohärenter Zustände sind Träger latenter Wirkung: Das Eichpotential strukturiert mittels seiner Quanten wie Elementarteilchen physische Realität erzeugen, die Potentiale kohärenter Zustände strukturieren welche Zukunftsoptionen physische Realität werden können. Man kann also sagen: Es gibt Ebenen der Realität, die nicht direkt beobachtbar sind, die aber die Möglichkeiten und Entwicklungen der Realität bestimmen. Auf die QSD übertragen heißt dies: Das Eichpotential ist ein latente psychische oder soziale ‚Hintergrundeigenschaft‘, die Bewusstsein und Kommunikation strukturiert. Psychische und soziale Potentiale sind die Menge aller Einzelzustände eines kohärenten psychischen oder sozialen Zustandes, die in dieser ‚Hintergrundeigenschaft‘ angelegt sind, aber noch nicht aktualisiert sind. Psychische und soziale Feldstärken sind aus dem psychischen oder sozialen Eichpotential abgeleitet Größen, die sichtbar und erfahrbar werden als aktualisierte Konflikte, Spannungen, Entwicklungen, usw. .
  4. Die Verschränkung von Quanten ist sicherlich das mit Abstand mysteriöseste Phänomen der Quantenmechanik. In anderen Blog-Beiträgen zur Integrierten Informationstheorie des Bewusstseins habe ich daraufhin gewiesen, dass es Wissenschaftler gibt, die Bewusstsein als quantenmechanischen Effekt der Verschränkung verstehen. Auch ich benutze in diversen Blog-Artikeln die Verschränkung als Modell für den Collective Mind eines Teams oder einer Organisation. Auch in der QSD kann man zum Beispiel das Ziel einer Teamdynamik als verschränkten Zustand angeben. Es gibt allerdings bisher keinen empirischen Hinweis, dass das individuelle oder kollektive soziale Bewusstsein auf Verschränkung beruht.
  5. Die Nicht-Kommutativität ist wie die Kontextabhängigkeit eine Erkenntnis, die sich schon früh in der Entwicklung der Quantenmechanik einstellte. Die Nicht-Kommutativität von Ortsbestimmung und Impulsbestimmung führt direkt zur berühmten Heisenberg’schen Unschärferelation. Die Kontextabhängigkeit und die Nicht-Kommutativität sind beides Erkenntnisse, die meines Erachtens nicht allein Quanten-spezifisch sind, also allein zur mikroskopischen Welt gehören: Kontextabhängigkeit und Nicht-Kommutativität gehören auch zur makroskopischen Welt. Nicht immer, aber durchaus oft, können wir Nicht-Kommutativität im Alltag beobachten: Man stelle sich zwei ‚Operatoren‘ zu einem Bahnübergang vor: Operator A ‚Schranke schließen‘ und Operator B ‚Zug fährt vorbei‘. Fährt zuerst der Zug vorbei und dann wird die Schranke geschlossen, kann das Ergebnis eine Katastrophe sein. Umgekehrt eher weniger. Operator A und B sind also nicht kommutativ. In dem Blog-Beitrag ‘AI & QC & M 4.0: Quantum Cognition für das Team-Management oder von der Macht der Mathematik, vom Oktober 24, 2024‘ habe ich gezeigt, wie ein quantenmechanischer Formalismus mentale nicht-kommutative Vorgänge beschreiben kann. Ich verwende für das QSD Eichpotential A(t) das Yang-Mills Eichpotential der starken Wechselwirkung mit den Operatoren der SU(3) Lie-Algebra. Ich tue dies vor allem deswegen, weil diese Operatoren, die sogenannten Generatoren, nicht-kommutativ sind. Man kann zeigen, dass so aufgebaute Eichpotentiale nichtlineare Effekte in der Wechselwirkung von Quanten hervorrufen. – Man spricht von Selbstwechselwirkung. Auf die Farben der QSD bezogen, heißt dies, dass Werte-Meme einer Bewusstseins- und Kulturebene auch mit sich selbst in Wechselwirkung treten können.

Da die Nicht-Kommutativität der Lambda-Generatoren (d.h. [λ1, λ2] = λ1*λ2 – λ2*λ1 ≠ 0, man siehe den vorherigen Blog-Beitrag: Die Formeln dienen hier nur als Einstiegshinweis in den vorherigen Blog) von entscheidender Bedeutung für die QSD-Modellierung ist, illustriere ich diese hier an zwei Beispielen:

Beispiel 1: [λ1, λ2]=2i λ3

Stellen wir uns ein Team vor, das sich im Spannungsfeld zwischen sachlichem Austausch und kommunikativem Ton bewegt. Die beiden Kräfte – nennen wir sie Diskurs-Impuls und Dialog-Rhythmus – wirken zwar auf dasselbe Thema, aber aus unterschiedlichen Richtungen. Sie sind nicht einfach austauschbar, sondern beeinflussen sich gegenseitig.

Wenn der sachlich strukturierte Diskurs den Anfang macht, entstehen zunächst klare Argumente und Modelle. Kommt danach der Dialog-Rhythmus hinzu, wird dieser strukturierte Diskurs von einer gewissen Tonalität überlagert, die dem Ganzen entweder Ruhe oder Schärfe verleiht. In dieser Reihenfolge führt der Prozess oft zu einem stärkeren Vertrauen in Regeln, Prozesse und Strukturen.

Beginnt man jedoch mit dem Tonfall, also mit einem Kommunikationsrhythmus, der vielleicht hitzig, ironisch oder auch spielerisch gefärbt ist, dann sind die später eingebrachten Argumente bereits in diesem Klangraum eingefärbt. Selbst gute Fakten klingen dadurch weniger neutral, sondern tragen die Prägung des anfänglichen Stils. In dieser Variante verlagert sich das Verhalten des Teams leichter in Richtung Wettbewerb, Leistungsdruck und Abgrenzung.

Das Entscheidende ist also nicht nur, was gesagt wird, sondern in welcher Abfolge sachlicher Diskurs und kommunikative Färbung auftreten. Die Reihenfolge bestimmt, ob das Team am Ende eher Vertrauen in Ordnung und Stabilität gewinnt (blaue Orientierung) oder stärker in Konkurrenz- und Leistungslogiken (orangene Orientierung) hineingezogen wird.

Beispiel 2: [λ4, λ5]=i(λ3+3λ8)​

Auch hier geht es um zwei unterschiedliche Kräfte im Team: den Harmonie-Impuls und die Empathie-Feinjustierung. Beide wirken auf das soziale Klima, aber sie tun es auf verschiedene Weise. Harmonie setzt einen kollektiven Rahmen, der alle einbindet. Empathie dagegen wirkt feiner, sie justiert Spannungen im Einzelkontakt. Zusammengenommen formen sie sowohl die Regeln und Ziele als auch das kulturelle Grundvertrauen.

Wenn die Harmonie den Anfang macht, etwa durch ein gemeinsames Ritual, eine Retrospektive oder eine verbindende Teammaßnahme, entsteht zuerst ein klares Wir-Gefühl. Darin eingebettet wirken spätere empathische Anpassungen besonders wirksam, weil sie auf einem stabilen Fundament aufsetzen. Das Ergebnis ist, dass Regeln und Ziele konstruktiv neu austariert werden und zugleich das Grundvertrauen in die Kultur wächst. Die Organisation fühlt sich kohärenter, stabiler und von innen heraus getragen an.

Beginnt man jedoch mit der Empathie, also mit vielen kleinen individuellen Gesten im Alltag – hier einmal strenger, dort einmal nachsichtiger – dann fehlt zunächst der übergeordnete Rahmen. Die Signale wirken fragmentiert und teilweise widersprüchlich. Kommt später ein Harmonie-Impuls hinzu, verfängt er weniger, weil die Gruppe schon in unterschiedliche Richtungen auseinandergezogen wurde. In diesem Fall verschieben sich Regeln und Ziele chaotischer, und der kulturelle Grundton bleibt schwach oder ambivalent.

Das Entscheidende ist hier die Reihenfolge: Harmonie vor Empathie baut eine tragfähige Kohärenz (ausgewogene Mischung von blau, orange und grün) auf, während Empathie vor Harmonie eher zu zersplitterten Effekten (blaue, orangene und grüne Unausgewogenheit) führt.

Zusammenfassend stelle ich fest, dass die nicht-abelsche Form des Vektorpotentials A(t), das als latentes Kulturpotential wirkt, ganz entscheidend ist für Effekte, die man auch in der Praxis von Teamarbeit oder in der Organisationstransformation beobachten kann. Meines Erachtens zeigen diese Beispiele noch etwas sehr Fundamentales: Die Mathematik, hier die Lie-Algebra, weiß nichts von den Inhalten der QSD. Ordnet man der Lie-Algebra jedoch QSD Inhalten zu, ergeben sich sinnvolle Aussagen, die auch in der sozialen Praxis erfahrbar sind.- Das meine ich, wenn ich feststelle ‚Es gibt nur eine Welt!‘.

Die Generatoren der Lie-Algebra sind nur die eine Hälfte der Ausgestaltung der Vektorpotential-Komponenten. Der andere Teil wird durch die 8 Parameterfunktionen gebildet. Mit diesen Parameterfunktionen lässt sich die zeitliche Entwicklung der drei SD Ebenen und deren Wechselwirkung modullieren. So können diese dazu verwendet werden, um Führungsimpulse oder kurz-, mittel- oder langfristige kulturelle Veränderungen auf organisationaler Ebene oder gesellschaftlicher Ebene zu modellieren.

Ich demonstriere den Einfluss der Parameterfunktionen im Folgenden, indem ich wieder drei Agenten mit jeweils ausgeprägtem Werteprofil in Blau, Orange und Grün sich durch das Vektorpotential bewegen lasse. Die Bewegungsgleichungen enthalten in diesem Fall keine dissipativen Anteile wie im vorherigen Blog sondern lediglich das Vektorpotential. Als Vektorpotential verwende ich zwei Ausprägungen: Das im letzten Blog-Beitrag verwendete und ein Vektorpotential das die Kultur Entwicklung von Deutschland mittels der SD-Ebenen blau, orange und grün qualitativ modelliert. – In einem späteren Blog-Beitrag will ich die Entwicklung von Deutschland mittels genauerer Datenbank-Werteprofile modellieren. Heute geht es nur darum, die Unterschiede, die durch eine unterschiedliche zeitliche Ausgestaltung von A(t) hervorgerufen werden, in den Pfaden der Agenten aufzuzeigen.

Für die qualitative Kalibrierung der Parameterfunktionen des Deutschland-Modells 2020-2025 stütze ich mich auf empirische Studien und Indikatoren:

Vertrauen in Institutionen:

Laut OECD vertrauten im Jahr 2023 nur rund 36 % der Deutschen der Bundesregierung (OECD Trust in Government, 2023). Das ist ein deutlicher Rückgang gegenüber den frühen 2000er Jahren und zeigt eine zunehmende Skepsis gegenüber stabilisierenden Institutionen.

Wertewandel von materiell zu postmateriell:

Die Daten der European Values Study (EVS) und World Values Survey (WVS) zeigen seit den 1980er/90er Jahren einen klaren Trend hin zu Selbstentfaltung, Umweltbewusstsein und gesellschaftlicher Offenheit. Dies ist typisch für eine grüne Orientierung (postmaterielle Werte).

Wachsende Unzufriedenheit:

Der Edelman Trust Barometer 2025 betont eine breite gesellschaftliche Frustration ‚über das System‘ mit sinkendem Vertrauen in Wirtschaft, Medien und Politik. Dieses Misstrauen verstärkt die gesellschaftliche Fragmentierung.

Daraus leite ich folgende Parameterfunktionen für das Deutschland-Modell ab:

FunktionDimensionTrend 2000–2025Beschreibung & Begründung
f1Vertrauen in Institutionen (Blau–Orange)Stark sinkend von 0.6 (2000) auf 0.35 (2023), danach nochmals auf 0.25Vertrauensverlust in Regierung und Institutionen, vgl. OECD-Daten
f2Bildung / Stimulation / ArbeitsmotivationLeicht steigend von 0.2 auf 0.3Kontinuierlicher Ausbau von Bildung & Weiterbildung, höhere individuelle Ansprüche
f3Postmaterialismus (Autorität vs. Eigenverantwortung)Stark steigend von 0.1 auf 0.4Wertewandel EVS/WVS: mehr Selbstentfaltung, Nachhaltigkeit
f4Gemeinschaft & Empathie (Grün)Leicht steigend von 0.2 auf 0.25, zusätzlicher Peak um 2020Covid-Pandemie verstärkte Gemeinschaftsorientierung
f5Sozialimpuls (Regulierung für das Soziale)Schwankend: leichter Anstieg bis 2017, danach RückgangPandemie führte zu kurzfristigem Regulierungsschub, später Rückgang
f6Kooperation vs. WettbewerbModerater Anstieg von 0.1 auf 0.2Zunehmende Relevanz von Kooperationen (z. B. Klimapolitik, EU)
f7InnovationStetig steigend von 0.3 auf 0.4Digitalisierung, Energiewende, High-Tech-Sektor
f8Institutioneller Meta-BiasAbnehmend von 0.2 auf 0.15Vertrauenskrise in Institutionen → weniger kollektiver ‚Grundton‘ der Stabilität
Tabelle 1: Übersicht der Parameterfunktionen mit einer vereinfachten Kalibrierung auf der Basis von Aussagen von OECD, EVS/WVS und Edelman Trust Barometer. Anmerkung zu f8, dem Institutionellen Meta-Bias: Der Meta-Bias (Parameterfunktion und Lambda 8 Generator) steht für den kulturellen Rahmenparameter, auf dessen Basis Systemstabilität und Vertrauen entstehen können. Ein hoher Meta-Bias bedeutet, dass Konflikte zwischen den Werten (blau, orange, grün) durch institutionellen Zusammenhalt abgefangen werden. Sinkt er, verliert die Gesellschaft ihre kohärente Handlungsfähigkeit.

Damit ergeben sich folgende zusammenfassende Aussagen für die zeitliche Entwicklung in Deutschland von 2020-2025:

2000–2010: Vertrauen hoch, postmaterielle Werte niedrig: Blau dominiert (Ordnung, Stabilität).
2010–2017: Immer stärkerer Wertewandel, Gemeinschaft und Empathie nehmen zu: Grün steigt
2017–2023: Vertrauensabsturz in Institutionen, während Postmaterialismus und Kooperation sich verstärken: grüne Umbruchphase.
2023–2025: Dynamik durch Krisen (Pandemie, Wirtschaft), institutioneller Rahmen bleibt schwach.

Die beiden nachfolgenden Abbildungen zeigen die Ergebnisse einer Simulation für die extrapolierten Parameterfunktionen des Deutschland-Modells (Abbildung 1) und der Parameterfunktionen wie ich sie im vorherigen Blog verwendet habe (Abbildung 2).

Abbildung 1: Deutschland-Modell (abgeleitete, interpolierte Parameterfunktionen, 2000–2025):

Die Pfade der Agenten (Blau, Orange, Grün) sind enger ineinander verwoben, sie bleiben in einem gemeinsamen Raumbereich. Das deutet auf starke Kopplung und gegenseitige Rückkopplung hin. Deutschland entwickelt sich über die Zeit als ein relativ kohärentes System, in dem keine Agentenfarbe völlig ‚ausreißt‘. Die enge Verflechtung bedeutet eine hohe Interdependenz von Blau, Orange und Grün. Das soziale Potential reagiert empfindlich – kleine Änderungen in einem Bereich (z. B. Institutionenvertrauen) wirken direkt auf die anderen. Das System ist dadurch robuster im Zusammenhalt, aber auch anfälliger für Instabilitäten im Ganzen, weil kein Teil isoliert ‚abfedert‘.

Abbildung 2: ‚Künstliches‘ Modell mit Parameterfunktionen des vorherigen Blog-Beitrages

Die Pfade sind weiter auseinandergezogen, klarer separiert und teilweise ‚glatter‘. Das System wirkt weniger gekoppelt, eher wie drei parallele Entwicklungsbahnen, die zwar dynamisch sind, sich aber nicht so stark gegenseitig beeinflussen. Jeder Agent folgt stärker seinem eigenen Rhythmus, wie drei parallele Ströme. Weniger Verwobenheit bedeutet: klarere Eigenlogiken, weniger Resonanz. Das könnte in realen Gesellschaften einer fragmentierten, individualisierten Dynamik entsprechen, wo Subsysteme ‚ihr eigenes Ding‘ machen.

Eine weitere Analyse der Phasen (siehe vorherigen Blog), die ich der Einfachheit wegen hier nicht mit Diagrammen belege, zeigt, dass Blau und Orange für Deutschland  weniger Phasen-Drift haben: Ordnung (Blau) und Wettbewerb/Innovation (Orange) hinken eher hinterher, sie werden nicht so stark vorangetrieben wie in der Modellwelt. Bezogen auf das Grün gewinnt Deutschland einen starken positiven Phasen-Drift: Grün für Deutschland ‚überholt‘ das ‚künstliche‘ Modell. Empathie, Beziehungsorientierung, Gemeinschaft rücken im Deutschland-Modell stärker in den Vordergrund als es das ‚künstliche‘ Modell hervorbringt.

Insgesamt zeigt Deutschland ein stark verwobenes Netzwerk mit einem Trend in Richtung Grün. Die Kohäsion ist hoch, Blau und Orange verlieren über die Zeit relativ zum ‚künstlichen‘ Modell an Dynamik. Damit besteht die Gefahr, dass Blau/Orange nicht mehr ‚mitkommen‘, falls Grün überzieht. Dies könnte zu Spannungen führen, z. B. Leistung vs. Empathie, Ordnung vs. Offenheit. Deutschland ist also ein verwobenes, spannungsreiches System mit klarer grüner Phasenübernahme.

Das kommt einem bekannt vor…!!! – Die Parallelen zur Entwicklung in Deutschland sind meines Erachtens schon sehr erstaunlich. –  Ich betone, dass ich an keiner Stelle die Parameter so eingestellt habe, dass die geschilderten Ergebnisse sich einstellen.

Es ist nicht das Ziel des Blog-Beitrages eine quantitativ abgesicherte Kulturanalyse vorzulegen. Vielmehr sollte die Machbarkeit des in Teilen quantenmechanischen Ansatzes für eine Kulturanalyse weiter überprüft werden. Meines Erachtens zeigt sich durch die vorliegende Machbarkeitsanalyse, dass der eingeschlagene Weg Sinn macht! 

AI & QC & M 4.0: Quantum Cognition für das Team-Management oder von der Macht der Mathematik

(Die in diesem Blog-Beitrag enthaltene recht komplexe Mathematik der Quantenmechanik sowie die dazugehörigen Programme wurden mit der AI-Assistenz von ChatGPT4o1-preview erhalten. ChatGPT4o wurde für die Überprüfung des Blog-Beitrages verwendet. Der enthaltene Podcast wurde von der Google AI noteBookLM erstellt.)

Der nachfolgender Podcast fasst den Blog-Beitrag in englischer Sprache zusammen und wurde von der Google AI notebookLM erzeugt:

Abbildung 0:  Ein Bild, erzeugt von ChatGPT/DALL.E, das den Blog-Beitrag visuell unterstützt und im Stil von van Gogh gestaltet ist. Es zeigt Teammitglieder in einer dynamischen Interaktion, die die Konzepte der Quantum Cognition durch wellenartige Verbindungen symbolisiert.

Dieser Blog-Beitrag richtet sich an Leser mit einem Hintergrund in Management sowie an jene, die Interesse an quantenmechanischen Konzepten im Bereich der Kognition und Teamdynamik haben: Keine Angst vor Mathematik ist hilfreich!

Bei den Recherchen zu dem vorherigen Quantum Computing Blog-Beitrag bin ich auf den Begriff ‚Quantum Cognition‘ gestoßen [1]. Sofort wenn man den Wikipedia Artikel oder die wissenschaftlichen Artikel [2],[3] liest, wird man darauf hingewiesen, dass Quantum Cognition nichts mit Quantum Mind [4] oder der Idee, dass Bewusstsein durch Quanteneffekte hervorgerufen wird, zu tun hat. – Wenngleich das letzte Wort hierzu sicherlich noch nicht gesprochen ist.

Bei dem Thema Quantum Cogition geht es um die verblüffende Feststellung, dass kognitive Verzerrungen wie u.a. Tversky und Kahneman sie beschrieben haben [5], schlecht oder überhaupt nicht durch die klassische Wahrscheinlichkeitstheorie (Classical Probability Theory) beschrieben werden, aber sehr wohl durch die Quanten Wahrscheinlichkeitstheorie (Quantum Probability Theorie), wie sie im mathematischen Formalismus der Quantenmechanik enthalten ist. Das ist schon irgendwie faszinierend…und zeigt meines Erachtens die ungeheure Macht der Mathematik: Denn plötzlich wird ein mathematischer Formalismus, der in einem Gebiet entwickelt wurde, auf einem völlig anderen Gebiet angewendet.

Ich beschäftige mich in diesem Blog-Beitrag zuerst mit den Grundlagen von Quantum Cognition. Anschließend wende ich diese Grundlagen auf die Teamkommunikation an. Bei der Konzeption des Collective Mind vor ca. zwei Jahrzehnten kam die Idee auf, den Collective Mind als sogenannten verschränkten Zustand der mentalen Modelle der Teammitglieder zu verstehen. Ich werde zeigen, dass mit dem Formalismus der Quantum Cognition genau dies möglich ist. Damit ergänze ich die in den vorhergehenden Blog-Beiträgen beschriebenen klassischen Modelle des Collective Mind. – In zukünftigen Blog-Beitragen besteht Raum für eine Integration beider Ansätze😉.

Zuerst zu den Grundlagen von Quantum Cognition. Quantum Cognition benutzt drei Schlüsselelemente der Quantenmechanik:

  • Superposition (Überlagerung): Ein mentaler Zustand kann als Kombination mehrerer möglicher Zustände betrachtet werden. Damit eröffnet sich die Möglichkeit, Ambiguitäten im menschlichen Verhalten zu modellieren, sowie Unentschlossenheit in Entscheidungsprozessen zu beschreiben.
  • Nicht-Kommutativität (Interferenz): Wie in der Quantenphysik können mentale Zustände sich gegenseitig beeinflussen, was zu Verstärkungs- oder Abschwächungseffekten führt und einige nichtlineare Entscheidungsprozesse erklärt. Psychologische Beispiele hierfür sind das Priming und die verschiedenen mentalen Verzerrungen, u.a. auch der Bias.
  • Verschränkung (Entanglement): Unterschiedliche kognitive Variablen können stark miteinander verbunden sein, so dass der Zustand einer Variablen unmittelbar den Zustand einer anderen beeinflusst. Das Hebb’sche Gesetz beschreibt diesen Effekt: Psychologische Beispiele hierfür sind Gefühle, die unmittelbar die Wahrnehmung beeinflussen.

Ich habe diese drei Schlüsselelemente in den Abbildungen 1-3 skizziert. Die in diesen Abbildungen enthaltenen mathematischen Ausdrücke der Quantenmechanik sind meines Erachtens nicht wichtig für ein Verstehen der wesentlichen Aussagen dieses Blog-Beitrages. Sie mögen aber dem ein oder anderen vielleicht beim besseren Verständnis helfen.

Ich erläutere im Folgenden die in Abbildung 2 enthaltenen Aussagen zum Schlüsselelement der Nicht-Kommutativität (Interferenz) etwas genauer, u.a. deswegen weil dort der Begriff des Projektionsoperators eingeführt wird, der für die Quantenmechanik und die Quanten Cognition von großer Bedeutung ist. Für die beiden anderen Schlüsselelemente verweise ich auf die Abbildungen 1-3.

Wenn wir an eine Person oder an ein Ding denken, so rufen wir ein mentales Konzept von dieser Person oder diesem Ding ab. Nehmen wir zwei Personen aus der amerikanischen Politik: Clinton und Gore. Jeder von uns hat wahrscheinlich ein mehr oder weniger ausgeprägtes Konzept bzw. eine mentale Repräsentation oder eine Idee von Clinton und Gore. Dieses Konzept wird u.a. durch Interaktion mit der Umwelt aktiviert. In unserem Clinton-Gore-Beispiel sind Konzepte wie ‚Clinton‘ und ‚Gore‘ die grundlegenden Einheiten, die wir modellieren möchten: Nehmen wir an, jemand würde uns die Frage stellen, ob wir Clinton vertrauenswürdig finden und anschließend die Frage stellen, ob wir Gore vertrauenswürdig finden. Psychologische Experimente haben gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit, beide Fragen mit Ja zu beantworten auch von der Reihenfolge der Fragen abhängt [3]. D.h. die Fragen rufen Konzepte auf und die Konzepte beeinflussen sich gegenseitig, aber nicht-kommutativ. Nicht-kommutativ bedeutet, dass es auf die Reihenfolge der Fragestellung ankommt. – Ein sehr erstaunliches Phänomen. In der Welt der Quanten kennt man entsprechende Phänomene: Die Reihenfolge von Messungen hat Einfluss auf die Ergebnisse der Messungen.

In der Quantenmechanik verwendet man sogenannte Projektionsoperatoren, die eine Messung bzw. Messreihenfolge repräsentieren. Mit einem Projektionsoperator projiziert man den Ausgangszustand auf den gemessenen Zustand. Damit kann man Wahrscheinlichkeitsaussagen treffen, wie wahrscheinlich es ist, dass der Ausgangszustand in den gemessenen Zustand übergeht.

Entsprechend werden in der Quantum Cognition kognitive Projektionsoperatoren zur Modellierung der Aktivierung eines kognitiven Konzepts in einer Person benutzt. – Es findet sozusagen eine Messung statt.

Nehmen wir an, dass bei der Frage nach Clinton bei einer befragten Person eine gewisse Ambivalenz (vertrauenswürdig, nicht-vertrauenswürdig) bezüglich der Antwort vorhanden ist. Für Gore nehmen wir eine andere Ambivalenz an. Wir nehmen auch an, dass bevor die Fragen gestellt werden, es noch keine Manifestationen von Präferenzen gibt. – Es gibt zum Beispiel keinen Bias durch eine gerade stattgefundene Diskussion zu diesem Thema. Die Projektionsoperatoren konstruieren wir als ambivalente Mischung (Superposition) aus einem vertrauenswürdigen und einem nicht-vertrauenswürdigen Basiskonzept. Hierbei kann es durchaus sein, dass eine befragte Person Clinton in dieser ambivalenten Mischung für vertrauenswürdiger als nicht-vertrauenswürdig hält. Bevor die Frage gestellt wird, ist dies jedoch nicht sichtbar, die innere Haltung ist unentschieden. Entsprechendes gilt natürlich für eine andere ambivalente Mischung bei Gore.

In der Quantenmechanik bezeichnet man die Basiskonzepte als Vektoren im sogenannten Hilbertraum. Der Hilbertraum ist ein spezieller mathematischer Raum, in dem die Vektoren quantenmechanischen Operationen unterliegen. Die Projektionsoperatoren sind solche Operationen und werden als Tensoren (haben das Aussehen von Matrizen) beschrieben, die auf diese Vektoren wirken. – Tensoren sind auch die zentralen Operationen in klassischen AI-Systemen. – Im Quanten Computing implementieren die Qubits die Vektoren und die Wechselwirkung der Vektoren entsprechen den Tensoren.

Wendet man den Formalismus der Quantenmechanik an, so kann man zeigen, dass nicht-kommutative Projektionsoperatoren, angewendet auf ambivalente innere Haltungen, eine Interferenz in den Antworten erzeugen. Die Basiskonzepte ‚Clinton‘ und ‚Gore‘ interferieren wie Wellen in der Physik: U.a. interferiert das vertrauenswürdige Basiskonzept mit dem nicht-vertrauenswürdigen Basiskonzept. Dies führt auch dazu, dass die Reihenfolge der Fragen entscheidend ist, da in Abhängigkeit der Reihenfolge unterschiedliche Interferenzen auftreten. Dies bedeutet, dass die gemeinsame Wahrscheinlichkeit Clinton zuerst als vertrauenswürdig einzustufen und anschließend Core, verschieden ist von der gemeinsamen Wahrscheinlichkeit Core zuerst als vertrauenswürdig einzustufen und anschließend Clinton. – Magisch…jedoch genau solche Effekt werden tatsächlich gemessen:

Wird zuerst nach Clinton als vertrauenswürdig gefragt und dann nach Gore, ergibt sich im statistischen Mittel, dass 50% der Befragten Clinton für vertrauenswürdig halten, und 68% Gore. Stellt man die Reihenfolge um, so geben 60% Gore als vertrauenswürdig an und 57% Clinton [3]. Es entsteht also eine Diskrepanz von ca. 7-8 %, hervorgerufen durch die Reihenfolge. Mit Hilfe der Formeln in Abbildung 2 zu den Wahrscheinlichkeiten lassen sich die Wahrscheinlichkeiten P Clinton dann Gore = 0,340 und P Gore dann Clinton = 0,342 berechnen. Die gemessenen Wahrscheinlichkeiten sind klassische statistische Wahrscheinlichkeiten, enthalten also Aussagen zu einer mittleren mentalen Ambivalenz aller befragten Personen. Berücksichtigt man dies, so kann man mit Hilfe des quantenmechanischen Formalismus Aussagen über die mittlere Ambiguität und Interferenz der mentalen Konzepte treffen:

In der Sequenz ‚Clinton dann Gore‘ zeigen die Berechnungen, dass weniger Ambiguität bezüglich Gore vorliegt, wenn zuerst nach Clinton gefragt wird. Dies deutet darauf hin, dass die mentale Repräsentation von Gore klarer oder positiver ist, wenn sie durch die vorherige Frage nach Clinton beeinflusst wird.

In der Sequenz ‚Gore dann Clinton‘ zeigen die Berechnungen, dass die Ambiguität bezüglich Clinton höher ist, wenn Gore zuerst gefragt wird. Dies deutet daraufhin, dass die mentale Repräsentation von Clinton stärker vom Kontext und vorherigen Informationen abhängt.

Abbildung 1: Superposition von mentalen Basiskonzepten

Abbildung 2: Nicht-Kommutativität und Interferenz von Basiskonzepten

Abbildung 3: Verschränkung von Basiskonzepten

Nach dieser kleinen Einführung in die Schlüsselelemente der Quantum Cognition, wende ich mich dem deutlich komplexeren Thema der Team-Kommunikation bzw. der Collective Mind Modellierung eines Teams zu.

Ich wollte hier ursprünglich ein Beispiel mit drei Teammitgliedern und den Big Five Persönlichkeitsmerkmalen, die einen Hilbertraum aufspannen, skizzieren. Jedoch haben die ersten Tests mit einem dazugehörigen Simulations-Programm auf einem klassischen Computer ergeben, dass dieses Programm schon nicht mehr auf meinem Laptop mit 16 GB Hauptspeicher lauffähig ist. Der Grund liegt darin, dass ein Hilbertraum mit 32768 Dimensionen aufgespannt wird. Die Dimension 32768 = 2 hoch (3*5), ergibt sich aus 3 Teammitglieder mit jeweils 5 Big Five Dimensionen. Jede Big Five Dimension wird durch einen Zustand 1 (hohe Ausprägung) und 0 (niedrige Ausprägung) repräsentiert. Es werden also für die Beschreibung der Wechselwirkung der Personen Tensoren (Matrizen) benötig, die eine Größe 32768*32768 haben.  

Statt dessen skizziere ich hier ein Beispiel aus 3 Teammitgliedern und lediglich 2 Big Five Dimensionen, nämlich Offenheit und Gewissenhaftigkeit. Damit wird ein Hilbertraum von 64 Dimensionen aufgespannt. Die Berechnungen hierzu liegen im Sekundenbereich.

Die drei Teammitglieder nenne ich Alice, Bob und Charlie. Diese Namen sind Klassiker in jeder Literatur über Quantenmechanik.

Ich wähle als Start für meine Berechnungen folgende Big Five Dimensionen:

 OffenheitGewissenhaftigkeit
Alicehochunbestimmt
Bobunbestimmthoch
Charlieunbestimmtniedrig
Tabelle 1: Ausgangszustände der Big Five Dimensionen der Teammitglieder Alice, Bob und Charlie

Ein Zustand, der als hoch bezeichnet wird, startet mit einer Qubit ‚1‘. Ein Zustand, der als niedrig bezeichnet wird, startet mit einer Qubit ‚0‘ und ein unbestimmter Zustand wird als Superposition der Zustände hoch und niedrig modelliert. Abbildung 4 enthält diese Aussagen in einer etwas formalisierten Form.

Abbildung 4: Anfangszustände und Interaktionsoperator im Teammodell

Da wir 2 Big Five Dimensionen für 3 Teammitglieder haben, benötigen wir 6 Qubits. Wir führen keine Berechnung auf einem Quantencomputer durch, sondern arbeiten mit einer Quantensimulation, also mit einer quantenmechanischen Berechnung, durchgeführt auf einem klassischen Computer, meinem Laptop.

Diese Berechnung soll folgende Fragenstellungen untersuchen:

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass alle Mitglieder eine hohe Offenheit aufweisen, obwohl nur Alice dies als Präferenz mitbringt?

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass alle Mitglieder eine hohe Gewissenhaftigkeit aufweisen, obwohl nur Bob dies als Präferenz mitbringt?

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das System in einem Collective Mind Zustand befindet und zwar in zwei Varianten. Variante 1: alle Offenheit-Qubits sind verschränkt. Variante 2: alle Offenheit-Qubits und alle Gewissenhhaftigkeits-Qubits sind verschränkt.

Wir definieren wieder einen Projektionsoperator, der in diesem Fall ein Interaktionsoperator ist und nehmen der Einfachheit hier an, dass lediglich gleiche Big Five Dimensionen der Teammitglieder miteinander wechselwirken. Dies ist keine grundsätzliche Einschränkung, sondern ist lediglich der schon recht hohen Komplexität geschuldet. Abbildung 4 zeigt die wesentlichen quantenmechanischen Gleichungen.

Der Interaktionsoperator​ modelliert die Tendenz von Personen, sich aufgrund von Ähnlichkeiten in ihren Merkmalen zu beeinflussen. Wenn zwei Personen ähnliche Zustände für ein Merkmal haben, verstärkt der Operator diese Ähnlichkeit durch die Interaktion.

Wir können auf dieser Basis Wahrscheinlichkeiten für den Übergang aller Teammitglieder zu hoher Offenheit bzw. hoher Gewissenhaftigkeit berechnen. Damit können wir zwei der oben gestellten Fragen beantworten.

Um die dritte Frage zu beantworten, wie wahrscheinlich ist das Eintreten eines Collective Mind (CM), ist es wieder nötig entsprechende Projektionsoperatoren für Variante 1 und Variante 2 der Verschränkung zu bilden.

Dieser Collective Mind Operator projiziert ausgehend vom vorher berechneten Interaktions-Zustand auf einen Zustand maximaler Verschmelzung der individuellen Zustände zu einem gemeinsamen Bewusstsein.

CM Variante 1: Alle Qubits sind verschränkt. Dies repräsentiert einen Zustand, in dem alle Personen in Bezug auf beide Persönlichkeitsmerkmale vollständig synchronisiert sind.

CM Variante 2: Nur die Offenheits-Qubits sind verschränkt. Lediglich die Dimension Offenheit ist verschränkt, während Gewissenhaftigkeit variiert.

Abbildung 5 zeigt die quantenmechanischen Collective Mind Projektionsoperatoren für Variante 1 und 2.

Abbildung 5: Die Collective Mind Operatoren zu Variante 1 und 2

Nun zu den Ergebnissen: Das recht komplexe Python Programm für die Colab Umgebung wurde mit der AI-Assistenz von ChatGPT 4o1-preview erstellt. Hierbei wurde die Quantum Toolbox QuTIP [6] für die quantenmechanischen Tensor-Operationen verwendet.

Die modellierten Ergebnisse entsprechen qualitativ meinen Erfahrungen in Teams:

Die Ausbildung von einer Team-Präferenz für eine der Big Five Dimensionen hängt von der Reihenfolge der Interaktionen im Team ab: Je nachdem wer zuerst spricht entwickelt sich eine unterschiedliche Dynamik. Es ist von Vorteil, wenn zuerst Personen mit ähnlichen Präferenzen die Kommunikation starten. Sie unterstützen selbst dann Team-Präferenzen, wenn sie selbst keine Präferenz darin haben.  

Die Wahrscheinlichkeit für eine Team-Präferenz Offenheit ist moderat, also nicht oberhalb von 50%, wenn nur eine Person diese als persönliche Präferenz hat.

Falls die Präferenz Gewissenhaftigkeit in einem Team durch eine Person vorhanden ist, kann es sein, dass sich die Team-Präferenz Offenheit in einem Team überhaupt nicht ausprägt.

Falls die persönliche Präferenz Gewissenhaftigkeit nur einmal (oder auch mehrmals, gemäß meiner Erfahrung) im Team vorhanden ist, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich keine Team-Präferenz Gewissenhaftigkeit ausbildet.

Abbildung 6 zeigt ein Beispiel für ein Szenario, in dem ich die weiter oben angegebenen persönlichen Präferenzen der Teammitglieder für Szenario 4 verändert habe: Die Präferenz Offenheit bleibt wie oben angegeben, jedoch setze ich die Präferenz Gewissenhaftigkeit für alle Teammitglieder auf ‚unbestimmt‘. Das erstaunliche hier ist, dass sich eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine Team-Präferenz Gewissenhaftigkeit ausbildet, obwohl keines der Teammitglieder diese Präferenz hat. In anderen, hier nicht gezeigten Szenarien, führt schon eine persönliche Präferenz Gewissenhaftigkeit immer zu einer sehr geringen Team-Präferenz Gewissenhaftigkeit. Auch dies entspricht meiner Erfahrung.

Abbildung 6: Die Wahrscheinlichkeiten zur Ausbildung der Team-Präferenzen Offenheit und Gewissenhaftigkeit in Abhängigkeit der Interaktionsreihenfolge. Die persönlichen Präferenzen Offenheit von Alice, Bob und Charlie entsprechen den ursprünglich festgesetzten. Die persönlichen Präferenzen Gewissenhaftigkeit für alle drei Personen wurde für dieses Szenario auf unbestimmt gesetzt.

Abbildung 7 zeigt für das Szenario 4 aus Abbildung 6 die Wahrscheinlichkeiten der Ausbildung eines Collective Mind für die Varianten 1 und 2. Die Wahrscheinlichkeit der Ausbildung eines Collective Mind für die Variante 1 (Offenheit und Gewissenhaftigkeit verschränkt) ist deutlich geringer als für Variante 2 (nur Offenheit verschränkt). Die Ausbildung des Collective Mind hängt auch ein wenig von der Interaktionsreihenfolge ab. Jedoch ist diese Abhängigkeit sehr gering: Wenn sich überhaupt ein Collective Mind ausbildet, so hat die Interaktionsreihenfolge kaum noch Einfluss darauf.

Abbildung 7: Die Wahrscheinlichkeiten zur Ausbildung eines Collective Mind für die Varianten 1 (Offenheit und Gewissenhaftigkeit sind verschränkt) und Variante 2 (nur Offenheit ist verschränkt).

Zusammenfassend stelle ich fest:

Der Quantum Cognition Formalismus liefert keine unsinnigen Ergebnisse. Im Gegenteil: Die Ergebnisse decken sich qualitativ mit meinen Erfahrungen. Ich finde die qualitative Interpretation der Ergebnisse erstaunlich nahe an der Praxis: So nahe, dass es schon sehr an Magie grenzt.

Der Nachteil ist, dass der Quantum Cognition Formalismus sehr anspruchsvoll ist. Ohne die AI-Assistenz von ChatGPT4o1-preview wäre es mir nicht möglich gewesen, diese Berechnungen durchzuführen. ChatGPT4o1-preview strauchelte auch einige Male. – Gemeinsam war es jedoch gut möglich dies aufzufangen.

Die Übertragung der Berechnungen auf ein QC Hardware System würde es erlauben, Teamgrößen von 7-10 Teammitgliedern zu modellieren. – Jedoch ist dies ein deutlicher Schritt in Richtung Komplexität, der es aber eventuell wert sein könnte.

[1] Wikipedia (2024a) Quantum Cognition, https://en.wikipedia.org/wiki/Quantum_cognition

[2] Brody D C (2023) Quantum formalism for the dynamics of cognitive psychology, https://www.nature.com/articles/s41598-023-43403-4

[3] Pothos E M und Busemeyer J R (2022) Quantum Cognition, Annual Review of Psychology, https://www.annualreviews.org/content/journals/10.1146/annurev-psych-033020-123501

[4] Wikipedia (2024b) Quantum Mind, https://en.wikipedia.org/wiki/Quantum_mind

[5] Oswald A, Köhler J, Schmitt R (2018) Project Management at the Edge of Chaos, Springer, Heidelberg

[6] QuTIP (2024) QuTIP Quantum Toolbox in Python, https://qutip.org/