Von der gesellschaftlichen Kernschmelze – Von Autokraten, Demokraten und vom rechts-libertären Sumpf

Dieser Blog ist der fünfte Teil der Blog-Serie ‚Von der gesellschaftlichen Kernschmelze…‘. Wie auch in den vorherigen Beiträgen nutze ich ChatGPT in der Version o4-mini-high, um den Blog-Beitrag in einem hybriden Collective Intelligence Setting zu erstellen. Für die Qualitätssicherung verwende ich die KI-System Claude 3.7 Sonnet und DeepSeek.

Abbildung 0: Bild erzeugt mit Hilfe von ChatGPT, als Prompt wurde der gesamte Blog-Beitrag verwendet.

Den letzten Beitrag habe ich mit dem Hinweis auf den ZDF Beitrag ‚Trump und das Silicon Valley‘ [1] beendet: In diesem Beitrag wird die Rolle rechts-libertärer Milliardäre, wie Peter Thiel, Mark Zuckerberg und Elon Musk, in der Trump’schen Autokratie beleuchtet.

Ein rechter Libertärer glaubt, dass jeglicher Zwang – außer dem Schutz vor Gewalt und Betrug – ungerecht ist, und dass freie Märkte und freiwillige Vereinbarungen alle gesellschaftlichen Probleme lösen können: Rechte Libertäre glauben an einen starken Individualismus, den Minimalstaat, den unbeschränkten freien Markt und die Selbstverantwortung. Die Nobel-Preisträger Milton Friedman und Friedrich A. von Hayek haben diese Form des amerikanischen Rechtsliberalismus ‚wissenschaftlich‘ legitimiert.

In meinem Blog-Beitrag ‚Von Egoshootismus und Liberalismus und anderen pathologischen Transformationen‘ vom August 2024 bin ich intensiver auf das Verständnis von von Hayek’s eingegangen: Ich habe gezeigt, dass sein Verständnis der Selbstorganisation des Marktes rudimentär ist und kein Verständnis der Prinzipien der Selbstorganisation erkennen lässt: Selbstorganisation kann unreguliert, ungewollte und ‚böse‘ Erscheinungsformen haben. – Der Freie Markt ist also kein erstrebenswertes Ziel.

Der Rechtsliberalismus ist im Kern eine anti-autoritäre, pro-Markt-Ideologie. Trotzdem zeigen diverse (amerikanische) Milliardäre ein Verhalten, das dem Faschismus sehr nahe kommt:

Die fundamental-libertäre Ablehnung von Staatsgewalt kann, wenn sie dogmatisch und unreflektiert betrieben wird, in private, quasi-feudale oder gar rassistische Ordnungen abrutschen. Gerade dort, wo Libertäre nicht nur den Staat, sondern auch jede Form von Regulierung strikt verbannen, entsteht ein Vakuum, das von mächtigen Privatinteressen (oder informellen Cliquen) mit rechtsautoritären bis faschistoiden Strukturen ausgefüllt wird.

Peter Thiel, zum Beispiel geht noch weiter als der typische Rechts-Libertäre: Er verbindet libertäre Ideale (wenig Staat, maximale individuelle Freiheit) mit einem starken Glauben an technologischen Fortschritt und – paradoxerweise – zentralisierte Daten- und Kontrollsysteme (siehe das Unternehmen Palantir). „Er sieht Freiheit und Demokratie als „unvereinbar“, verachtet Wettbewerb als „Ideologie für Verlierer“ und plädiert für Monopole als „Motor des Fortschritts“. Staaten seien „überflüssig“, Unternehmen mit „diktatorischer Führung“ effizienter. Seine Ideen dienen als ideologische Legitimation für Tech-Konzerne, die durch Übernahmen oder Verdrängung von Wettbewerbern gezielt auf Marktdominanz hinarbeiten.“ [2] Er unterstützt die Politik von Trump und finanziert außeruniversitäre Bildungsformate, weil er die universitäre Bildung ablehnt; und stellt traditionelle Staats- und Gesellschaftsstrukturen in Frage. Es ist unverkennbar, dass er in Richtung einer elitären autokratischen Regierungsform arbeitet, in der wenige Superreiche die Geschicke der Gesellschaft bestimmen. Ich charakterisiere diese Form des Rechtsliberalismus mit folgenden Eigenschaften: Elitärer ‚Freier‘ Markt in dem große Monopole die Wirtschaft bestimmen, Überbetonung eines sozialdarwinistischen Individualismus, minimaler Staat und einer Dominanz der Privat-Bildung und des Privat-Eigentums, die jegliches erdenkbare Recht der Verwendung ohne Rücksicht auf etwaige schädliche Folgen für Andere einräumt. Für eine weitergehende Auseinandersetzung mit der Gedankenwelt von Peter Thiel verweise ich auf das Dossier von  Daniel-Pascal Zorn [3].

In den vorherigen Blog-Beiträgen habe ich den Übergang Demokratie-Autokratie durch ein ‚Soziales Feld‘ mit neun Dimensionen in einem ODE-Formalismus beschrieben. Die Dimensionen sind: Z = Zukunftsvertrauen, W = WerteKohäsion, B = BedürfnisKohäsion, P = Polarisierung, V = Vertrauensverlust, E = Wirtschaftsprobleme, M = mediale Radikalisierung, Q = Stärke demokratischer Institutionen, I = Ungleichheit. Es ist auch gelungen, einen Kontrollparameter der Selbstorganisation einzuführen: Lambda  bestehend aus Polarisierung, Vertrauensverlust, Wirtschaftsprobleme und medialer Radikalisierung, steuert den Phasenübergang Demokratie-Autokratie.

In diesem Blog-Beitrag führe ich zusätzlich drei stereotype Agenten bzw. Agentengruppen ein, die auf das ‚Soziale Feld‘ einwirken: Autokrat, Demokrat und Rechts-Libertärer. Ich modelliere diese Agenten bzw. Agentengruppen wieder über ein zusätzliches ODE-System. Das ist eher ungewöhnlich, da Agenten ‚mikroskopische‘ Einheiten sind, deren Interaktion emergent ein makroskopisches System ergeben: Agent Based Modeling ist eigentlich die geeignete Modellierungs-Technik, um Emergenz zu modellieren. -Ich vereinfache und nehme an, dass ein makroskopisches zusätzliches Feld durch die Agenten entsteht, das das schon bestehende ‚Soziale Feld‘ verändert: Man stelle sich das ‚Soziale Feld‘ als die Wähler vor und die Agenten sind einzelne Politiker oder homogene Politikergruppen bzw. einzelne rechts-libertäre (Tech-) Eliten.

Die Tabelle 1 zeigt die drei Agenten-Typen mit jeweils vier Persönlichkeitszügen. 

Autokrat

Demokrat

Rechts-Libertärer

MG: Macht- und Geld-Gier

ID: Integrales Denken

EconLib: Freier (elitärer) Markt

R: Rache

Ep: Empathie

IndLib: Individuelle sozialdarwinistische Freiheit

C: Neigung zu Mystik und Verschwörungstheorien

T: Transparenz

GovMin: Minimaler (elitärer) Staat

Wm: Wissenschafts-Abneigung

Wp: Wissenschafts-Neigung

PropRights: Dominanz der ‚Privat-Wissenschaft‘ und des Privat-Eigentums

Tabelle 1: Persönlichkeitszüge (traits) der drei stereotypen Agenten oder Agentengruppen mit den vorangestellten Abkürzungen, die in den ODE’s verwendet werden: Autokrat, Demokrat und Rechts-Libertärer. Die horizontale Zuordnung der Persönlichkeitszüge ist nicht ganz stringent, weist jedoch eine gewisse Verwandtschaft aus. Zum Beispiel: Der ideale Demokrat zeigt Empathie gegenüber Mensch und Natur, wohingegen der Rechts-Libertäre in erster Linie seine Interessen wahrt und der Autokrat dies auch tut und zusätzlich die Vernichtung seiner Feinde verfolgt.

Die Agenten wirken prinzipiell mit zwei verschiedenen Modulationsarten auf das ‚Soziale Feld‘ ein:

  • Sie modulieren die Parameter des ‚Sozialen Feldes‘, u.a. den Kontrollparameter Lambda: Dies entspricht ‚lediglich‘ einer Verstärkung bzw. Schwächung bestehender Dynamiken.
  • Sie modulieren das bestehende ‚Soziale Feld‘ durch explizite zusätzliche ODE-Terme: Dies entspricht einer Veränderung der Dynamiken des ‚Sozialen Feldes‘.

Durch Einführung dieser Modulationsarten ändert sich zwar die Zusammensetzung des Faktors Lambda im Kontrollparameter, jedoch ändert sich dessen Struktur in der zentralen Gleichung zum Übergang Demokratie-Autokratie nicht. – Tests zum Phasenübergang Demokratie-Autokratie stützen diese Aussage, denn der Kontrollparameter behält seine Wirkung.

Beide Modulationsarten kommen in der Praxis vor: Die erste Modulationsart trifft man meistens im Übergang! von der Demokratie zur Autokratie an. – Die Autokraten wollen, um nicht allzu sehr aufzufallen, nur auf der vorhandenen ‚autokratischen Welle der Wähler surfen‘: Sie verstärken lediglich vorhandene Wähler-Bewegungen. Die zweite Modulationsart tritt ein, wenn der Übergang (nahezu) vollzogen ist: Jetzt hat der Autokrat oder die Autokraten die Macht, um keine Rücksicht mehr nehmen zu müssen: Jetzt geben die Autokraten aktiv neue Impulse in das ‚Soziale Feld‘.

Die folgenden fünf Abbildungen verdeutlichen die Wirkung des ‚Sozialen Feldes‘ unter Mitwirkung der drei Agententypen:

Abbildung 1: In diesem Szenario sind keinerlei Agenten ‚eingeschaltet‘. Die Autokratie startet im Szenario ‚Demokratische Transition‘ schon bei einem sehr hohen Wert. Die demokratischen Feldkräfte können die Autokratie noch etwas aufhalten, verlieren schließlich aber.

Abbildung 2: Die Agenten modulieren die Parameter des ‚Sozialen Feldes‘, insbesondere den Kontrollparameter. – Das gibt den demokratischen Feld-Kräften einen deutlichen Vorteil, sie können die Autokratie deutlich reduzieren und im Anstieg lange ausbremsen. (ҡtraits = 0,055, man siehe ggf. hierzu den Anhang ODE System.)

Abbildung 3: Zusätzlich zu den Kräften in Abbildung 2, wird der Autokrat vollständig ‚angeschaltet‘. – Die Demokratie hat kaum noch eine Chance. (Man siehe ggf. den Anhang ODE System: ҡtraits = 0,055, Parameter für Macht- und Geldgier sowie Rache = 0,050, Parameter für Neigung zu Mystik sowie Wissenschaftsabneigung = 0.035, Parameter des Demokraten und des Rechts-Libertären alle auf 0.)

Abbildung 4: Jetzt wird der Demokrat vollständig ‚angeschaltet‘. Sie oder er kann den Übergang etwas aufhalten, die Situation ist etwas besser als in dem vorherigen Szenario, in dem lediglich die demokratischen Kräfte aus dem modulierten ‚Sozialen Feld‘ kommen. (Man siehe ggf. den Anhang ODE System: ҡtraits = 0,055, Parameter für Macht- und Geldgier sowie Rache = 0,050, Parameter für Neigung zu Mystik sowie Wissenschaftsabneigung = 0.035, Integrales Denken und Empathie = 0.050 sowie Transparenz und Wissenschafts-Neigung = 0.035, alle Parameter des Rechts-Libertären auf 0.)

Abbildung 5: Der oder die Rechts-Libertären unterstützen jetzt den Autokraten, die Wirkung des Demokraten wird neutralisiert. (Man siehe ggf. den Anhang ODE System: ҡtraits = 0,055, Parameter für Macht- und Geldgier sowie Rache = 0,050, Parameter für Neigung zu Mystik sowie Wissenschaftsabneigung = 0.035, Integrales Denken und Empathie = 0.050 sowie Transparenz und Wissenschafts-Neigung = 0.035, alle Parameter des Rechts-Libertären auf 0.030.)

Zusammenfassend stelle ich fest: Das ODE-System modelliert qualitativ die aktuelle US-amerikanische Situation recht gut:

Das ‚Soziale Feld‘ ist ohne die Agenten schon stark autokratisch ausgerichtet. – Man siehe die US-amerikanische Situation vor der Wahl. Der Autokrat greift im Wahlkampf diese Stimmung auf. Die Demokratin kann den Übergang zur Autokratie verzögern, jedoch nicht verhindern. Der Übergang vollzieht sich um so schneller und abrupter, als die rechts-libertären Agenten (Tech-Milliardäre) den Autokraten unterstützen. Die Analyse des Phasenübergangs ergibt, dass dieser unter Mitwirkung aller Agenten bei einem höheren Kontrollparameter Lambda auftritt, dafür ist der Übergang aber umso ausgeprägter.

Mir ist bewusst, dass mein Modell ein sogenanntes ‚Toy-Model‘ ist und die Ergebnisse nicht überbewertet werden sollten, jedoch…es modelliert manche Realität erstaunlich gut…

[1] Andersen A, Kleber C (2025) Trump und das Silicon Valley, https://www.zdf.de/play/dokus/zdfzeit-106/trump-und-das-silicon-valley-100, ZDF

[2] Schwaiger T (2025) Wie Tech-Ideologen die Revolution des Krieges herbeisehnen, https://www.derstandard.de/story/3000000271785/wie-tech-ideologen-die-revolution-des-krieges-herbeisehnen# in der derstandard.de

[3] Zorn D-P (2025) Dossier: Peter Thiel – der Vermittler, https://politischeoekonomie.com/dossier-peter-thiel-der-vermittler/?utm_source=firefox-newtab-de-de

Anhang: Vollständiges ODE System 

\frac{dD}{dt} = F_{\mathrm{dem}} -\lambda_{\mathrm{eff}}F_{\mathrm{aut}}+F_{\mathrm{traits,dem}} -F_{\mathrm{traits,aut}} -F_{\mathrm{traits,RL}}

Die Formeln des ‚Sozialen Feldes‘:
F_{\mathrm{dem}} = \alpha_{Z,\mathrm{eff}}Z +\alpha_{W,\mathrm{eff}}W +\alpha_{B,\mathrm{eff}}B +\alpha_{Q,\mathrm{eff}}Q_{s}-\alpha_{I,\mathrm{eff}}I_{s}

\alpha_{Z,\mathrm{eff}} = \alpha_{Z} + \kappa_{\mathrm{trait}}\,ID
\alpha_{W,\mathrm{eff}} = \alpha_{W} + \kappa_{\mathrm{trait}}\,Ep
\alpha_{B,\mathrm{eff}} = \alpha_{B} + \kappa_{\mathrm{trait}}\,(ID + Ep - R)
\alpha_{Q,\mathrm{eff}} = \alpha_{Q} + \kappa_{\mathrm{trait}}\,T
\alpha_{I,\mathrm{eff}} = \alpha_{I} + \kappa_{\mathrm{trait}}\,R

F_{\mathrm{aut}} = \beta_{P}P^{2.0} +\beta_{V}V^{1.2} +\bigl(\beta_{E}+\kappa_{\mathrm{trait}}(W_{p}-W_{m})\bigr)E^{1.0} +\bigl(\beta_{M}+\kappa_{\mathrm{trait}}C\bigr)M^{1.5}

Die Formeln der Persönlichkeitszüge der drei Agententypen:
F_{\mathrm{traits,dem}} = k_{f_{\mathrm{ID}}}ID +k_{f_{\mathrm{Ep}}}Ep +k_{f_{T}}T +k_{f_{Wp}}W_{p}

F_{\mathrm{traits,aut}} = k_{f_{MG}}MG +k_{f_{R}}R +k_{f_{C}}C +k_{f_{Wm}}W_{m}

F_{\mathrm{traits,RL}} = k_{f_{EL}}EconLib +k_{f_{IL}}IndLib +k_{f_{GM}}GovMin +k_{f_{PR}}PR

Der Kontrollparameter:
\lambda_{\mathrm{eff}} = \lambda +\kappa_{\mathrm{trait}}MG +\kappa_{\mathrm{RL}}(EconLib + IndLib + GovMin + PR)

Die ODE’s des Sozialen Feldes:
\frac{dZ}{dt} = \gamma_{1}D-\gamma_{2}E+\alpha_{Mem}\bigl(\mathrm{Mem}-Z\bigr)^{2}
\frac{dW}{dt} = \delta_{1}D-\delta_{2}P-\delta_{3}M
\frac{dB}{dt} = \epsilon_{1}W-\epsilon_{2}E
\frac{dP}{dt} = \zeta_{1}M-\zeta_{2}W
\frac{dV}{dt} = \eta_{1}E-\eta_{2}Z
\frac{dE}{dt} =\theta_{1}A-\theta_{2}B
\frac{dM}{dt} = \iota_{1}P+\iota_{2}A
\frac{dQ}{dt} = q_{1}D-q_{2}A
\frac{dI}{dt} = i_{1}A-i_{2}B
\frac{d\mathrm{Mem}}{dt} = \mu\bigl(D - \mathrm{Mem}\bigr)

Die ODE’s des Autokraten:
\frac{dMG}{dt} = a_{MG}A - b_{MG}MG
\frac{dR}{dt} = a_{R}(A - D) - b_{R}R
\frac{dC}{dt} = a_{C}A - b_{C}C
\frac{dW_{m}}{dt} = a_{W_{m}}C - b_{W_{m}}W_{m}

Die ODE’s des Demokraten:
\frac{dI_{D}}{dt} = a_{I_{D}}D - b_{I_{D}}I_{D}
\frac{dE_{p}}{dt} = a_{E_{p}}D - b_{E_{p}}E_{p}
\frac{dT}{dt} = a_{T}D - b_{T}T
\frac{dW_{p}}{dt} = a_{W_{p}}D - b_{W_{p}}W_{p}

Die ODE’s des Rechts-Libertären:
\frac{dEconLib}{dt}=\alpha_{\rm EconLib}(1-Q_s)+\gamma_{\rm AE}A-\beta_{\rm EconLib}EconLib
\frac{dIndLib}{dt}=\alpha_{\rm IndLib}(D - Z)-\beta_{\rm IndLib}IndLib
\frac{dGovMin}{dt}=\alpha_{\rm GovMin}A-\beta_{\rm GovMin}GovMin
\frac{dPR}{dt}=\alpha_{\rm PropRights}(P - V)-\beta_{\rm PropRights}PR

Erläuterungen zu den Parametern:
\lambda: Kontrollparameter des ‚Sozialen Feldes‘ 
\mu: Memory-Rate (Gedächtnis-Kopplung)
\alpha_{M}: Feedback-Stärke von Mem auf Z
\alpha_{Z}: Zukunftsvertrauen → D
\alpha_{W}: Wertekohäsion → D
\alpha_{B}: Bedürfniskohäsion → D
\alpha_{Q}: Institutionenvertrauen → D
\alpha_{I}: Ungleichheit (negativ) → D
\beta_{P};\beta_{V};\beta_{E};\beta_{M}: Basisskalen für die autokratischen Einflussgrößen P, V, E, M
\kappa_{\mathrm{trait}}: Multiplikative Modulation durch Auto-/Demokrat-Traits
\kappa_{\mathrm{RL}}: Multiplikative Modulation durch Rechts-Libertär-Traits
k_{f_{MG}};k_{f_{R}};k_{f_{C}};k_{f_{Wm}}: Additive Einfluss-Stärken der Autokrat-Traits (Macht- und Geld-Gier, Rache, Mystik, Wiss.abn) auf dD
k_{f_{ID}};k_{f_{Ep}};k_{f_{T}};k_{f_{Wp}}: Additive Einfluss-Stärken der Demokrat-Traits (Int.Denken, Empathie, Transparenz, Wiss.neig) auf dD
k_{f_{EL}};k_{f_{IL}};k_{f_{GM}};k_{f_{PR}}: Additive Einfluss-Stärken der RL-Traits (Wirtschaftsfreiheit, Individuelle Freiheit, Minimalstaat, Dominanz von Privat-Wissenschaft und Privat-Eigentum) auf dD
a_X;b_X: Roh-Wachstums- bzw. Abbauraten für jeden Trait X∈{MG,R,C,Wm,ID,Ep,T,Wp}
q_{r1};q_{r2}: Auf-/Abbauraten für Institutionen Q
i_{s1};i_{s2}: Auf-/Abbauraten für Ungleichheit I
x_{n};y_{m}: Diverse griechische Buchstaben für die Auf-/Abbauraten weiterer Dimensionen des ‚Sozalen Feldes‘
\alpha_{\mathrm{EconLib}};\gamma_{\mathrm{AE}};\beta_{\mathrm{EconLib}}: Wachstum, Autokrat-Kopplung und Abbau von Wirtschaftsfreiheit
\alpha_{\mathrm{IndLib}};\beta_{\mathrm{IndLib}}: Wachstum und Abbau individueller Freiheit
\alpha_{\mathrm{GovMin}};\beta_{\mathrm{GovMin}}: Wachstum und Abbau des Minimalstaats
\alpha_{\mathrm{PropRights}};\beta_{\mathrm{PropRights}}: Wachstum und Abbau von der Dominanz von Privateigentum

Von der gesellschaftlichen Kernschmelze oder vom Phasenübergang Demokratie-Autokratie

Abbildung 0: Abbildung erzeugt mit ChatGPT 4o und dem Titel des Blog-Beitrages als Grundidee.

Dieser Blog ist der dritte Teil der Blog-Serie ‚Von der gesellschaftlichen Kernschmelze…‘. Wie auch in den vorherigen Beiträgen nutze ich ChatGPT, dieses Mal vorwiegend in der Version o4-mini-high, um den Blog-Beitrag in einem hybriden Collective Intelligence Setting zu erstellen. Für die Qualitätssicherung habe ich das KI-System Claude 3.7 Sonnet eingesetzt.

In der wissenschaftlichen Literatur wird der Begriff ‚Übergang Demokratie-Autokratie‘ nicht oft verwendet. Vielmehr finden sich dort des Öfteren die Bezeichnungen ‚Demokratischer Rückschritt‘ und Autokratisierung [1]. Die Bezeichnung ‚Demokratischer Rückschritt‘ wird auch für Vorkommnisse verwendet, die ich im Drift-to-Danger Modell als ‚das Schleifen der Sicherheitsschichten‘ bezeichnet habe.

Der Demokratiegrad (oder Autokratiegrad) eines Staates wird über Demokratieindizes vermessen [2]. Nicht alle Indizes kommen zum gleichen Ergebnis. Ich habe in der nachfolgenden Tabelle drei der bekanntesten Indizes herausgegriffen und für das Jahr 2023 die Länder Schweiz, Deutschland, USA, Ungarn, Polen und Ukraine gemäß ihrer Reihenfolge in den jeweiligen Indizes zusammengestellt.

LänderThe Economist IndexV-Dem Index (repräsentative Demokratie)Demokratiematrix Index
Schweiz854
Deutschland12152
USA292031
Polen417154
Ungarn509997
Ukraine91104100
Tabelle 1: Demokratieindex der Länder Schweiz, Deutschland, USA, Polen, Ungarn, Ukraine gemäß ihrer Reihenfolge im jeweiligen Demokratieindex: The Economist Index [3], V-Dem Index (hier der Teil, der die repräsentative Demokratie misst) [4] und der Demokratiematrix Index der Universität Würzburg [5].

Wie man sehen kann, sind die Schätzungen zum Demokratiegrad teilweise sehr unterschiedlich und damit sehr weit von einer vertrauenswürdigen Schätzung entfernt: Die unterschiedlichen Schätzungen werden von unterschiedlichen Experten vorgenommen, die eine unterschiedliche Wahrnehmung der Realität haben und/oder Modelle verwenden, die die Demokratie recht unterschiedlich beschreiben.

Das spiegelt sich meines Erachtens auch in den (mathematischen) Modellen wieder: So gibt es eine Reihe von Veröffentlichungen [5] – [19], die sich u.a. mit der Segregation von Gruppen beschäftigen und unterschiedliche Faktoren für den Übergang Demokratie-Autokratie angeben. – Keine der Veröffentlichungen hat als Schwerpunkt den Übergang Demokratie-Autokratie. – Diese Veröffentlichungen zeigen, wie die Demokratieindizes, dass es keine integrierte Sicht auf den Übergang Demokratie-Autokratie gibt.

Dies offenbart meines Erachtens ein großes Defizit in der Erkenntnisgewinnung und dem daraus resultierenden Potential für die politische Umsetzbarkeit. – Autokraten wird damit eine weitere Tür geöffnet, um ihre Ziele zu erreichen.

Gemäß den Veröffentlichungen [5] – [19] fasst Tabelle 2 die wichtigsten der Einflussfaktoren für den Übergang Demokratie-Autokratie zusammen und listet mathematische Modelltypen, die für einen solchen oder ähnliche Übergänge verwendet werden (können).

Einflussfaktor/ModelltypSchlüssel­publikation(en)
Wirtschaftlicher StressAcemoglu & Robinson (2006); Boix (2003)
Ökonomische UngleichheitBoix (2003); Acemoglu & Robinson (2006)
Politische PolarisierungIyengar & Westwood (2015)
Mediale Fragmentierung / RadikalisierungGentzkow & Shapiro (2011)
Vertrauensverlust (Institutionen)Putnam (2000); Rothstein & Uslaner (2005)
Soziale Kohäsion / GemeinschaftsbindungPutnam (2000)
Agenten-basierte Meinungsdynamik (Phasenübergänge)Castellano, Fortunato & Loreto (2009). Man überträgt das Ising-Modell auf soziale Netzwerke, wobei „Spins“ für zwei Meinungen (z. B. demokratisch vs. autokratisch) stehen und lokale Mehrheitsregeln oder Abstimmungsprozesse die Dynamik treiben. Diese Modelle zeigen  Schwellenwerte und Hysterese-Effekte. Deffuant et al. (2000) Hegselmann & Krause (2002) Hier interagieren Agenten nur, wenn ihre Meinungen (bzw. Einstellungen) nahe genug beieinander liegen. Die Modelle zeigen mehrere Konvergenzphasen und kritische Abstände, jenseits derer sich Gesellschaften in Blasen aufspalten – analog zu Ordnungs- und Kontrollparametern.  
Frühwarnsignale
/ kritisches Slowing-Down
Scheffer et al. (2009); Dakos et al. (2012) betrachten allgemeine Systeme, die abrupt umschlagen (Ökosysteme, Finanzmärkte, Gesellschaft). Sie leiten aus Zeitreihen Kennzahlen wie „Critical Slowing Down“ ab, die wir ansatzweise simulieren.
Mikro-Makro-Verknüpfung (soziale Mechanismen)Hedström & Swedberg (1998)
Regime-Typen und AutoritarismusLevitsky & Way (2010), Galam (2011). Galam hat in einer Reihe von Arbeiten (z. B. “Minority Opinion Spreading” und “Sociophysics: A Physicist’s Modeling of Psycho-political Phenomena”) gezeigt, wie kleine überzeugte Minderheiten Stabilitätsgrenzen („tipping points“) überschreiten können.
Tabelle 2: Übersicht zu Veröffentlichungen mit unterschiedlichen Einflussfaktoren für den Übergang Demokratie-Autokratie sowie zu relevanten mathematischen Modellen.

Das Modell, das ich in meinem ersten Blog-Beitrag dieser Reihe verwendet habe, besitzt einen sehr einfachen Zeitreihen-Algorithmus mit Rückkopplung. Trotzdem konnte ich mit diesem Modell die empirischen Muster gemäß V-Dem des Übergangs Demokratie-Autokratie nachbilden. Ich gehe deshalb davon aus, dass die zentrale Modell-Annahme – der Übergang wird durch die Differenz von demokratischen Kohäsionskräften und autokratischen Stresskräften bestimmt – korrekt ist. Ich behalte also diese Idee bei und wandele das Modell in ein ODE-Modell um. ODE steht für Odinary Differential Equation Modell (Gewöhnliches Differential Gleichungssystem) um.

Zusätzlich nehme ich die in der wissenschaftlichen Literatur genannten weiteren Einflussfaktoren ‚Stärke der demokratischen Institutionen‘ und ‚Ungleichheit‘ auf.

Das ODE-Modell – man siehe die nachfolgenden Gleichungen – verwendet Großbuchstaben für das Ergebnis und die Einflussfaktoren: D = Demokratie, A = Autokratie, Z = Zukunftsvertrauen, W = WerteKohäsion, B = BedürfnisKohäsion, P = Polarisierung, V = Vertrauensverlust, E = Wirtschaftsprobleme, M = mediale Radikalisierung, Q = Stärke demokratischer Institutionen, I = Ungleichheit. Mmem ist ein Faktor, der der demokratischen Gesellschaft ein Gedächtnis gibt. In unserem Fall sorgt er dafür, dass das Zukunftsvertrauen langsamer abgebaut wird. Die zu den Einflussfaktoren gehörenden Parameter sind in kleinen griechischen Buchstaben angegeben: Das ODE-Modell hat damit 10 Einflussfaktoren und 30 Parameter.

 \frac{dD}{dt} = \alpha_{Z}Z + \alpha_{W}W + \alpha_{B}B + \alpha_{Q}Q - \alpha_{I}I - \lambda_{\text{stress}}\Bigl(\beta_{P}P^{2} + \beta_{V}V^{1.2} + \beta_{E}E^{1.0} + \beta_{M}M^{1.5}\Bigr)
A=1 - D

\frac{dZ}{dt} = \gamma_{1}D-\gamma_{2}E+\alpha_{M}\bigl(\mathrm{Mem}-Z\bigr)^{2}
\frac{dW}{dt} = \delta_{1}D-\delta_{2}P-\delta_{3}M
\frac{dB}{dt} = \epsilon_{1}W-\epsilon_{2}E
\frac{dP}{dt} = \zeta_{1}M-\zeta_{2}W
\frac{dV}{dt} = \eta_{1}E-\eta_{2}Z
\frac{dE}{dt} =\theta_{1}A-\theta_{2}B
\frac{dM}{dt} = \iota_{1}P+\iota_{2}A
\frac{dQ}{dt} = q_{1}D-q_{2}A
\frac{dI}{dt} = i_{1}A-i_{2}B
\frac{d\mathrm{Mem}}{dt} = \mu\bigl(D - \mathrm{Mem}\bigr)

Beispielhaft erläutere ich die erste Gleichung für die zeitliche Entwicklung des Demokratieindex, der zwischen 0 und 1 liegt. Zukunftsvertrauen, WerteKohäsion, Bedürfniskohäsion und die Stärke der demokratischen Institutionen beeinflussen die zeitliche Entwicklung der Demokratie positiv, deshalb stehen sie auf der rechten Seite der Gleichung mit positiven Parametern. Ungleichheit, Polarisierung, Vertrauensverlust, Wirtschaftsprobleme und mediale Radikalisierung beeinflussen die Demokratie negativ, deshalb stehen sie auf der rechten Seite mit negativen Parametern. Polarisierung, Vertrauensverlust, Wirtschaftsprobleme und mediale Radikalisierung zusammen bilden einen Kontrollparameter der Selbstorganisation. Deshalb sind sie in einer Klammer mit dem Parameter Lambda (λStress) zusammengefasst. – Damit ist es möglich diese Einflussfaktoren zusammen von 0 bis zu einem Endwert (ich lege 2.5 fest) hochzufahren und ggf. wieder zurückzufahren. Tests haben gezeigt, dass einer dieser Einflussfaktoren alleine nicht als Kontrollparameter verwendet werden kann. Der Kontrollparameter ist der zentrale Parameter, um den Übergang Demokratie-Autokratie einzuleiten. Kontrollparameter sind u.a. die Parameter, mit denen man ein System in verschiedene Phasen oder Regime überführen kann: Ein typischer Kontrollparameter in der Physik ist die Temperatur. Mit den Kontrollparametern Temperatur und Druck kann man einen Eiswürfel verflüssigen und das Wasser verdunsten bzw. verdampfen lassen. Einen ferromagnetischen Werkstoff kann man mittels der Kontrollparameter Temperatur und ‚äußeres magnetisches Feld‘ magnetisieren. Reduziert man diese Kontrollparameter wieder, stellt man fest, dass die Entmagnetisierung nicht auf dem gleichen Pfad verläuft wie die Magnetisierung. Man spricht von dem Ausbilden einer Hysterese. Ich komme weiter unten hierauf wieder zurück.   

Die übrigen Gleichungen des ODE-Modells lassen sich recht einfach ermitteln, indem man jeweils die Einflussfaktoren benennt, die ihrerseits einen Einflussfaktor beeinflussen. Anschließend übersetzt man diese Aussagen in eine mathematische Form. – Tut man dieses für alle Einflussfaktoren erhält man das obige ODE-Modell.

Diverse Tests haben gezeigt, dass die Ergebnisse des ODE-Modells nicht besonders sensitiv auf die Wahl der Parameter reagieren, die die zeitliche Entwicklung der Einflussfaktoren selbst beschreiben. Entscheidend für das zeitliche Verhalten der Demokratie sind die Parameter in der ersten Gleichung und die Wahl der Startwerte für Demokratieindex und Einflussfaktoren.

Tabelle 3 zeigt die Startwerte und Parameter der Einflussfaktoren in der ersten Gleichung für zwei Szenarien ‚Gefährdete Demokratie‘ und ‚Demokratische Transition‘.

 Gefährdete DemokratieDemokratische Transition
 StartwerteParameterStartwerteParameter
Demokratie0.7 0.4 
     
Zukunftsvertrauen0.50.050.60.05
WerteKohäsion0.50.050.60.04
BedürfnisKohäsion0.50.040.60.04
     
Polarisierung0.50.060.50.06
Vertrauensverlust0.50.050.50.05
Wirtschaftsprobleme0.50.050.40.05
Mediale Radikalisierung0.40.040.40.04
     
Institutionelle Qualität0.40.020.30.02
Ungleichheit0.40.030.30.03
Tabelle 3: Startwerte und Parameter der Einflussfaktoren für zwei Szenarien ‚Gefährdete Demokratie‘ und ‚Demokratische Transition‘.

Die nachfolgenden Abbildungen 1 und 3 zeigen die Lösung des ODE für diese Szenarien in einem Zeitfenster von 1-50 (Jahren). Der zeitliche Verlauf der Einflussfaktoren und der Demokratie wurde teilweise einem sogenannten Sigmoid-Clamp unterzogen. Dies stellt sicher, dass alle Funktionen im Wertebereich 0 bis 1 verlaufen.

Die Abbildungen 2 und 4 zeigen Phasenübergangs-Diagramme mit dem Kontrollparameter Lambda (λStress) und dem Ordnungsparameter Autokratie. Der Ordnungsparameter wird hier mit Phi (φ) angegeben. Phi ist der Anstieg des Autokratiewertes in einem Zeitfenster, d.h. für jeden Lambda-Wert wird der Autokratiewert über die Zeit vermessen. Der Autokratiewert nach Erreichen des Endes des Zeitfensters wird in das Phasenübergangs-Diagramm eingetragen: Für A(t_end) beträgt das Zeitfenster 0 bis 50 (Jahre) und für local ΔA beträgt das Zeitfenster 5 (Jahre). Mit dem kleineren Zeitfenster werden zeitlich-lokale Sprünge in dem Autokratiewert sichtbar.

Abbildung 1: Diese Abbildung zeigt das Verhalten der Autokratie (= 1-D), positiver Einflussfaktoren (Pro-D Drivers) und negativer Einflussfaktoren (Pro-A Drivers) für das Szenario ‚Gefährdete Demokratie‘ mit dem Kontrollparameter Lambda =1.

Abbildung 2: Diese Abbildung zeigt den Ordnungsparameter Autokratie für das Szenario ‚Gefährdete Demokratie‘ für verschiedene Zeitfenster: Für A(t_end) beträgt das Zeitfenster 0 bis 50 (Jahre) und für local ΔA beträgt das Zeitfenster 5 (Jahre). Für das lokale Zeitfenster von 5 wurde zusätzlich Lambda rückwärts (down) laufen gelassen. Damit kann man überprüfen, ob sich ein Hysterese-Effekt zeigt. Die Abbildung zeigt keinen Hysterese-Effekt.

Abbildung 3: Sie zeigt das Verhalten der Autokratie (= 1-D), positiver Einflussfaktoren (Pro-D Drivers) und negativer Einflussfaktoren (Pro-A Drivers) für das Szenario ‚Demokratische Transition‘ mit dem Kontrollparameter Lambda =1.

Abbildung 4: Diese Abbildung zeigt den Ordnungsparameter Autokratie für das Szenario ‚Demokratische Transition‘ für verschiedene Zeitfenster: Für A(t_end) beträgt das Zeitfenster 0 bis 50 (Jahre) und für local ΔA beträgt das Zeitfenster 5 (Jahre). Für das lokale Zeitfenster von 5 wurde zusätzlich Lambda rückwärts (down) laufen gelassen. Damit kann man überprüfen, ob sich eine Hysterese-Effekt zeigt. Die Abbildung zeigt keinen Hysterese-Effekt.

Beide Szenarien zeigen einen Phasenübergang 1. Ordnung für den Übergang Demokratie-Autokratie. Phasenübergang 1. Ordnung bedeutet, dass bei einem bestimmten Kontrollparameter sich die Phase bzw. Regime abrupt ändert: Innerhalb eines sehr kurzen Zeitfensters wird aus der Demokratie eine Autokratie. Erstaunlicher Weise setzt für das Szenario ‚Gefährte Demokratie‘ der Übergang sogar bei kleinerem Lambda ein als beim Übergang ‚Demokratische Transition‘. Dafür ist der Übergang bei der ‚Demokratischen Transition‘ deutlich abrupter. In beiden Fällen sehen wir keine Hysterese, was an den gewählten Parametern liegen kann oder daran, dass die Memory-Modellierung des Modells (noch) nicht ausreichend ist.

Was könnte man mit diesem Modell bzw. diesen Erkenntnissen noch anfangen?

Die am Anfang des Blog-Artikels erwähnten Demokratieindizes könnten dazu benutzt werden das vorliegende Modell bzgl. der Einflussfaktoren anzupassen und bzgl. der Parameter zu adjustieren. Damit wäre es möglich, länderspezifische Vorhersagen zum Übergang Demokratie-Autokratie zu erstellen. Als Nebeneffekt wäre es möglich, die Demokratieindizes zu vereinheitlichen und damit ein integriertes Verständnis von Demokratie und dem Übergang Demokratie-Autokratie zu erzeugen. – Sicherlich eine Aufgabe die im Umfang einer Bachelor- oder Masterarbeit entspricht.

[1] Wikipedia (2025a) Demokratischer Rückschritt (Democratic backsliding), https://en.m.wikipedia.org/wiki/Democratic_backsliding#

[2] Wikipedia (2025b) Demokratiemessung, https://de.m.wikipedia.org/wiki/Demokratiemessung

[3] Wikipedia (2025a) Demokratieindex The Economist, https://de.m.wikipedia.org/wiki/Demokratieindex_(The_Economist)

[4] Wikipedia (2025c) Demokratieindizes (V-Dem), https://de.m.wikipedia.org/wiki/Demokratieindizes_(V-Dem)

[4] Wikipedia (2025d) Demokratiematrix, https://www.demokratiematrix.de/ranking, Universität Würzburg

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