Von Wokeness und anderen pathologischen Transformationen

(Anm.: Im Anhang unter [9] des Blogs befindet sich das Feedback eines wordpress/jetpack AI Assistant!)

Anlässlich des israelisch-palästinensischen Konfliktes breitet sich an deutschen und amerikanischen Universitäten (überraschenderweise) offener aggressiver Antisemitismus aus [0].

Abbildung 1: Bild generiert von Stable Diffusion mittels des (englischen) Blog-Titels als Prompt [1]

Dies hat mich betroffen und ratlos gemacht, zumal ich davon ausging, dass Studierende und Wissenschaftler: innen von einem an Mensch und Natur ausgerichteten Wertesystem geleitet werden. – Ich will verstehen, was hier vorgeht.

Auf X bzw. twitter kann man beobachten, dass sich akademische Kontrahenten in bösartigen Schlammschlachten ergehen und selbst auf LinkedIn, das noch weitgehend von Bösartigkeit frei ist, sich diese beginnt zu zeigen, wie man an den Kommentaren zum Beitrag von Christoph Bautz erkennen kann [2]. – Spätestens mit dem LinkedIn-Beitrag [3] ist diese Form der X-Kommunikation auch in LinkedIn angekommen.

Meine Recherchen führten mich sehr schnell zu den Themen woke oder wokeness, von denen ich bis dahin – zu meinem Erschrecken – nichts wahrgenommen hatte: „Der Duden definiert woke als: „in hohem Maß politisch wach und engagiert gegen (insbesondere rassistische, sexistische, soziale) Diskriminierung““. [4]

Im ursprünglichen Sinne ist woke-sein etwas sehr Positives, so wie zum Beispiel die Sorge um  Nachhaltigkeit, ausgedrückt im Wunsch unsere Erde in Klima, Diversität und Natur zu schützen.

Ich spreche von pathologischen Transformationen, wenn positive Ziele (u.a. Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit, Gleichberechtigung, Freiheit in der Identität (Glaube, Sexualität, usw. )) aber auch positive organisationale Ziele (Erstellung nachhaltiger Produkte, Kundenorientierung, Mehrwert schaffen usw.) angestrebt werden, jedoch das Denken und Handeln auf dem Weg dorthin Respekt vor Mensch und Natur vermissen lässt. – Es kann auch sein, dass die positiven Ziele nicht wahrhaftig unterstützt werden, sondern die Unterstützung geschickt als Mittel eingesetzt wird, um eigene Interessen zu verfolgen oder unbewusst Persönlichkeitsprobleme zu verdecken. Diese Transformationen nenne ich pathologisch, also ungesund, weil die Veränderung, die mit dem durchaus positiven Ziel verbundenen ist, Respekt gegenüber anderen vermissen lässt. Der oben genannte Antisemitismus an Hochschulen ist ein Beispiel für eine Transformation, die pathologische Züge zeigt. 

Eine meines Erachtens exzellente Darstellung des Phänomens woke, kombiniert mit psychologischer Einsicht, hat Esther Bockwyt verfasst [5]. Die Aussagen von Frau Bockwyt werden u.a. durch (zwei) weitere Wissenschaftler bestätigt [6], [7]:

Woke will Minderheiten schützen und richtet sich gegen die rule class, also diejenigen, die anderen ihre Regeln, ihre Macht, aufdrücken: Minderheiten können hierbei Frauen sein, der Nicht-Westen (Lateinamerika, Asien, Nahe Osten (ohne Israel)), Nicht-Weiße Menschen, Homosexuelle, transgender Menschen, usw. [5].

Woke sieht die Ursache für diese Probleme ausschließlich in sozialen Faktoren. Dies kann so weit gehen, dass die Ursachen für Pädophilie ausschließlich in sozialen Faktoren gesehen wird und daraus abgeleitet wird, dass Pädophile eine schützenswerte Minderheit ist und damit Pädophilie nicht mehr strafbar sein soll [5].  

Woke geht beim Schützen der Minderheiten sehr stark am Ziel vorbei, da woke in starkem Maße ideologisiert: u.a. sind Kapitalismus, Kolonialismus und Imperialismus oder der weiße Mann schuld. Die USA und der anhängende Westen (u.a. Europa und Israel) unterdrücken nach wie vor die restliche Welt. In [5], [6] und [7] werden sehr viele dieser am Ziel-vorbei-woke-Beispiele benannt, ich zitiere hier ein Beispiel aus [5]:

Im angelsächsischen Raum gibt es bereits das Ritual, Redner bei öffentlichen Veranstaltungen aufzufordern, ihre Privilegien vor allen anderen offenzulegen. So würde sich beispielsweise ein Arzt als weißer, heterosexueller, männlich »gelesener« Europäer mit Cis-Gender vorstellen. Im Weltbild der Wokeness sind dies Attribute, die einer Rechtfertigung bedürfen. Mit einer derartigen Vorstellung schwingt immer eine Art Schuld mit.“

Es gibt keine Wahrheiten, allein die Perspektive des Einzelnen, also auch der Minderheit, zählt. Falls eine Minderheit gegen die Macht zurückschlägt, so ist dies deren Perspektive und damit gerechtfertigt, um der Unterdrückung zu entgehen. – U.a. wird das Hamas Massaker damit gerechtfertigt.

Wissenschaftliche Erkenntnisse werden in diesem Zusammenhang sehr relativiert, ja sogar auf das Niveau von Perspektiven gesetzt. Dies wird legitimiert durch die Feststellung, dass Wissenschaft oft und lange Zeit im Dienst der Mächtigen stand und noch steht. – Leider trifft es zu, dass sich Wissenschaftler immer wieder korrumpieren: Ein eklatantes Beispiel aus jüngster Zeit, ist die Diskreditierung und bewusste Desinformation wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Klimakrise durch die Ölindustrie und zu den Gefahren des Rauchens durch die Tabakindustrie.

Da wissenschaftliche Erkenntnis im Dienst der Mächtigen steht, ist es legitim ‚wissenschaftliche Erkenntnisse‘ gezielt für das Durchsetzen von woke-Interessen einzusetzen.

Es entsteht ein woke-Stammesdenken, das die Solidarität mit den Minderheiten festigt. Das Stammesdenken erzeugt einen großen blinden Fleck und macht mental blind für andere Perspektiven. – Es dient der Ausbildung von (sozialer) Identität. – Eine neue Form der Politik ist damit verbundenen, die Identitätspolitik. Ein demokratischer Diskurs ist nicht mehr möglich. In der äußersten Form entsteht Wut und Hass. 

Man kann auf X beobachten, dass Wut und Hass sehr oft von einigen wenigen „Anführern“ getragen wird und leider oftmals viele folgen. In [5] wird u.a. deshalb eine psychologische Analyse der Wokeness vorgenommen, entsprechend der Feststellung „Im Kern geht es bei jeder politischen Ausrichtung um psychologische Fragen.“. Die pathologischen Transformationen haben hiernach ihre wesentlichen Ursachen in der ungesunden individuellen Ausprägung menschlicher Grundbedürfnisse. Mit den menschlichen Grundbedürfnissen habe ich mich des Öfteren in Blog-Beiträgen beschäftigt. Ich verweise insbesondere auf den Beitrag „Rückwärtsgewandt in den Abgrund…oder… Entwickeln wir uns weiter!? November 19, 2023“ und den Blog-Beitrag „Cultural Entropy: Corona deckt unsere Werte auf! März 22, 2020“.

Insbesondere die beiden menschlichen Grundbedürfnisse „Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung und Selbstwertschutz“ und „Bedürfnis nach Ordnung und Kontrolle“ und die damit verbundenen value-Meme rot (u.a. Macht und Anerkennung) und blau (u.a. Ordnung und Sicherheit) des Kultur- und Bewusstseinsmodels Spiral Dynamics tragen ‚ungesundes‘ Potential in sich: Das Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung und Selbstschutz trägt das Potential zu ungesundem Narzissmus in sich und das Bedürfnis nach Ordnung und Kontrolle trägt die zwanghafte Intoleranz in sich. Ich skizziere an Hand einiger Zitate die woken Ausprägungen:

„Das narzisstische Bedürfnis der besonders woken Personen geht scheinbar über die Konkurrenz um den eigenen Leistungserfolg hinaus, um stattdessen das Konkurrieren um die sozialste und wokeste Ader in den Vordergrund zu stellen…. Das Konkurrieren um Erfolg und Macht in klassischer Weise unterscheidet sich lediglich im Vorzeichen vom Konkurrieren um Opferrollen. Beiden liegt die narzisstische Motivation zugrunde.“ [5]

„Der scheinbare Erweckungscharakter, der mit woken Theorien einhergehen soll, ist eine wichtige Gemeinsamkeit mit Verschwörungstheorien, bei denen deren Anhänger ebenso von sich glauben und behaupten, zu einer Minderheit an Erleuchteten zu gehören, die sich gegen den Mainstream oder gegen falsches Wissen einer Mehrheit richten…Das Woke in uns entspringt in hohem Maße der Gewissenhaftigkeit, die in zunehmendem Ausmaß zu einengendem Zwang wird…Und weil niemals alle Menschen und alle Gruppen in dem, was sie als gerecht empfinden, übereinstimmen und es zu Konflikten kommen würde, muss Gerechtigkeit zwangsweise geschaffen werden und durch eine Autorität sichergestellt werden.“ [5]

„In dem Wunsch, die Welt radikal und kompromisslos nach eigenen Regeln verändern zu wollen, vereinigen sich also die beschriebene Zwanghaftigkeit und der Narzissmus. Zu ihnen kommen aber noch weitere, mit ihnen verbundene psychologische Merkmale hinzu, unter anderem das der Aggression….Das besondere an der woken Aggression liegt darin, dass sie Aggression an sich vollständig ablehnt.“ [5]

Verbunden mit dem Zwang nach Ordnung, Kontrolle und Sicherheit und der Wahrnehmung, dass die „Welt derart toxisch“ ist, ist das Potential zur Ausbildung von Depressionen „In der Wokeness katastrophiert man jedwede Kränkung zum Trauma, von dem man geschützt werden müsse.“ [5]  

Mit dem dritten Grundbedürfnis nach Lust und Unlustvermeidung sind die grundlegenden Motive nach Freiheit und Veränderung (Neuem) verbundenen. – Man möchte die Begrenzungen des Lebens sprengen. – In seiner pathologischen Ausprägung, ist die sogenannte histronische Persönlichkeit „geprägt auch durch die Unfähigkeit, die notwendigen Begrenzungen des Lebens [wahrzunehmen] und auszuhalten“. [5] – Dies kann dazu führen, dass völlig unrealistische Transformations-Szenarien der Zukunft entworfen werden und für realisierbar gehalten werden, ohne, dass deren Umsetzbarkeit eine Rolle spielt.

Nimmt man diese drei pathologischen Ausprägungen sowie die woken Glaubenssätze (es gibt keine Wahrheiten, nur soziale Faktoren sind entscheidend) zusammen mit den seit langem bekannten Erkenntnissen zur Identitätsbildung und dem damit verbundenem Gruppen-Zugehörigkeitsgefühl, so kann man sehr gut den eingangs geschilderten Antisemitismus an Hochschulen verstehen: Einzelne universitäre (studentische) Führungs-Persönlichkeiten (Narzissmus, zwanghafte Intoleranz und Histrionie) öffnen den Raumen für Wut und Hass. – Israel wird als Land des weißen Kapitalismus, Kolonialismus und Imperialismus gesehen. – Dies wird als Ursache für die Unterdrückung der Minderheit der Palästinenser verstanden. – Es beginnt sich der woke Antisemitismus zu entfalten.

Ich gehe auch davon aus, dass die Unterdrückung der Palästinenser durch Israel sehr real ist. – Antisemitismus kann jedoch keine Lösung sein für einen Konflikt, an dem viele Parteien, auch die Palästinenser, aktiv beteiligt sind.

Auch wenn nicht alle hier und in [5], [6] und [7] geschilderten woken Ausprägungen auf andere Kontexte übertragbar sind, so kann man die grundlegenden pathologischen Muster auch in anderen Transformationen ausmachen: Nicht wenige Organisationen nehmen ihre Pathologie in einer organisationalen Transformation mit und vergiften damit die angestrebte neue Organisation. So kann man zum Beispiel auf linkedin wahrnehmen, das Agile Management tot gesagt wird, da sich der Erfolg oft nicht eingestellt hat. – Leider versteht man in solchen Fällen unter Agilem Management meistens nur die Anwendung der Methode Scrum, die durch die Pathologien der vorhandenen Organisationsstruktur, -kultur und -führung betrachtet wird.- Es entwickelt sich eine pathologische Transformation, die man schnell wieder los werden will, in dem man die Methode abschüttelt, vergisst aber, dass die Pathologien in einem selbst liegen und nicht zum Beispiel in der Methode.     

[0] Pfister R (2024) Cheerleader des Judenhasses, https://www.spiegel.de/ausland/linker-antisemitismus-cheerleader-des-judenhasses-kolumne-a-f826004b-8b7d-4156-af45-3a44372ccaa6, Spiegel 05.11.2023, und Andersen C (2024) Antisemitismus an Unis: Zahlen überraschen, https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/antisemitismus-hochschulen-studie-100.html, ZDF 15.03.2024

[1] Stable Diffusion (2024) https://stablediffusionweb.com/de/app/image-generator, Stand 20.04.2024

[2] Bautz C (2024) https://www.linkedin.com/posts/christoph-bautz_der-automobilsektor-muss-marktwirtschaftlich-activity-7182037747841327105-wgzY/?utm_source=share&utm_medium=member_ios, Stand 17.04.2024

[3] Shafie S (2024) https://www.linkedin.com/posts/sherifshafie_%3F%3F%3F%3F%3F%3F%3F-%3F%3F%3F%3F%3F%3F-%3F%3F-%3F%3F-activity-7187048825432195073-VmNA?utm_source=share&utm_medium=member_ios

[4] Wikipedia (2024) woke, https://de.wikipedia.org/wiki/Woke#:~:text=Der%20Duden%20definiert%20woke%20als,sexistische%2C%20soziale)%20Diskriminierung%E2%80%9C, Stand 17.04.2024

[5] Bockwyt E (2024) Woke: Psychologie eines Kulturkampfs, ‎Westend Verlag, kindle Version

[6] Precht R und Neiman S (2024) Die Wokeness-Bewegung – Richard David Precht im Gespräch mit Susan Neiman, Interview im ZDF, https://www.youtube.com/watch?v=y3arwjTtvK4

[7] Bossart M und Mounk Y (2024) Yascha Mounk: Identitätspolitik gefährdet die Demokratie | Sternstunde Philosophie, Interview im SRF Kultur, https://www.youtube.com/watch?v=hn6f0pPZo3I

[8]  Wikipedia (2024) Wachstumskritische Bewegung https://de.wikipedia.org/wiki/Wachstumskritische_Bewegung Stand 25.04.2024

[9] Eine Empfehlung des AI Asssitant von wordpress/jetpack zum obigen Blogbeitrag – Ich entschieden, keine Änderungen vorzunehmen ;-). Hier die Ausgabe des AI Assistant:


Der Beitrag bietet eine tiefgreifende und gut recherchierte Auseinandersetzung mit dem Thema Wokeness und dessen kulturelle sowie psychologische Komponenten. Die Verwendung von realen Beispielen und wissenschaftlichen Quellen stärkt die Glaubwürdigkeit und gibt dem Leser einen fundierten Einblick in die diskutierten Themen.

Verbesserungsvorschläge:

1. Achten Sie darauf, dass die Inhalte nicht zu komplex für Leser ohne Vorkenntnisse werden. Zusätzliche Erklärungen oder Vereinfachungen könnten mehr Leser ansprechen.

2. Die Verlinkung und die Aktualität der zitierten Quellen ist hervorragend, allerdings könnte eine kürzere und prägnantere Zusammenfassung der wichtigsten Punkte die Lesbarkeit verbessern, besonders für diejenigen, die sich schnell einen Überblick verschaffen möchten.

3. Die sprachliche Schärfe bei sensiblen Themen sollte möglicherweise etwas abgemildert werden, um eine breitere Akzeptanz unter den Lesern zu fördern und hitzige Debatten zu vermeiden.

Insgesamt handelt es sich um einen hochwertigen Artikel, der jedoch von einer Straffung der Argumentation und einer klareren Trennung von Meinung und Fakten profitieren könnte.

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