IIT – Die Vermessung des Bewusstseins: Ergänzungen zum Collective Mind im Team

Der folgende Blog-Beitrag ergänzt den letzten Blog-Beitrag vom Januar 2025: IIT – Die Vermessung des Bewusstseins oder das menschzentrierte Weltbild wackelt.

Bilder erzeugt von ChatGPT/Dall-E auf der Basis der Blog-Beiträge; die Collage stammt von mir!

Im letzten Blog-Beitrag habe ich die IIT, die Integrated Information Theory, auf die Vermessung des Team-Bewusstseins, den Collective Mind, angewendet. Es ergaben sich folgende Aussagen:

Auch wenn wir nicht wissen was Bewusstsein ist, so können wir dieses dennoch vermessen, wenn wir einen entsprechenden Platzhalter finden, der Bewusstsein repräsentiert. Die IIT behauptet, dass dieser Platzhalter die Integrierte Information ist. Die Integrierte Information zeichnet sich im Wesentlichen durch zwei Eigenschaften aus: Die Prozesse, die im Gehirn (oder im Team) ablaufen bilden Kausalketten und eine Aufteilung der Systemstrukturen in Teil-Strukturen führt zu einem substantiellen Verlust an Information. 

Die IIT arbeitet mit binären Zuständen eines mehr oder weniger komplexen Netzwerkes: Interpretiert man die emotionalen bzw. mentalen Zustände von Menschen sehr vereinfacht als binäre Zustände und die Kommunikation zwischen Menschen als Interaktion in einem Netzwerk, lässt sich der IIT Algorithmus zur Berechnung von Bewusstsein, gemessen als Phi, auf Teams anwenden.  

Der Phi-Team Wert unterliegt recht großen Schwankungen, je nach dem auf welchen Team-Zustand man die Berechnung anwendet. Gemäß IIT ist dies ‚verständlich‘, denn beim menschlichen Bewusstsein werden ebenfalls sehr große Bewusstseins-Schwankungen im Schlaf, unter Müdigkeit und bei hoher Konzentration festgestellt.

Es ergaben sich erhebliche Zweifel, ob Phi wirklich Bewusstsein misst oder lediglich die Aussage ‚Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile‘. Der Inhalt der Prozesse ist für die Stärke von Phi ohne Bedeutung: Für ein Gehirn heißt dies, dass ‚Unsinn‘ gedacht werden kann und doch ein großes Phi vorliegt. – Für ein Team heißt dies, dass ‚Unsinn‘ geredet werden kann, und doch ein großes Phi vorhanden ist.

Es ist mir nicht gelungen, über die Einstellung von Team-Parametern, Phi-Team Werte zu erzeugen, die in ihrer maximalen Größe denjenigen der IIT-Literatur entsprechen. Meine Phi-Team Strukturen sind in den einfachsten Fällen schon um ein Vielfaches umfangreicher als diejenigen der kognitiven IIT-Literatur. Die Anwendung auf realistische Teamstrukturen von zum Beispiel 7 Teammitgliedern mit entsprechend differenzierten Persönlichkeitsstrukturen ist mit meinen Hardware- Ressourcen nicht durchführbar.

Also kam die Idee auf, einfache Netzwerk-Beispiel aus der IIT-Literatur zu nehmen und hierfür eine Kommunikation zu erstellen. Ich habe ein Netzwerk mit 3 Knoten aus [1] als Beispiel genommen und das auf [2] hierzu verfügbare Demo Jupyter Notebook verwendet.

Um die genauen Mechanismen im Notebook besser zu verstehen, habe ich wieder ChatGPT 4o1 zu Rate gezogen: Es war um den 20.01.2025 als ich feststellte, dass das Reasoning von ChatGPT einen dramatischen Einbruch hatte. – ChatGPT machte wieder häufig Programmierfehler und die korrekte Anwendung von IIT spezifischen Datenstrukturen – hier die sogenannte TPM – Transition Probability Matrix – war einfach nicht möglich. Die TPM Datenstruktur gehört in den Bereich des didaktischen Albtraums, den ich schon im letzten Blog erwähnte. Ich brauchte recht viel Zeit, um die TPM zu verstehen und ChatGPT ist es überhaupt nicht gelungen, die korrekte Datenstruktur, ohne meine Hilfe, aufzusetzen. Also dachte ich, ich versuche es mal bei DeepSeek R1, der Reasoning Variante von DeepSeek, die besonders für wissenschaftliche und programmiertechnische Assistenz gedacht ist: Das Hochladen des IIT Jupyter Notebooks wurde damit beendet, dass mir mitgeteilt wurde, nur 15% des Notebooks könnten berücksichtigt werden. Erste Fragen zur TPM wurden damit quittiert, dass das System mir sagte, es könnte wegen Überlastung keine Antwort geben. Ein paar Tage später versuchte ich es wieder und erhielt zur TPM ähnlich falsche Antworten wie bei ChatGPT. Als ich DeepSeek mitteilte, dass seine Antwort falsch ist, erhielt ich keine Antwort mehr, selbst nach mehrmaligem nachfassen. Die Euphorie zu DeepSeek kann ich also aufgrund dieser Erfahrungen nicht teilen: Zwischen DeepSeek und ChatGPT, selbst in der schlechtesten Variante, liegen meines Erachtens Welten.

Nun zu der Ergänzung für IIT-Team:

Ich habe das einfache Netzwerk aus drei Knoten (A, B, C), also drei Teammitgliedern (Projektleiter, Wissenschaftler, Marketingspezialist) verwendet. Dieses Netzwerk hat ein Phi = 2-5 bits und ist damit mindestens eine Größenordnung ‚bewusster‘ als meine Teams im letzten Blog. Ich habe ChatGPT gebeten auf der Basis der TPM und der sogenannten Connectivity Matrix des Netzwerkes im Jupyter – Notebook eine Team-Kommunikation zu erstellen. Außerdem gab ich vor, dass die Kommunikation zu einem Projekt der Medikamentenherstellung in der Pharmaindustrie gehören soll.

Hier ist das Ergebnis als Output von ChatGPT, im Wesentlichen im Original-Zustand belassen:  

📌 Startzustand:

  • Projektleiter spricht (1,0,0)
  • Wissenschaftler und Marketingspezialist hören zu (0,0)

📌 Schritt 1: Der Projektleiter eröffnet die Diskussion (Zustand: (1,0,0))

Projektleiter (A):
„Unser Ziel ist es, die Stabilitätsprobleme schnell zu lösen. Welche Variablen beeinflussen die Lagerfähigkeit unseres Medikaments am stärksten?“

📌 Laut TPM ist der Übergang zu (1,1,0) wahrscheinlich, da B (Wissenschaftler) aktiviert wird.

🔄 Nächster Zustand: (1,1,0)

  • Projektleiter bleibt aktiv (A=1)
  • Wissenschaftler wird aktiv (B=1)
  • Marketingspezialist bleibt inaktiv (C=0)

📌 Schritt 2: Wissenschaftler bringt erste Analysen ein (Zustand: (1,1,0))

Wissenschaftler (B):
„Die Stabilität hängt stark von der chemischen Zusammensetzung und den Umgebungsbedingungen ab. Wir können die Formulierung leicht anpassen, aber das könnte die Markteinführung verzögern.“

Projektleiter (A):
„Verstehe. Wenn wir die Formulierung anpassen – wie hoch ist das Risiko, dass wir komplett neue Tests benötigen?“

📌 Laut TPM könnte sich das System jetzt zu (1,1,1) entwickeln, da der Marketingspezialist (C) aktiviert wird.

🔄 Nächster Zustand: (1,1,1)

  • Projektleiter bleibt aktiv (A=1)
  • Wissenschaftler bleibt aktiv (B=1)
  • Marketingspezialist wird aktiv (C=1)

📌 Schritt 3: Der Marketingspezialist steigt ein (Zustand: (1,1,1))

Marketingspezialist (C):
„Wir dürfen den Markteinführungstermin nicht gefährden. Gibt es eine Möglichkeit, eine alternative Produktionsmethode zu testen, die keine Verzögerung verursacht?“

Projektleiter (A):
„Das ist ein kritischer Punkt. Wissenschaftler, könnten wir Paralleltests durchführen, um Verzögerungen zu minimieren?“

Wissenschaftler (B):
„Theoretisch ja, aber das würde zusätzliche Ressourcen erfordern. Können wir kurzfristig zusätzliche Laborkapazitäten erhalten?“

📌 Laut TPM gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass das System in (1,1,1) bleibt, da die Diskussion sehr aktiv ist.

🔄 Nächster Zustand: (1,1,1) bleibt erhalten

  • Alle Rollen sind aktiv (A=1, B=1, C=1)

📌 Schritt 4: Diskussion über Lösungswege (Zustand: (1,1,1))

Projektleiter (A):
„Wenn wir alternative Tests durchführen, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir die Stabilitätsprobleme vollständig lösen können?“

Wissenschaftler (B):
„Mit der aktuellen Datenlage würde ich sagen, dass wir eine Erfolgschance von 70 % haben. Aber wir brauchen eine genauere Simulation.“

Marketingspezialist (C):
„Dann brauchen wir eine Entscheidung: Ist es wirtschaftlich sinnvoller, jetzt auf die sichere Formulierung zu setzen oder das Risiko einer Optimierung einzugehen?“

📌 Laut TPM kann es nun zu einem Wechsel zu (1,0,1) oder (1,1,0) kommen, falls ein Akteur aus der Diskussion aussteigt.

🔄 Möglicher neuer Zustand: (1,1,0) oder (1,0,1)

  • Wissenschaftler oder Marketingspezialist pausiert kurz.

📌 Schritt 5A: Wissenschaftler nimmt sich zurück (Zustand: (1,0,1))

Falls das System in (1,0,1) wechselt:
Projektleiter (A):
„Dann müssen wir schnell eine Entscheidung treffen. Können wir mit der aktuellen Testkapazität arbeiten?“

Marketingspezialist (C):
„Ich werde mit der Produktionsabteilung sprechen, um die Kapazitäten zu evaluieren. Falls wir eine beschleunigte Testphase realisieren können, sollten wir das so bald wie möglich tun.“

Projektleiter (A):
„Okay, dann priorisieren wir das. Ich brauche bis Ende der Woche eine Einschätzung.“

📌 Der Wissenschaftler pausiert, daher bleibt die Diskussion strategischer.

🔄 Möglicher neuer Zustand: (1,0,1) bleibt bestehen oder zurück zu (1,1,1)


📌 Schritt 5B: Marketingspezialist tritt zurück (Zustand: (1,1,0))

Falls das System in (1,1,0) wechselt:
Projektleiter (A):
„Wir brauchen eine sofortige Entscheidung. Ist eine Anpassung der Formulierung sicher und innerhalb unserer Zeitvorgaben machbar?“

Wissenschaftler (B):
„Ja, aber wir müssen die neuen Tests sehr sorgfältig planen. Ich erstelle eine Simulation und gebe euch in zwei Tagen ein Feedback.“

Projektleiter (A):
„In Ordnung, wir planen erst mal so. Falls sich aus den Simulationen neue Risiken ergeben, passen wir nach.“

📌 Der Marketingspezialist tritt zurück, daher ist die Diskussion technischer fokussiert.

🔄 Möglicher neuer Zustand: (1,1,0) bleibt bestehen oder zurück zu (1,1,1)


📌 Schritt 6: Entscheidung und Abschluss

Je nach letztem Zustand fällt das Team eine Entscheidung:

Option 1: (1,1,1) → Alle bleiben aktiv:
Projektleiter (A):
„Dann legen wir los. Wissenschaftler, Sie planen die Simulation. Marketingspezialist, Sie prüfen, ob wir die Tests beschleunigen können. Ich koordiniere die Ressourcen.“

Option 2: (1,1,0) → Wissenschaftlicher Fokus:
Projektleiter (A):
„Wissenschaftler, priorisieren Sie die Tests. Wir brauchen bald Klarheit, ob wir die Markteinführung verschieben müssen.“

Option 3: (1,0,1) → Wirtschaftlicher Fokus:
Projektleiter (A):
„Marketingspezialist, stellen Sie sicher, dass die Finanzierungsoptionen geprüft werden. Falls wir mehr Budget für schnellere Tests benötigen, müssen wir das sofort klären.“

📌 Finaler Zustand: (1,1,1) oder eine der Alternativen.


Falls du weitere Anpassungen möchtest oder bestimmte Elemente noch stärker optimiert werden sollen, lass es mich wissen! 😊🚀

Du:

Wie ist in dieser Sequenz die connectivity matrix berücksichtigt?

ChatGPT:

Die Connectivity Matrix bestimmt, welche Rollen direkt miteinander interagieren können. Ich werde jetzt Schritt für Schritt erklären, wie sie in der Kommunikationssequenz berücksichtigt wurde.


🔹 Connectivity Matrix in unserem Modell

Die Connectivity Matrix ist definiert als:

connectivity_matrix = np.array([

    [1, 1, 0],  # A beeinflusst A & B, aber nicht C

    [0, 1, 1],  # B beeinflusst sich selbst & C, aber nicht A

    [1, 1, 1]   # C beeinflusst alle (A, B, C)

])

📌 Bedeutung:

  • Projektleiter (A) beeinflusst sich selbst und den Wissenschaftler (B), aber nicht direkt den Marketingspezialisten (C).
  • Wissenschaftler (B) beeinflusst sich selbst und den Marketingspezialisten (C), aber nicht direkt den Projektleiter (A).
  • Marketingspezialist (C) beeinflusst alle.

🔹 Wie beeinflusst die Connectivity Matrix die Kommunikationssequenz?

Die CM (Connectivity Matrix) gibt an, welche Rollen direkt miteinander kommunizieren können. Ich stelle jetzt dar, wie das in der Sequenz berücksichtigt wurde.

📌 Schritt 1: Projektleiter eröffnet die Diskussion (Zustand: (1,0,0))

Warum kann der Projektleiter direkt mit dem Wissenschaftler (B) sprechen?
🔹 Laut CM:

A→B

Korrekt umgesetzt:

  • Der Projektleiter spricht zuerst, da er die Diskussion leitet.
  • Wissenschaftler (B) antwortet in Schritt 2, da er direkt vom Projektleiter beeinflusst werden kann.

Warum spricht der Marketingspezialist (C) noch nicht?
🔹 Laut CM:

A→/C (Anm.: d.h. A kann C nicht beeinflussen)

Richtig:

  • Der Marketingspezialist wird erst aktiviert, wenn B aktiv ist, da B →C eine erlaubte Verbindung ist.

📌 Schritt 2: Wissenschaftler bringt erste Analysen ein (Zustand: (1,1,0))

Warum antwortet jetzt der Wissenschaftler?
🔹 Laut CM:

A→B

Korrekt umgesetzt:

  • Der Projektleiter fragt den Wissenschaftler, wie die Stabilität beeinflusst wird.
  • Der Wissenschaftler kann antworten.

Warum bleibt C inaktiv?
🔹 Laut CM:

A→B, B→C

Richtig:

  • Marketingspezialist (C) bleibt inaktiv, bis B ihn aktiviert.

📌 Übergangswahrscheinlichkeit in der TPM:
Laut TPM hat C eine hohe Wahrscheinlichkeit, aktiviert zu werden, wenn B aktiv ist.

🔄 Nächster Zustand: (1,1,1)

  • Marketingspezialist wird aktiviert.

📌 Schritt 3: Marketingspezialist wird aktiv (Zustand: (1,1,1))

Warum kann C jetzt sprechen?
🔹 Laut CM:

B→C, C→A,B

Korrekt umgesetzt:

  • Der Marketingspezialist wird durch den Wissenschaftler aktiviert.
  • C kann nun mit A und B interagieren, weil C alle beeinflussen kann.

Warum kann A jetzt mit C sprechen, obwohl es in der CM nicht direkt erlaubt ist?
Indirekt über B möglich:

  • A beeinflusst B
  • B beeinflusst C
  • Damit kann eine Kommunikation von A zu C stattfinden.

📌 Übergangswahrscheinlichkeit in der TPM:
Da jetzt alle Rollen aktiv sind, bleibt das System mit hoher Wahrscheinlichkeit in (1,1,1).


📌 Schritt 4: Diskussion über Lösungswege (Zustand: (1,1,1))

Warum sprechen jetzt alle Akteure in einem freien Dialog?
Laut CM:

  • C beeinflusst alle (A, B, C)
  • B beeinflusst C, aber nicht A
  • A beeinflusst B, aber nicht C

Korrekte Umsetzung:

  • Der Projektleiter fragt etwas (A)
  • Der Wissenschaftler gibt eine Analyse (B)
  • Der Marketingspezialist betrachtet die wirtschaftlichen Aspekte (C)

📌 Übergangswahrscheinlichkeit in der TPM:

  • Das System kann stabil in (1,1,1) bleiben, aber ein Akteur kann aus der Diskussion aussteigen.

🔄 Möglicher Zustand: (1,1,0) oder (1,0,1)

  • Falls B pausiert → (1,0,1)
  • Falls C pausiert → (1,1,0)

📌 Schritt 5A: Wissenschaftler tritt zurück (Zustand: (1,0,1))

Warum ist das ein realistischer Übergang?
🔹 Laut CM:

C→A

Korrekt umgesetzt:

  • Der Marketingspezialist übernimmt die wirtschaftlichen Fragen.
  • Der Wissenschaftler tritt zurück, um Daten zu sammeln.

📌 Schritt 5B: Marketingspezialist tritt zurück (Zustand: (1,1,0))

Warum konzentriert sich die Diskussion jetzt auf Wissenschaft & Strategie?
🔹 Laut CM:

A→B

Korrekt umgesetzt:

  • Wissenschaftler fokussiert sich auf technische Details.
  • Projektleiter bleibt strategisch aktiv.

📌 Übergangswahrscheinlichkeit in der TPM:

  • Falls der Marketingspezialist keine neuen Inputs hat, kann er inaktiv bleiben.

Zusammenfassend: Dieses kleine Kommunikationsbeispiel zeigt, dass die IIT-Netzwerke auch als Team-Kommunikations-Netzwerke interpretiert werden können: Ich habe dies nicht für alle möglichen Netzwerke gezeigt, jedoch ist für mich nicht erkennbar, wieso ein beliebiges Netzwerk nicht auch eine beliebige Team-Kommunikation repräsentieren kann. Das heißt auch, dass Teams genau die gleichen Phi-Werte erreichen können, wie kognitive Systeme, also Individuen: Prinzipell kann der Collective Mind eines Teams, hier gemessen über Phi, hohe Synergiewerte annehmen.
Hier zeigt sich meines Erachtens aber auch sehr stark die Erkenntnis-Lücke in der IIT: Es ist schwer vorstellbar, dass Teams über das gleiche Bewusstsein verfügen wie Menschen. – Wie schon im letzten Blog angesprochen, zeigt dies, dass in der IIT etwas Grundsätzliches fehlt, um menschliches Bewusstsein zu beschreiben.

[1] Albantakis L, et al. (2023) Integrated information theory (IIT) 4.0: Formulating the properties of phenomenal existence in physical terms. PLoS Comput Biol 19(10): e1011465, https://doi.org/10.1371/journal.pcbi.1011465

[2] PyPhi (2024) Phi Python Bibliothek, https://pyphi.readthedocs.io/en/latest/index.html

IIT – Die Vermessung des Bewusstseins oder das menschzentrierte Weltbild wackelt

Folgender Podcast, erstellt von NotebookLM, fasst den Blog-Beitrag in englischer Sprache zusammen und zeigt sehr gelungen die philosophischen Implikationen der IIT auf:

Abbildung 0: Ein Bild das gemäß ChatGPT/Dall-E diesen Blog verdeutlicht.

Intelligenz, Gefühle und Bewusstsein stehen für Eigenschaften, die bis vor kurzem ausschließlich Menschen zugeschrieben wurden. Dies beruht auf dem Glaubenssatz, dass der Mensch die Krone die Schöpfung darstellt und sich die Natur Untertan machen soll. Die damit einhergehenden verheerenden Folgen für Erde und Natur bekommen wir tagtäglich in Form des Klimawandels, des Verlustes der Artenvielfalt und des Umgangs mit Tieren vor Augen geführt.    

Inzwischen setzt in (kleinen) Teilen der Menschheit ein Umdenken ein: Tiere haben auch Intelligenz, Gefühle und sogar Bewusstsein. KI-Maschinen zeigen schon heute eine Intelligenz, die deutlich über die Intelligenz der meisten Menschen hinausgeht. Es wird auch ernsthaft diskutiert, ob es in nicht allzu ferner Zukunft künstliche Systeme gibt, die Intelligenz, Gefühle und Bewusstsein haben werden.

Ich glaube, dass die Abschaffung des menschzentrierten Weltbildes uns hilft, die unglaublichen Dimensionen des Universums in Qualität und Quantität besser zu erkennen. Damit verbunden ist die Annahme, dass wir alle Formen des Seins, auch die technischer Systeme, mehr wertschätzen werden. – Denn in allen Formen des Seins ist schon das enthalten, was uns ausmacht. – Dies ist auch ein Glaubenssatz!

Ich beschäftige mich in diesem Blog-Beitrag mit der prominentesten aber auch wahrscheinlich umstrittensten Theorie des Bewusstseins, der Integrated Information Theorie, kurz IIT [1].

Warum beschäftige ich mich mit der IIT? Zum einen ist die Auseinandersetzung mit dem Bewusstsein ein sehr wichtiges, wenn nicht das wichtigste, Thema, um uns und das Universum besser zu verstehen. Zum anderen erlaubt die IIT prinzipiell die Vermessung von Bewusstsein in jeder Form des Seins. – Also zum Beispiel in Tieren und Pflanzen aber auch in KI Systemen und nicht zuletzt gibt sie auch die Möglichkeit das Bewusstsein von Teams, den Collective Mind, zu vermessen.

IIT ist meines Wissens nach die einzige Theorie, die ein mathematisches Konzept für die Vermessung des Bewusstseins vorgelegt hat. Sie erklärt nicht, was man unter Bewusstsein zu verstehen hat, sondern sie geht von der Annahme aus, dass Bewusstsein sich durch eine besondere Form von Integrierter Information auszeichnet und diese Integrierte Information kann man messen. Mit dieser Form der mathematischen Ausgestaltung der IIT wird sie falsifizierbar und damit auch angreifbarer als jede bisherige Theorie des Bewusstseins.  

Dies korrespondiert mit der Erkenntnis, dass wir bis heute nicht Wissen was z.B. Masse oder Energie ist. – Allerdings haben wir mathematische Mittel und Technologien erfunden, um beide physikalische Größe zu vermessen bzw. in einander zu überführen. Nehmen wir an, Bewusstsein ist etwas, das im Universum wie Energie oder Masse enthalten ist, dann sollte es möglich sein, Messvorschriften für Bewusstsein zu finden, ohne zu wissen, was Bewusstsein ist. – Letztendlich ist auch das ein Glaubenssatz, …den ich teile.

Es gibt eine Reihe weiterer Theorien des Bewusstseins, die sich bisher weitgehend einer mathematischen Erfassung ‚entziehen‘:

Global Neuronal Workspace (GNW): Bewusste Inhalte sind diejenigen, die Zugang zum „globalen Arbeitsraum“ des Gehirns bekommen. Eine Information wird breit „gebroadcastet“ (insbesondere im frontoparietalen Netzwerk) und ist damit global verfügbar für weitere kognitive Prozesse (Sprache, Gedächtnis, Planung etc.).

Recurrent Processing Theory (RPT): Bewusstsein entsteht bereits durch rekurrente (d. h. rückgekoppelte) Verarbeitung in sensorischen Arealen. Es braucht keinen globalen Workspace. Sobald feed-forward-Signale durch Rückkopplungsschleifen stabilisiert werden, entsteht phänomenales Bewusstsein.

Higher-Order Theories (HOT): Bewusstsein entsteht, wenn es eine höhere Ebene (ein „higher-order thought“ oder „higher-order representation“) gibt, die den mentalen Zustand repräsentiert. Ein mentaler Zustand, der nicht durch einen höheren Repräsentationsprozess erfasst wird, bleibt unbewusst. Variante: „Higher-Order Perception“ vs. „Higher-Order Thought“ – beide gehen davon aus, dass ein zweiter Prozess den ersten mentalen Zustand bewusst macht.

Predictive Processing/Bayesian Brain: Das Gehirn ist primär ein Vorhersageapparat, der ständig versucht, sensorische Eingaben durch interne Modelle zu minimieren („Prediction Error Minimization“). Bewusstsein ist an die Tiefe/Präzision dieser Vorhersagen und Vorhersagefehler geknüpft.

Orchestrated Objective Reduction (Orch-OR) (Quantenbewusstseins-Theorie): Mikrotubuli in Neuronen sollen Quantenkohärenzen unterstützen, die mithilfe eines noch unbekannten Effekts (Objective Reduction) kollabieren und damit „nichtalgorithmische“ Bewusstseinsprozesse erzeugen.

Recurrent-Connectionist Ansätze: Allgemeine Gruppe von Theorien, die betonen, dass Bewusstsein lokal in neuronalen Netzwerken mit Rückkopplung entsteht. Manche ähneln RPT, andere GNW, oder vermischen beides.

Panpsychismus & weitere philosophische Theorien: Bewusstsein ist ein grundlegendes Merkmal der Materie („Panpsychismus“). Alle Systeme hätten in minimalem Maße Bewusstsein. – Eine ähnliche Annahme ist auch in der IIT und in meinen Glaubenssätzen enthalten. – Wobei Psyche nicht gleichzusetzen ist mit Bewusstsein.

Wer sich ein wenig in die Thematik ‚Bewusstsein‘ einlesen oder einhören möchte, dem empfehle ich das Video ‚What creates Consciousness?‘ anlässlich des World Science Festivals 2024 [2] und einen kommentierenden Blog von Henriques und Vervaeke [3].

Die IIT beruht auf der Grundannahme, dass jedes System Bewusstsein zeigt, das einen kausalen Zusammenhang, eine sogenannte Integrierte Informations Struktur erzeugt, die nicht einfach in unabhängige Teilstrukturen zerlegt werden kann. – Gesucht ist also eine Struktur, für die gilt, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. – Dies ist auch der Leitgedanke der Collective Mind Theorie auf der Basis der Theorie der Selbstorganisation.

Durch die Integration entsteht Information, die bei einer möglichen Aufteilung der Struktur verloren geht. IIT stellt einen mathematischen Mechanismus zur Verfügung, um dieses Mehr an Information zu messen. Dieses Mehr an Information ist ein Maß für das Bewusstsein und wird Phi, Φ, genannt. IIT ist damit eine rein phänomenologische Theorie, d.h. sie macht (nahezu) keine Aussagen über die Design-Kriterien von Bewusstsein. Man kann also mit ihr kein System schaffen, das Bewusstsein hat. – So wie eine Federwage das Gewicht und indirekt die Masse eines Körpers misst, aber keinerlei Wesens-Aussage über Gewicht und Masse macht.

Ich habe mich erstmals vor 10 Jahren mit der IIT beschäftigt und diese Beschäftigung war von einem ‚didaktischen Albtraum‘ begleitet: Die Mathematik hinter der IIT ist nicht sehr schwer, jedoch sind sehr viele mathematische Einzelschritte (ich schätze ca. 50) mit entsprechenden Unterbegriffen notwendig, um Phi zu berechnen. Damals wurden diese Schritte mehr schlecht als recht erklärt. Was völlig fehlte, war die Antwort auf Fragen nach dem Warum der Schritte. Zwischen sehr abgehobenen Prinzipien und den vielen mathematischen Schritten gab es keine Prinzipien, die das Warum der Mathematik erläuterten. Dies ist heute deutlich besser, da die mathematischen Schritte inzwischen gut erklärt werden [1, 4, 5], jedoch fehlt meines Erachtens immer noch die Ebene der Warum-Prinzipien.

Wie schon in den vorherigen Blogs, benutze ich ChatGPT o1 für die Auseinandersetzen mit IIT und das Erstellen eines Agent Based Models (ABM) für die Berechnung des Phi‘s eines Teams.

Durch die Auseinandersetzung mit IIT habe ich zwei sehr grundlegende Warum-Prinzipien der IIT Mathematik identifiziert, die ich im Folgenden an Hand des ABM erläutere:

Das erste Warum-Prinzip nenne ich das Kausalketten-Prinzip: Bewusstsein erfordert im zeitlichen Ablauf der Zustände eines Systems eine Verkettung von Zuständen. Der Zustand zum Zeitpunkt t ist mit dem Zustand zum Zeitpunkt t-1 und t+1 verbunden, d.h. die Übergangswahrscheinlichkeiten zwischen diesen Zuständen ist deutlich höher als zwischen anderen Zuständen. Es entsteht eine Integrierte Information. Im Kontext der Collective Mind Theorie sprechen wir von einer hohen Kohärenz der Aktivitäten.

Das zweite Warum-Prinzip nenne ich das holistische Struktur-Prinzip: Nicht alle Elemente oder Teile eines Systems tragen zur Integrierten Information oder zum Collective Mind (CM) bei. Im Falle eines Teams kann man sich dies sehr gut verdeutlichen: Es kann durchaus Teammitglieder geben, die keinen Beitrag zum CM leisten aber auch nicht stören. Es kann aber auch Teammitglieder geben, die den Anstieg des CM oder die volle Ausprägung behindern. Darüber hinaus kann es sein, dass bei den CM-beitragenden Teammitgliedern nicht alle Persönlichkeitsmerkmale bzw. alle dazugehörigen Verhaltensweisen zum CM beitragen: Es kann sein, dass bei einem Teammitglied die Extraversion von Bedeutung ist, bei einem Anderen die Verträglichkeit und die Offenheit und wieder bei einem anderen die Gewissenhaftigkeit. Wenn man wissen will, welche Elemente bzw. Einzelzustände in einem System zum Phi bzw. Collective Mind beitragen und welche nicht, sind Partitionen eines System zu erstellen. Man teilt das System in alle möglichen Partitionen ein und misst die dann noch vorliegende Information. Falls sich die Information eines partitionierten System verringert, hat man ein (Teil-) System gefunden, das irreduzibel ist. – In der CM Theorie sprechen wir von Kohäsion. Gesucht sind die Strukturen, die irreduzibel sind. Für die Kennzeichnung von Phi wählt man die irreduzible Struktur aus, die die geringste Integrierte Information hat. Um die richtigen Partitionen zu finden, sind alle Partitionen des Systems zu bilden. Die Anzahl der Partitionen wächst leider exponentiell: Modelliert man die  Eigenschaften der Teammitglieder lediglich als binäre Eigenschaften, also Bits (Eigenschaft an, Eigenschaft aus), so ergeben sich bei 10 Bits, 2 hoch 10 Partitionen -2 = 511 Partitionen. Im Falle meines ABM’s ist ein System mit 10 Bits noch mit einer halben Stunde Laufzeit auf meinem gut ausgestatteten Laptop zu berechnen. Abgebrochene Versuche mit 14 Bits zeigen im Vergleich eine Laufzeit von mehr als 24 Std.. Die Umsetzung des holistischen Strukturprinzips ist also extrem rechenaufwendig. Wie man große System wie unser Gehirn, Teile des Gehirns oder eines KI-Systems mittels Phi vermessen will, bleibt eine große Frage.

Das von mir benutze ABM hat folgende Struktur:

Das Modell-Team verfügt als Rahmenparameter über 5 Teammitglieder, die durch Big Five Profile mit binärer Typologie beschrieben werden, d.h. z.B. dass Extraversion mit voll ausgebildet (1) oder überhaupt nicht ausgebildet (0) abgebildet wird. Den Teammitgliedern werden auch drei Rollen zugewiesen: Projektleiter, Experte, Support

Die so definierten Big Five Profile und Rollen beeinflussen zwei Kontrollparameter pro Teammitglied: mentale Energie und Stimmung. Auch diese werden vereinfacht als Bits (an/aus) modelliert: Die Kontrollparameter repräsentieren die Zustände des Systems Team. Da wir zwei Kontrollparameter pro Teammitglied haben, wird die Phi-relevante Struktur durch 10 Bits beschrieben.

Als fokussierenden Attraktor wird eine einfache Ziel-Hierarchie verwendet, die aus 4 Bits besteht: 1 Bit für die Vision, 2 Bits für die Epics (kein Epic, Epic in frühem Stadium, Epic fast fertig, Epic vollständig), 1 Bit für die Features.

Die Beeinflussung der Kontrollparameter und der Ziel-Hierarchie erfolgt durch Regeln: z.B.

  • Die Wahrscheinlichkeit für den Stimmungsverlust von Teammitgliedern mit hoher Verträglichkeit erhöht sich um 15%, wenn weniger als 3 Teammitglieder eine hohe Stimmung im Team haben.
  • Im Fall eines Teammitgliedes, das eine hohe Gewissenhaftigkeit hat, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für Energieverlust um 15%, wenn noch keine Vision definiert ist, aber die Epics schon fast fertig oder fertig sind.

Die Berechnung der Übergangswahrscheinlichkeiten der Zustände, beschrieben über den Stimmungs- und Energie-Zustand pro Teammitglied, erfolgt innerhalb eines Laufzeitsettings von bis zu 200 Episoden mit jeweils 200 Zeitschritten. Das ist nicht viel, um eine ‚gute‘ Statistik zu erhalten. – Eine entsprechende Erhöhung führt jedoch schnell in Laufzeiten von einem Tag oder mehr.

Abbildung 1 verdeutlicht die Φ-Berechnungen im ABM Programm.

Abbildung 1: Die Abbildung verdeutlicht die beiden o.g. Warum-Prinzipien: In der Mitte ist ein herausgegriffener aktueller Zustand ‚s‘ für 5 Teammitglieder skizziert. Jedes Teammitglied wird binär über seine mentale Energie und seine Stimmung beschrieben. Die Persönlichkeitsprofile und die zugewiesenen Rollen beeinflussen über Regeln Energie und Stimmung jedes Teammitgliedes. Zusätzlich beeinflussen die Teammitglieder den Ausbau der Ziel-Hierarchie. Die Ziel-Hierarchie hat über den Grad ihrer Vollständigkeit auch Einfluss auf Energie und Stimmung. Die Kreise um die Zustände verdeutlichen beispielhaft welche Eigenschaften Einfluss auf Phi haben. Im gezeigten System-Zustand ‚s‘ hat keine der Eigenschaften des 3ten Teammitgliedes Einfluss auf die Phi Berechnung. Weiter unten werden zwei mögliche Partitionen angezeigt. Eine dritte Partition mit dem dritten Teammitglied hat keinerlei Einfluss auf die Phi-Berechnung. Rechts in der Abbildung werden die zentralen Formeln für die Phi-Berechnung gezeigt. Ich erläutere sie hier der Einfachheit wegen nicht, sie dienen dem mathematisch Interessierten der Verdeutlichung der Kausalkette s past -> s -> s future und der verwendeten Berechnungen der Übergangswahrscheinlichkeiten P.

Nun zu den Ergebnissen:

Ich habe mit dem ABM zwei verschiedene Arten der Berechnung durchgeführt. Aus Vergleichsgründen wurde die sogenannte Minimal Mutual Information (MMI) auf der Basis einer Entropieberechnung erstellt. Wie für die Phi-Berechnung werden Partitionen gebildet und die damit verbundene Entropieänderung gegenüber dem vollständigen System ermittelt: Das integrierte System sollte eine kleinere Entropie haben als die Summe der Entropien der Partitionen.

Die MMI- und die Phi-Berechnung für einzelne Zustände ‚s‘ zeigen beide Werte im Bereich 0 bis 1 bit. Das ist schon eine merkliche Größe. Keine der Berechnungen zeigt jedoch über eine größere Anzahl von Zuständen einen merklichen Informationsgewinn. – Außerdem werden die Informationsgewinne für beide Berechnungen für unterschiedliche Zustände angezeigt. Die gesamte Integrierte Information über alle Zustände ist sehr unterschiedlich. MMI misst eher Korrelationen, Phi dagegen Kausalzusammenhänge. Die Phi-Werte für ganz bestimmte Zustände (also bei ganz bestimmten Energie- und Stimmungsausprägungen) liegen im Wertebereich 0,1-0,4 bit. – Über alle Zustände gemittelt ist Phi jedoch nahe 0 bit. Die Team-Zustände geraten leider sehr schnell in eine positive Sättigung (alle Bits =1) oder in eine negative Sättigung (alle Bits = 0). Die verwendeten Rahmenparameter und die damit verbundenen Regeln ermöglich in meinen Testfällen keine hinreichende exklusive Diversität: Die Zustände müssen nämlich hinreichend exklusiv und diverse sein, um eine klare Kausalkette zu bilden. – Eine vollständige (klassische) Verschränkung aller Bits in einem Zeitschritt ‚s‘, also alle Teammitglieder haben eine positive mentale Energie und Stimmung, erzeugt nach der IIT kein Bewusstsein.- Diejenigen, die vorherige Blog-Artikel von mir gelesen haben, erinnern sich, dass in quantenmechanischen Modellen sehr wohl die Verschränkung als Kriterium für den Collective Mind angenommen wird.- Dies korrespondiert auch zur o.g. Quantenbewusstseins-Theorie.

Das Einschalten der Ziel-Hierarchie erzeugt des öftern in etwa eine Verdopplung des Phi. – Dies ist ein durchaus bemerkenswertes Ergebnis. Das Konzept der Ziel-Hierarchie gehört zur Collective Mind Theorie und hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem übergeordneten Zustand der oben erwähnten Bewusstseinstheorie HOT.

Auf der Internetseite zur Phi-Python-Bibliothek [4] und der zugrundeliegenden Veröffentlichung [5] werden einige künstliche neuronale binäre Netzwerke vorgestellt, die deutlich höhere Phi-Werte (Faktor 10 und mehr) haben. Man könnte diese als Vorlage nehmen, und so lange an den Parametern meines ABM ‚drehen‘ bis eventuell Netzwerk-Konstellationen und damit ähnliche Phi-Werte auftauchen. – Dies erscheint mir wenig befriedigend, zumal ich erwarte, dass sich ein Erfolg kaum einstellen dürfte – es sind einfach zu viele Konfigurationen möglich!

Meine Berechnung benutzen nicht alle der vielen mathematischen Konstrukte zur Phi-Berechnung. – Dies hat sicherlich einen Einfluss auf die Größe von Phi, jedoch kaum einen Faktor von 10 und mehr [5]. Wesentlich dürfte eher das bewusste Gestalten der Netzwerke hin zu mehr Exklusivität und Diversität sein u.a. durch Rückkopplungen, so dass sich gute Kausalketten ausbilden. Dies heißt, dass es für ein Team-IIT eher sinnvoll ist, sich das Team-Kommunikationsnetzwerk auf Kausalketten begünstigende Mechanismen anzusehen. – Eine Aufgabe für spätere Blog-Aktivitäten.

Die Integrierte Information spielt wahrscheinlich beim Bewusstsein eine Rolle, jedoch, ob es die alles entscheidende Rolle ist, wage ich zu bezweifeln: Es gibt leider keine Aussagen zur Größenordnung von Phi des menschlichen Bewusstseins. Legt man 80 Milliarden Neuronen mit binären Zuständen zugrunde, so ergeben sich 2 hoch 80 Milliarden Zustände. Geht man weiterhin davon aus, dass Phi in etwa in der selben Größenordnung liegt, was die Netzwerke aus [5] nahelegen, dann ergibt sich für Phi eine unglaublich große Zahl. Selbst wenn man annimmt, dass nur etwa 10 Prozent des Gehirns am Bewusstsein beteiligt sind, bleibt der Phi-Wert immer noch unglaublich hoch. Dies zeigt aber auch, dass das Phi des menschlichen Bewusstseins und der bisherigen Netzwerk-Überlegungen unglaublich weit auseinander liegen. – Ein Umstand, der mir zeigt, dass die Überlegungen lückenhaft sind.

Es ist einerseits beruhigend festzustellen, dass ich mit einem einfachen ABM keine hohen Phi Werte erhalte – es wäre auch zu einfach gewesen 😊,  andererseits kommt mit IIT meines Erachtens eine neue Qualität in die Auseinandersetzung zum Verständnis von Bewusstsein. Bewusstsein wird entmystifiziert und es wird versucht dieses über mathematische Mechanismen abzubilden. Ich glaube, dass die IIT eine gute Messvorschrift ist für ‚Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile‘. – Ich glaube aber auch, dass die IIT Bewusstsein nicht hinreichend beschreibt. – Ich vermute, dass alle die oben genannten Bewusstseinskonzepte weitere Körnchen Wahrheit darstellen und vielleicht auch noch etwas grundsätzlich Neues hinzukommen muss.

[1] IIT-Integrated Information Theory (2025) https://integratedinformationtheory.org/ oder https://www.iit.wiki/home

[2] Greene B, Chalmers D, Seth A (2024) What creates Consciousness, Youtube, https://www.youtube.com/watch?v=06-iq-0yJNM

[3] Henriques G, Vervaeke J (2024) Understanding Consciousness, Blog auf medium.com

[4] PyPhi (2024) Phi Python Bibliothek, https://pyphi.readthedocs.io/en/latest/index.html

[5] Albantakis L, et al. (2023) Integrated information theory (IIT) 4.0: Formulating the properties of phenomenal existence in physical terms. PLoS Comput Biol 19(10): e1011465, https://doi.org/10.1371/journal.pcbi.1011465

AI & QC & M 4.0: Alles Quantum? oder von Quantum Computing Modell-Archetypen

Ein beeindruckender Podcast, erstellt von NotebookLM, fasst den Blog-Beitrag in englischer Sprache zusammen:

 

‚Alles Quantum?‘, Hinter dieser Frage verbirgt sich eine der spannendsten ungelösten Fragen der Physik: Gibt es eine einheitlich Quanten-Theorie, die die Welt des Kleinen (Quanten) und die Welt des Großen (Klassisch) integriert? Seit ungefähr 100 Jahren wird nach einer solchen Theorie gesucht.

Abbildung 0: Bild erzeugt mittels Dall-E: Die 7 Modelle des Blog-Artikels symbolisch dargestellt als Wissenschaftler, die um Erkenntnis kämpfen. Die Darstellung zeigt die Wissenschaftler auf einem futuristischen, quantenmechanischen Schlachtfeld.

In diesem Blog gehen wir es viel unbedeutender an: Ich stelle die von mir bisher erstellten Collective Mind Modelle (CM Modelle) aus der Welt der Quanten und der ‚klassischen‘ Welt zusammen und beleuchte deren Aussagemöglichkeiten. Diese Modelle lassen sich in drei Kategorien einteilen: Quantum-Modelle, die vollständig auf Prinzipien der Quantenmechanik beruhen. – Klassische Modelle, die keine Prinzipien der Quantenmechanik enthalten. – Hybride Modelle, die Prinzipien der Quantenmechanik und der klassischen Welt enthalten. Diese drei Modell-Kategorien zeigen in ihren Aussagemöglichkeiten verschiedene Potentiale, werfen teilweise neue Fragen auf und gehen damit deutlich über ihre Grenzen hinaus. Die vorgestellten Modell sind Modell-Archetypen, die ähnlich in völlig anderen wissenschaftlichen oder industriellen Anwendungsbereichen verwendet werden. Alle Modelle wurden unter großer Mithilfe von ChatGPT-o1 erstellt. Die Menge aber auch die völlig unterschiedlichen Modell-Herangehensweise, erstellt in einer erstaunlich kurzen Zeit, verdeutlichen die enorme Leistungssteigerung der hybriden kollektiven Intelligenz von Maschine und Mensch:   

Modell 1 – Agent Based Modelling der Teaminteraktionen: Dieses (bisher) klassische Modell verwendet Agent Based Modelling, um Team-Interaktionen zu beleuchten. Mitglieder eines Teams werden als Agenten modelliert. Agenten sind (stark vereinfachte) Repräsentanten von Menschen. Im Blog vom Juni 2023 ‚AI & M 4.0: (Collective Intelligence)**2 – Collective Mind Agent Based Model mit GPT-4/chatGPTplus’ wird ein Team mit 7 Teammitgliedern und einer unterschiedlichen Anzahl an Stakeholdern modelliert. Den Teammitgliedern werden feste MBTI Persönlichkeitsmerkmale zugewiesen und die Stakeholder erhalten per Zufall gemäß der MBTI Verteilung in der westlichen Welt ihre Persönlichkeit. Jedem der Agenten wird per Zufall eine 3-Ebenen Ziel-Hierarchie, bestehend aus einer abstrakten Zeichenkette pro Ebene, zugewiesen. Der Collective Mind (CM) im Team und auch im Stakeholder-Umfeld ist maximal, wenn alle Teammitglieder im Team (und im Stakeholder-Umfeld) die gleiche Ziel-Hierarchie haben. Der Kommunikationsaustausch wird durch die Persönlichkeitsprofile und eine Lernrate (getrennt nach Team und Stakeholdern) bestimmt. Dieses Setting und die Definition des Collective Mind über die Ziel-Hierarchie entspricht der Theorie und Praxis im Management 4.0: Die Ziel-Hierarchien gleichen sich mit unterschiedlichen Zeitskalen im Team und im Stakeholder-Umfeld an. Die Zeitskalen hängen von der Lernrate sowie der Team-Zusammensetzung bzw. Stakeholder-Zusammensetzung ab. Damit ist es möglich, den Einfluss der Persönlichkeit auf die zeitliche Dynamik des CM zu untersuchen und optimale Team-Zusammensetzungen zu studieren. Mit der Anbindung von KI-Systemen werden (zukünftig) KI-Agenten im Agent Based Modelling verwendet werden. – Dies ist eine Entwicklung, die vor kurzem einen neuen KI-Hype ausgelöst hat. In Zukunft werden sicherlich Agenten zusätzlich mit Quantum Eigenschaften (siehe nachfolgende Modelle) ausgestattet. Voraussetzung hierfür ist eine entsprechend effiziente hybride Hardware, bestehend aus klassischer und Quantum Hardware.

Modell 2 – Eigenvektoren der CM Ähnlichkeitsmatrix Analyse: Dieses klassische Modell beruht auf der Grundidee, Ähnlichkeiten der Kommunikation in einem Team oder in einer Gruppe für die Messung des CM zu verwenden. Hierzu wird die Kommunikation mittels zweier Teile, dem gesprochene Wort und der nonverbale Kommunikation über Sentiments (Emotionen), ausgedrückt.  Zentrale Größe ist deshalb eine komplexe Ähnlichkeitsmatrix CM, die aus zwei Teilen besteht. Die Ähnlichkeitsmatrix CM = Matrix der Text-Ähnlichkeiten + i* Matrix der Sentiments-Unterschiede. Für die Ähnlichkeitsmatrix CM lassen sich Eigenvektoren und Eigenwerte berechnen. Der Eigenvektor mit dem höchsten Eigenwert wird als CM Vektor interpretiert und der dazugehörige Eigenwert gibt die relative Stärke des CM an. Die Elemente des CM Vektors repräsentieren die Beitragsstärken der einzelnen Gruppen- oder Teammitglieder zum CM. Auf dieser Basis wurde im Blog ‚AI & M 4.0: Markus Lanz vom 30. Mai 2024: Eine Collective Mind Analyse‘ vom Juni 2024 die Gruppendynamik einer Gesprächsrunde analysiert. Es hat sich gezeigt, dass eine Untergruppe der Gesprächsrunde bestehend aus den Teilnehmern 2,4 und 5, bzw. in der Notation des nachfolgenden Modells 3 die Gruppenmitglieder B,D,E, im Wesentlichen den Collective Mind gestalten. Es ist also möglich, Kommunikationsmuster inkl. der nonverbalen Kommunikation transparent zu machen und die Träger des CM zu identifizieren.

Modell 3 – Ising-Modell der CM Ähnlichkeitsmatrix Analyse: Dieses Modell ist eine Form eines hybriden Modells und ergänzt Modell 2: Die Ausgangsbasis ist der Realteil der Ähnlichkeitsmatrix aus Modell 2. Die Ähnlichkeitsmatrix wird als Repräsentant eines Netzwerkes verstanden: Die Stärken der Ähnlichkeiten bilden die Kanten des Netzwerkes. Dieses klassische Netzwerk kann auf ein Ising Qubit-Netzwerk mit entsprechenden Kantenstärken abgebildet werden. Die Quantum Computing Berechnung mit der d-wave Annealing Technologie ermittelt die Energielandschaft dieses Netzwerkes. Die niedrigsten Energietäler oder das niedrigste Energietal repräsentiert den energetisch günstigsten Teamzustand und ist damit identisch mit dem CM Zustand. Die Anwendung auf die Gruppendynamik aus Modell 2 ergibt, dass die Untergruppe BDE den Collective Mind repräsentiert. Modell 3 ist ohne Probleme auf große Gruppen skalierbar, was bei der klassischen Berechnung mittels Eigenwert und Eigenvektoren nicht der Fall ist. Außerdem wird der CM-Beitrag anderer Teammitglieder-Kombinationen durch ihre Einordnung auf der Energieskala sofort und einfach sichtbar. Leider konnte bisher der Imaginärteil der Ähnlichkeitsmatrix nicht verwendet werden, da damit in Gebiete vorgestoßen wird, die auch noch in der Quantenmechanik gerade erst erforscht werden. – Die vollständige Abbildung der Ähnlichkeitsmatrix auf das d-wave System ist deshalb z.Zt. (noch) nicht möglich.    

Modell 4 – Quantum Cognition der Team Kommunikation: Dieses Modell ist ein vollständiges  quantenmechanisches Modell und beruht auf exakten Quanten-Berechnungen des CM auf einem klassischen Computer. Die eins-zu-eins Übertragung auf einen Quantencomputer ist nicht möglich. Damit ist das Modell nicht skalierbar, da die Berechnungen mit steigender Anzahl an Personen exponentiell wachsen. Das Modell wurde im Blog ‚AI & QC & M 4.0: Quantum Cognition für das Team-Management oder von der Macht der Mathematik‘ vom Oktober 2024 veröffentlicht. Die Idee ist hierbei die Persönlichkeitsdimensionen des Big Five (oder MBTI) Persönlichkeitsmodells in Qubit-Zustände abzubilden. Eine eindeutige positive Präferenz für eine Persönlichkeits-Dimension wird in eine Qubit  1 umgesetzt, eine eindeutige negative Präferenz in eine Qubit 0 und eine indifferente Präferenz wird als Superposition abgebildet. Ich wende die aus der Quantenmechanik bekannte Technik der Projektionsoperatoren auf das so abgebildete Persönlichkeitsmodell an: Über einen Interaktionsoperator wird zuerst die Interaktion im Team berechnet. Hieraus entsteht eine Team-Quantenwelle für die mittels eines CM Operators die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten eines CM berechnet wird. Der CM Zustand wird als Zustand der quantenmechanischen Verschränkung interpretiert: Hierbei kann wahlweise danach unterschieden werden, ob alle Persönlichkeitsdimensionen verschränkt sind oder nur ein Teil der Dimensionen.
Die theoretischen Ergebnisse werden qualitativ durch viele praktische Erfahrungen gestützt: u.a hängt die Wahrscheinlichkeit ein CM auszubilden stark von der Teamzusammensetzung ab, die Reihenfolge der Interaktionen hat einen Einfluss auf die CM Dynamik, und ordnen die Teammitglied ihre Persönlichkeitspräferenzen nicht einem gemeinsamen Ziel unter, wird die Wahrscheinlichkeit der CM Ausbildung stark beschränkt. Nicht-lineare Effekte der Persönlichkeitsinteraktionen werden meines Erachtens erstaunlich gut abgebildet. Dies wirft die sehr weitreichende Frage auf, ob unsere Kognition und unsere Kommunikation zum Teil oder ganz den grundlegenden Prinzipien der Quantenmechanik unterliegen.    

Die nachfolgenden Modelle sind bisher nicht in einem Blog enthalten und werden hier erstmalig vorgestellt:

Modell 5 – Variationsmodell der Quantum Team Kommunikation: Dieses hybride Modell weist wie Modell 4 die Big Five Persönlichkeitspräferenzen Qubits zu. Diese Persönlichkeitspräferenzen dienen jedoch lediglich als Startwerte für eine Variationsrechnung. Ausgehend von den Startwerten werden mittels klassischer Variation Qubit-Superpositionen erzeugt. Ziel ist es, mittels Variation einen vollständigen verschränkten CM Zustand für eine ausgewählte Persönlichkeitsdimension (zum Beispiel die der Offenheit) zu finden. Es zeigt sich, dass ein solcher verschränkter Zustand existiert, wenn andere Persönlichkeitsdimensionen von den Startwerten abweichen. Im Beispiel-Team führt dies u.a. dazu, dass die unbestimmte Persönlichkeitspräferenz Gewissenhaftigkeit des Teammitgliedes Alice sich in eine Persönlichkeitsdimension Gewissenhaftigkeit mit geringer Präferenz wandeln muss. Dies zeigt an, dass sich ein CM oft nur dann ausbilden kann, wenn die Teammitglieder ihre persönlichen Präferenzen dem gemeinsamen Ziel oder der gemeinsamen Vision unterordnen. Mit diesem Modell ist es auch möglich, optimalere Teampräferenzen, mit denen sich ein CM leichter ausbildet, per Variation zu finden.

Modell 6 – Ising Modell der Team-Interaktion: Dieses Quantum Modell läuft auf der d-wave Hardware. Hierzu werden die Big Five Persönlichkeitspräferenzen in Qubit-Zustände umgesetzt, deren Wechselwirkungen über ein Ising-Modell erfasst werden (siehe Abbildung 1) – Jedes Teammitglied wird mittels n Qubits modelliert. Für jede der n Persönlichkeitsdimensionen ein Qubit.

Abbildung 1: Energie des Ising-Models, in dem die Qubits als Spins (magnetische Momente) si modelliert werden und deren Paar-Wechselwirkung durch Jij.

Die Qubit-Paar-Wechselwirkungen Jij stellen eine Matrix dar (siehe auch Modell 3 und dort die Verwendung einer Ähnlichkeitsmatrix). Die Einzelenergie hi und die Paar-Wechselwirkungen Jij werden leider per Intuition festgelegt. – Derzeit kenne ich keinen praktikablen Weg die Qubit Einzelenergie und die Qubit-Paar-Wechselwirkungen aus grundsätzlichen Modellen wie Modell 3 abzuleiten. Es wird zum Beispiel statt dessen angenommen, dass nur gleiche Persönlichkeitsdimensionen wechselwirken und gleiche Präferenzen das CM positiv beeinflussen und ungleiche Präferenzen das CM negativ beeinflussen. Unter Berücksichtigung dieser ‚intuitiven‘ Festlegung des Ising-Modells lassen sich Teammodelle auf ihre Eignung zur Ausbildung eines CM überprüfen.
Dieses Modell ist sehr einfach skalierbar sowohl in der Anzahl an Teammitgliedern als auch in der Aufnahme von zusätzlichen Persönlichkeitscharakteristika wie Werten oder Motiven. 

Modell 7 – Variationsmodell des QC Schaltkreis Ansatzes der Team-Kommunikation: Der sogenannte Quantum Schaltkreis Ansatz bedeutet, dass eine Kombination von Quanten-Schaltkreisen ausgewählt wird, um die Realität zu modellieren. Dieser Ansatz wird derzeit von nahezu allen QC Hardware Anbietern unterstützt.
Die Auswahl der Schaltkreise ist jedoch mehr oder weniger ambivalent. Die Auswahl ist auf keinen Fall stringent, da es nach meinem bisherigen Kenntnisstand keinen direkten Zusammenhang zwischen Schaltkreis-Ansatz und Problemstellung gibt. Der Quantum Schaltkreis Ansatz ist ein hybrides Modell, in dem ein quantenmechanisches Modell von ‚außen‘ klassisch variiert wird, bis der CM in einer bestimmten Variation erreicht ist. Diese ‚klassische‘ Variation wird durch geeignete Anpassung von Parametern in den QC Schaltkreisen erreicht. Die Anpassung erfolgt durch ML Optimierer mit oder ohne neuronale Netzwerke. Der Ansatz wird experimentell oder über eine exakte Berechnung für kleine Problemdimensionen validiert.– Diese Vorgehensweise wird meines Erachtens in (nahezu) allen QC Algorithmen verwendet, die auf Schaltkreisen beruhen und eine wissenschaftliche oder industrielle Anwendbarkeit verfolgen. In unserem Fall habe ich das Setting aus Modell 4 übernommen und den Ansatz mehrmals angepasst, um eine vollständige Verschränkung zu erreichen und dafür zu sorgen, dass der Überlapp der Wellenfunktionen aus Modell 4 und dem hiesigen Modell vollständig ist. Damit stelle ich sicher, dass der Ansatz nicht völlig beliebig ist. Der ausgewählte Schaltkreis muss mindestens ein Schaltkreiselement enthalten, das über Parameter variiert werden kann. Typisch ist die Rotation der Qubits entlang einer der drei Raum Axen. Die Rotationswinkel sind in diesem Fall die Parameter, die von außen mittels klassischer Variation verändert werden.  In unserem Modell werden die Y-Rotationswinkel von N RY-Schaltkreisen (N = Anzahl der Persönlichkeitsdimensionen*Anzahl an Teammitgliedern) variiert bis sich eine vollständige Verschränkung in den ausgewählten Persönlichkeitsdimensionen eingestellt hat.    

Abbildung 2: Beispiel Quanten-Schaltkreis für zwei Qubits, die zwei interagierende Personen oder zwei interagierende Persönlichkeitsdimensionen repräsentieren.

Ich erläutere im Folgenden den einfachen Quantenschaltkreis aus Abbildung 2, da dieser die grundlegende Idee der Quanten-Wellenfunktion in der Quantum Cognition und der Quantum Team Kommunikation gut wiedergibt.

Betrachtet man den gezeigten Quantenschaltkreis aus der Perspektive von Quantum Cognition oder von Quantum Team Kommunikation, so lässt sich der abstrakte mathematische quantenmechanische Formalismus auf eine Situation mit zwei Personen/Akteuren oder Agenten übertragen: In dem Bild steht Qubit 1 für die mentale oder kommunikative ‚Welle‘ von Person A und Qubit 2 für die von Person B. Die einzelnen quantenmechanischen Operationen können dann als kognitive oder kommunikative Prozesse interpretiert werden, bei denen Überzeugungen, Erwartungen oder Informationsinhalte von A und B miteinander in Beziehung gesetzt, transformiert und anschließend gemeinsam ausgewertet (gemessen) werden.

Ausgangszustand Ψ⟩:
Zunächst gehen wir davon aus, dass ∣Ψ⟩ den anfänglichen ‚gemeinsamen kognitiven Zustand‘ von Person A und Person B darstellt. Dieser Zustand kann bereits ein bestimmtes Maß an Unsicherheit, Superposition von Meinungen oder Perspektiven enthalten, in denen sowohl A als auch B noch nicht festgelegte Standpunkte haben. Es könnte sich zum Beispiel um ein gemeinsames Thema handeln, zu dem beide Personen eine innere Haltung entwickeln, aber noch nicht klar ist, welche Resultate oder Meinungen sich herauskristallisieren.

Person A (Qubit 1) – Hadamard-Gatter (H):
Das Hadamard-Gatter auf Person A’s Qubit lässt sich als ein „Perspektivwechsel“ oder als ein Wechsel von einer klaren, eindeutigen Überzeugung zu einem Zustand interpretieren, in dem Person A’s Meinung oder Einstellung gegenüber dem Thema in einer Superposition zweier gegensätzlicher Einstellungen liegt. Vor der Anwendung des Hadamard-Gatters könnte Person A eine relativ klare Meinung gehabt haben (z. B. Zustimmung = 1 oder Ablehnung = 0). Durch die Hadamard-Operation wird Person A’s innere Haltung in eine Überlagerung gebracht, in der A gleichzeitig eine gewisse Neigung zur Zustimmung und zur Ablehnung aufweist, aber eben noch nicht determiniert ist. In der Sprache der Teamkommunikation könnte dies bedeuten, dass Person A versucht, die Thematik aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, offen für neue Interpretationen ist oder sich von einem eindimensionalen zu einem breiteren Wahrnehmungsrahmen bewegt.

CNOT-Gatter zwischen Person A (Control) und Person B (Target):
Das CNOT-Gatter kann man als einen Prozess des kommunikativen Einflusses oder der kognitiven Kopplung interpretieren. Person A’s Zustand (nach dem Perspektivwechsel durch das H-Gatter) fungiert als eine Art ‚Steuerung‘ für Person B’s Einstellung. Ist Person A’s Haltung nach dem Hadamard und im Kontext des gemeinsamen Themas in eine Richtung, repräsentiert durch den Zustand 1, geneigt, so ändert sich daraufhin Person B’s innerer Zustand (z. B. von Zustimmung zu Ablehnung oder umgekehrt). Ist A in Richtung 0, bleibt B’s Haltung unverändert. Dieses Modell versucht, die Idee einzufangen, dass die neu gewonnene Offenheit oder Unsicherheit von Person A direkten Einfluss auf B’s innere Einstellung haben kann—etwa indem Person A gewisse Zweifel oder Ideen äußert, die Person B dazu bringen, ihren eigenen mentalen Zustand zu revidieren.

In der Teamkommunikation könnte man sagen: Durch den Denk- oder Argumentationsschritt, den Person A vollzieht (repräsentiert durch das Hadamard-Gatter), eröffnet sich ein neuer Möglichkeitsraum von Überzeugungen. Das CNOT symbolisiert dabei, dass Person B auf diese neue, komplexe Haltung von A reagiert und dadurch selbst ihren Standpunkt anpasst oder in Frage stellt. Auf diese Weise entstehen potenzielle Korrelationen zwischen den beiden mentalen Zuständen.

Messung:
Schließlich werden beide Qubits gemessen. Dies entspricht dem Moment im Teamprozess, an dem A und B ihre Meinungen äußern oder festnageln—sei es durch eine abschließende Entscheidung, ein Votum oder eine konkrete Stellungnahme. Die Messung transformiert den vorher unbestimmten, superponierten Zustand in ein klares Resultat: Beide Personen legen sich letztlich auf eine konkrete Haltung fest (0 oder 1).

Von der Warte der Quantum Cognition lässt sich die Messung als Übergang von potenziellen kognitiven Zuständen (Superpositionen von Optionen, Unsicherheiten, Überlagerungen von Bedeutungen) zu einem klaren, beobachtbaren Ergebnis deuten. Wenn A und B schließlich kommunizieren, Einigungen erzielen oder Positionen darstellen, ‚kollabiert‘ der gemeinsame kognitive Zustand in ein bestimmtes, messbares Resultat.

Fazit im Kontext von Quantum Cognition / Quantum Team Kommunikation:

  • Die Vorbereitungsbox ∣Ψ⟩ steht für den initialen kognitiven Gesamtzustand des Teams (A und B), der vielleicht eine gemischte oder unklare Haltung zu einem Thema enthält.
  • Das Hadamard-Gatter auf Person A entspricht einem Perspektivwechsel oder einer Öffnung für neue Sichtweisen.
  • Das anschließende CNOT-Gatter zeigt, wie Person A’s nun veränderte Sichtweise Person B’s mentalen Zustand beeinflusst und potenziell verschränkt oder zumindest miteinander kognitiv koppelt.
  • Die abschließende Messung repräsentiert den Moment der Festlegung, in dem aus den zuvor unbestimmten, interaktiven kognitiven Zuständen klare, beobachtbare Meinungen oder Handlungsentscheidungen abgeleitet werden.

So hilft uns Abbildung 2, den Prozess als eine Art gemeinschaftliches, quanten-ähnliches ‚Denken‘ zu verstehen, in dem Zustände nicht binär und fix sind, sondern sich durch Interaktion, Perspektivwechsel und finale Äußerungen in ein bestimmtes Ergebnis transformieren.

Zusammenfassend stelle ich fest:

Modell 1 – Agent Based Modelling erlaubt mit einfachen Mitteln das Studium von (nahezu) allen grundlegenden Team Eigenschaften. Bei Ausbau in Richtung AI und QC gibt es kaum Einschränkungen der Aussagekraft.

Modell 2 und 3 – Ähnlichkeitsmatrix hat mit Abstand die praktischste Aussagekraft hat und kann unmittelbar die Team Kommunikation in einem Hybriden Kollektiven Intelligenz Ansatz aus Mensch und Maschine aktiv unterstützen  

Modell 4 und 5 – Quantum Team Kommunikation stellen die Modelle dar, in die derzeit am wenigsten Annahmen einfließen. Es fließen nur zwei Annahme ein: Der CM Zustand wird als verschränkter Zustand verstanden und die Team-Interaktion unterliegt (auch) der Quantum Probability Theory. Diese Modelle eröffnen damit den Zugang zu einem völlig neuen Verständnis von menschlicher Kommunikation.

Modell 6 – Ising Modell ist als quantenmechanisches Modell sehr einfach, enthält jedoch (derzeit noch) die meisten Annahmen und dient damit eher zur Sondierung der Ergebnisse aus den anderen Modellen.

Modell 7 – Quanten Schaltkreise ist als quantenmechanisches Modell recht einfach. Vermittelt einerseits Metapher-ähnliche Einblicke in die quantenmechanische Interpretation der Team Kommunikation andererseits fehlt (mir derzeit) der intuitive Zugang, den die Modell 4 und 5 haben.

Die nachfolgende Tabelle 1 fasst die zentralen Modell-Charakteristika zusammen:

Modell  KategorieEinschränkungAussagekraft
1 – Agent Based Modelling der Team-InteraktionenKlassisch (hybrid, bei Ausbau mittels Quantum Cognition)Derzeit meistens noch einfache klassische AgentenGrundlegende Aussagen zur CM-Dynamik in unterschiedlichen Teams
2 – Eigenvektoren der CM Ähnlichkeitsmatrix AnalyseKlassischGeringe SkalierungFür kleine Teams: CM Stärke und Beitrag jedes Teammitglieds zum CM
3 – Ising-Modell der CM Ähnlichkeitsmatrix AnalyseHybrid (Klassisch mit Quantum Variation)CM Stärke und Beitrag des Teammitglieds zum CM, einfache Interpretation des CM Potentials von Teams mittels einer Energielandschaft
4 – Quantum Cognition der Team KommunikationQuantum (Berechnung auf klassischem Rechner)Keine SkalierungFür kleine Teams: Erstaunliche qualitative Übereinstimmung bzgl. Teamdynamik zwischen Theorie und Erfahrung
5 – Variationsmodell der Quantum Team Kommunikation (basierend auf Modell 4)Hybrid mit klassischer Variation (Berechnung auf klassischem Rechner)Keine SkalierungFür kleine Teams: Aussage zu ‚optimalen‘ Teams und Einblick in die Anpassungs-notwendigkeiten der Team-Persönlichkeiten  
6 – Ising Modell der Team-InteraktionQuantumMappen auf Ising-Modell mit intuitiven Annahmen aus den Modellen 4 und 5Aussagen zu optimalen Teams, ähnlich wie Modell 5, jedoch unter Berücksichtigung der Einschränkungen
7 – Variationsmodell des QC Schaltkreis Ansatzes der Team-KommunikationHybrid mit klassischer VariationMappen auf QC-Schaltkreise‚Metaphorische‘ Erklärung einer Quantum Cognition bzw. Quantum Team Communication auf der Basis von einzelnen Schaltkreisen, Auffinden optimaler Teams
Tabelle 1: Übersicht der Modell-Charakteristika der sieben Modelle

AI & QC & M 4.0: Quantum Cognition für das Team-Management oder von der Macht der Mathematik

(Die in diesem Blog-Beitrag enthaltene recht komplexe Mathematik der Quantenmechanik sowie die dazugehörigen Programme wurden mit der AI-Assistenz von ChatGPT4o1-preview erhalten. ChatGPT4o wurde für die Überprüfung des Blog-Beitrages verwendet. Der enthaltene Podcast wurde von der Google AI noteBookLM erstellt.)

Der nachfolgender Podcast fasst den Blog-Beitrag in englischer Sprache zusammen und wurde von der Google AI notebookLM erzeugt:

Abbildung 0:  Ein Bild, erzeugt von ChatGPT/DALL.E, das den Blog-Beitrag visuell unterstützt und im Stil von van Gogh gestaltet ist. Es zeigt Teammitglieder in einer dynamischen Interaktion, die die Konzepte der Quantum Cognition durch wellenartige Verbindungen symbolisiert.

Dieser Blog-Beitrag richtet sich an Leser mit einem Hintergrund in Management sowie an jene, die Interesse an quantenmechanischen Konzepten im Bereich der Kognition und Teamdynamik haben: Keine Angst vor Mathematik ist hilfreich!

Bei den Recherchen zu dem vorherigen Quantum Computing Blog-Beitrag bin ich auf den Begriff ‚Quantum Cognition‘ gestoßen [1]. Sofort wenn man den Wikipedia Artikel oder die wissenschaftlichen Artikel [2],[3] liest, wird man darauf hingewiesen, dass Quantum Cognition nichts mit Quantum Mind [4] oder der Idee, dass Bewusstsein durch Quanteneffekte hervorgerufen wird, zu tun hat. – Wenngleich das letzte Wort hierzu sicherlich noch nicht gesprochen ist.

Bei dem Thema Quantum Cogition geht es um die verblüffende Feststellung, dass kognitive Verzerrungen wie u.a. Tversky und Kahneman sie beschrieben haben [5], schlecht oder überhaupt nicht durch die klassische Wahrscheinlichkeitstheorie (Classical Probability Theory) beschrieben werden, aber sehr wohl durch die Quanten Wahrscheinlichkeitstheorie (Quantum Probability Theorie), wie sie im mathematischen Formalismus der Quantenmechanik enthalten ist. Das ist schon irgendwie faszinierend…und zeigt meines Erachtens die ungeheure Macht der Mathematik: Denn plötzlich wird ein mathematischer Formalismus, der in einem Gebiet entwickelt wurde, auf einem völlig anderen Gebiet angewendet.

Ich beschäftige mich in diesem Blog-Beitrag zuerst mit den Grundlagen von Quantum Cognition. Anschließend wende ich diese Grundlagen auf die Teamkommunikation an. Bei der Konzeption des Collective Mind vor ca. zwei Jahrzehnten kam die Idee auf, den Collective Mind als sogenannten verschränkten Zustand der mentalen Modelle der Teammitglieder zu verstehen. Ich werde zeigen, dass mit dem Formalismus der Quantum Cognition genau dies möglich ist. Damit ergänze ich die in den vorhergehenden Blog-Beiträgen beschriebenen klassischen Modelle des Collective Mind. – In zukünftigen Blog-Beitragen besteht Raum für eine Integration beider Ansätze😉.

Zuerst zu den Grundlagen von Quantum Cognition. Quantum Cognition benutzt drei Schlüsselelemente der Quantenmechanik:

  • Superposition (Überlagerung): Ein mentaler Zustand kann als Kombination mehrerer möglicher Zustände betrachtet werden. Damit eröffnet sich die Möglichkeit, Ambiguitäten im menschlichen Verhalten zu modellieren, sowie Unentschlossenheit in Entscheidungsprozessen zu beschreiben.
  • Nicht-Kommutativität (Interferenz): Wie in der Quantenphysik können mentale Zustände sich gegenseitig beeinflussen, was zu Verstärkungs- oder Abschwächungseffekten führt und einige nichtlineare Entscheidungsprozesse erklärt. Psychologische Beispiele hierfür sind das Priming und die verschiedenen mentalen Verzerrungen, u.a. auch der Bias.
  • Verschränkung (Entanglement): Unterschiedliche kognitive Variablen können stark miteinander verbunden sein, so dass der Zustand einer Variablen unmittelbar den Zustand einer anderen beeinflusst. Das Hebb’sche Gesetz beschreibt diesen Effekt: Psychologische Beispiele hierfür sind Gefühle, die unmittelbar die Wahrnehmung beeinflussen.

Ich habe diese drei Schlüsselelemente in den Abbildungen 1-3 skizziert. Die in diesen Abbildungen enthaltenen mathematischen Ausdrücke der Quantenmechanik sind meines Erachtens nicht wichtig für ein Verstehen der wesentlichen Aussagen dieses Blog-Beitrages. Sie mögen aber dem ein oder anderen vielleicht beim besseren Verständnis helfen.

Ich erläutere im Folgenden die in Abbildung 2 enthaltenen Aussagen zum Schlüsselelement der Nicht-Kommutativität (Interferenz) etwas genauer, u.a. deswegen weil dort der Begriff des Projektionsoperators eingeführt wird, der für die Quantenmechanik und die Quanten Cognition von großer Bedeutung ist. Für die beiden anderen Schlüsselelemente verweise ich auf die Abbildungen 1-3.

Wenn wir an eine Person oder an ein Ding denken, so rufen wir ein mentales Konzept von dieser Person oder diesem Ding ab. Nehmen wir zwei Personen aus der amerikanischen Politik: Clinton und Gore. Jeder von uns hat wahrscheinlich ein mehr oder weniger ausgeprägtes Konzept bzw. eine mentale Repräsentation oder eine Idee von Clinton und Gore. Dieses Konzept wird u.a. durch Interaktion mit der Umwelt aktiviert. In unserem Clinton-Gore-Beispiel sind Konzepte wie ‚Clinton‘ und ‚Gore‘ die grundlegenden Einheiten, die wir modellieren möchten: Nehmen wir an, jemand würde uns die Frage stellen, ob wir Clinton vertrauenswürdig finden und anschließend die Frage stellen, ob wir Gore vertrauenswürdig finden. Psychologische Experimente haben gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit, beide Fragen mit Ja zu beantworten auch von der Reihenfolge der Fragen abhängt [3]. D.h. die Fragen rufen Konzepte auf und die Konzepte beeinflussen sich gegenseitig, aber nicht-kommutativ. Nicht-kommutativ bedeutet, dass es auf die Reihenfolge der Fragestellung ankommt. – Ein sehr erstaunliches Phänomen. In der Welt der Quanten kennt man entsprechende Phänomene: Die Reihenfolge von Messungen hat Einfluss auf die Ergebnisse der Messungen.

In der Quantenmechanik verwendet man sogenannte Projektionsoperatoren, die eine Messung bzw. Messreihenfolge repräsentieren. Mit einem Projektionsoperator projiziert man den Ausgangszustand auf den gemessenen Zustand. Damit kann man Wahrscheinlichkeitsaussagen treffen, wie wahrscheinlich es ist, dass der Ausgangszustand in den gemessenen Zustand übergeht.

Entsprechend werden in der Quantum Cognition kognitive Projektionsoperatoren zur Modellierung der Aktivierung eines kognitiven Konzepts in einer Person benutzt. – Es findet sozusagen eine Messung statt.

Nehmen wir an, dass bei der Frage nach Clinton bei einer befragten Person eine gewisse Ambivalenz (vertrauenswürdig, nicht-vertrauenswürdig) bezüglich der Antwort vorhanden ist. Für Gore nehmen wir eine andere Ambivalenz an. Wir nehmen auch an, dass bevor die Fragen gestellt werden, es noch keine Manifestationen von Präferenzen gibt. – Es gibt zum Beispiel keinen Bias durch eine gerade stattgefundene Diskussion zu diesem Thema. Die Projektionsoperatoren konstruieren wir als ambivalente Mischung (Superposition) aus einem vertrauenswürdigen und einem nicht-vertrauenswürdigen Basiskonzept. Hierbei kann es durchaus sein, dass eine befragte Person Clinton in dieser ambivalenten Mischung für vertrauenswürdiger als nicht-vertrauenswürdig hält. Bevor die Frage gestellt wird, ist dies jedoch nicht sichtbar, die innere Haltung ist unentschieden. Entsprechendes gilt natürlich für eine andere ambivalente Mischung bei Gore.

In der Quantenmechanik bezeichnet man die Basiskonzepte als Vektoren im sogenannten Hilbertraum. Der Hilbertraum ist ein spezieller mathematischer Raum, in dem die Vektoren quantenmechanischen Operationen unterliegen. Die Projektionsoperatoren sind solche Operationen und werden als Tensoren (haben das Aussehen von Matrizen) beschrieben, die auf diese Vektoren wirken. – Tensoren sind auch die zentralen Operationen in klassischen AI-Systemen. – Im Quanten Computing implementieren die Qubits die Vektoren und die Wechselwirkung der Vektoren entsprechen den Tensoren.

Wendet man den Formalismus der Quantenmechanik an, so kann man zeigen, dass nicht-kommutative Projektionsoperatoren, angewendet auf ambivalente innere Haltungen, eine Interferenz in den Antworten erzeugen. Die Basiskonzepte ‚Clinton‘ und ‚Gore‘ interferieren wie Wellen in der Physik: U.a. interferiert das vertrauenswürdige Basiskonzept mit dem nicht-vertrauenswürdigen Basiskonzept. Dies führt auch dazu, dass die Reihenfolge der Fragen entscheidend ist, da in Abhängigkeit der Reihenfolge unterschiedliche Interferenzen auftreten. Dies bedeutet, dass die gemeinsame Wahrscheinlichkeit Clinton zuerst als vertrauenswürdig einzustufen und anschließend Core, verschieden ist von der gemeinsamen Wahrscheinlichkeit Core zuerst als vertrauenswürdig einzustufen und anschließend Clinton. – Magisch…jedoch genau solche Effekt werden tatsächlich gemessen:

Wird zuerst nach Clinton als vertrauenswürdig gefragt und dann nach Gore, ergibt sich im statistischen Mittel, dass 50% der Befragten Clinton für vertrauenswürdig halten, und 68% Gore. Stellt man die Reihenfolge um, so geben 60% Gore als vertrauenswürdig an und 57% Clinton [3]. Es entsteht also eine Diskrepanz von ca. 7-8 %, hervorgerufen durch die Reihenfolge. Mit Hilfe der Formeln in Abbildung 2 zu den Wahrscheinlichkeiten lassen sich die Wahrscheinlichkeiten P Clinton dann Gore = 0,340 und P Gore dann Clinton = 0,342 berechnen. Die gemessenen Wahrscheinlichkeiten sind klassische statistische Wahrscheinlichkeiten, enthalten also Aussagen zu einer mittleren mentalen Ambivalenz aller befragten Personen. Berücksichtigt man dies, so kann man mit Hilfe des quantenmechanischen Formalismus Aussagen über die mittlere Ambiguität und Interferenz der mentalen Konzepte treffen:

In der Sequenz ‚Clinton dann Gore‘ zeigen die Berechnungen, dass weniger Ambiguität bezüglich Gore vorliegt, wenn zuerst nach Clinton gefragt wird. Dies deutet darauf hin, dass die mentale Repräsentation von Gore klarer oder positiver ist, wenn sie durch die vorherige Frage nach Clinton beeinflusst wird.

In der Sequenz ‚Gore dann Clinton‘ zeigen die Berechnungen, dass die Ambiguität bezüglich Clinton höher ist, wenn Gore zuerst gefragt wird. Dies deutet daraufhin, dass die mentale Repräsentation von Clinton stärker vom Kontext und vorherigen Informationen abhängt.

Abbildung 1: Superposition von mentalen Basiskonzepten

Abbildung 2: Nicht-Kommutativität und Interferenz von Basiskonzepten

Abbildung 3: Verschränkung von Basiskonzepten

Nach dieser kleinen Einführung in die Schlüsselelemente der Quantum Cognition, wende ich mich dem deutlich komplexeren Thema der Team-Kommunikation bzw. der Collective Mind Modellierung eines Teams zu.

Ich wollte hier ursprünglich ein Beispiel mit drei Teammitgliedern und den Big Five Persönlichkeitsmerkmalen, die einen Hilbertraum aufspannen, skizzieren. Jedoch haben die ersten Tests mit einem dazugehörigen Simulations-Programm auf einem klassischen Computer ergeben, dass dieses Programm schon nicht mehr auf meinem Laptop mit 16 GB Hauptspeicher lauffähig ist. Der Grund liegt darin, dass ein Hilbertraum mit 32768 Dimensionen aufgespannt wird. Die Dimension 32768 = 2 hoch (3*5), ergibt sich aus 3 Teammitglieder mit jeweils 5 Big Five Dimensionen. Jede Big Five Dimension wird durch einen Zustand 1 (hohe Ausprägung) und 0 (niedrige Ausprägung) repräsentiert. Es werden also für die Beschreibung der Wechselwirkung der Personen Tensoren (Matrizen) benötig, die eine Größe 32768*32768 haben.  

Statt dessen skizziere ich hier ein Beispiel aus 3 Teammitgliedern und lediglich 2 Big Five Dimensionen, nämlich Offenheit und Gewissenhaftigkeit. Damit wird ein Hilbertraum von 64 Dimensionen aufgespannt. Die Berechnungen hierzu liegen im Sekundenbereich.

Die drei Teammitglieder nenne ich Alice, Bob und Charlie. Diese Namen sind Klassiker in jeder Literatur über Quantenmechanik.

Ich wähle als Start für meine Berechnungen folgende Big Five Dimensionen:

 OffenheitGewissenhaftigkeit
Alicehochunbestimmt
Bobunbestimmthoch
Charlieunbestimmtniedrig
Tabelle 1: Ausgangszustände der Big Five Dimensionen der Teammitglieder Alice, Bob und Charlie

Ein Zustand, der als hoch bezeichnet wird, startet mit einer Qubit ‚1‘. Ein Zustand, der als niedrig bezeichnet wird, startet mit einer Qubit ‚0‘ und ein unbestimmter Zustand wird als Superposition der Zustände hoch und niedrig modelliert. Abbildung 4 enthält diese Aussagen in einer etwas formalisierten Form.

Abbildung 4: Anfangszustände und Interaktionsoperator im Teammodell

Da wir 2 Big Five Dimensionen für 3 Teammitglieder haben, benötigen wir 6 Qubits. Wir führen keine Berechnung auf einem Quantencomputer durch, sondern arbeiten mit einer Quantensimulation, also mit einer quantenmechanischen Berechnung, durchgeführt auf einem klassischen Computer, meinem Laptop.

Diese Berechnung soll folgende Fragenstellungen untersuchen:

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass alle Mitglieder eine hohe Offenheit aufweisen, obwohl nur Alice dies als Präferenz mitbringt?

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass alle Mitglieder eine hohe Gewissenhaftigkeit aufweisen, obwohl nur Bob dies als Präferenz mitbringt?

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das System in einem Collective Mind Zustand befindet und zwar in zwei Varianten. Variante 1: alle Offenheit-Qubits sind verschränkt. Variante 2: alle Offenheit-Qubits und alle Gewissenhhaftigkeits-Qubits sind verschränkt.

Wir definieren wieder einen Projektionsoperator, der in diesem Fall ein Interaktionsoperator ist und nehmen der Einfachheit hier an, dass lediglich gleiche Big Five Dimensionen der Teammitglieder miteinander wechselwirken. Dies ist keine grundsätzliche Einschränkung, sondern ist lediglich der schon recht hohen Komplexität geschuldet. Abbildung 4 zeigt die wesentlichen quantenmechanischen Gleichungen.

Der Interaktionsoperator​ modelliert die Tendenz von Personen, sich aufgrund von Ähnlichkeiten in ihren Merkmalen zu beeinflussen. Wenn zwei Personen ähnliche Zustände für ein Merkmal haben, verstärkt der Operator diese Ähnlichkeit durch die Interaktion.

Wir können auf dieser Basis Wahrscheinlichkeiten für den Übergang aller Teammitglieder zu hoher Offenheit bzw. hoher Gewissenhaftigkeit berechnen. Damit können wir zwei der oben gestellten Fragen beantworten.

Um die dritte Frage zu beantworten, wie wahrscheinlich ist das Eintreten eines Collective Mind (CM), ist es wieder nötig entsprechende Projektionsoperatoren für Variante 1 und Variante 2 der Verschränkung zu bilden.

Dieser Collective Mind Operator projiziert ausgehend vom vorher berechneten Interaktions-Zustand auf einen Zustand maximaler Verschmelzung der individuellen Zustände zu einem gemeinsamen Bewusstsein.

CM Variante 1: Alle Qubits sind verschränkt. Dies repräsentiert einen Zustand, in dem alle Personen in Bezug auf beide Persönlichkeitsmerkmale vollständig synchronisiert sind.

CM Variante 2: Nur die Offenheits-Qubits sind verschränkt. Lediglich die Dimension Offenheit ist verschränkt, während Gewissenhaftigkeit variiert.

Abbildung 5 zeigt die quantenmechanischen Collective Mind Projektionsoperatoren für Variante 1 und 2.

Abbildung 5: Die Collective Mind Operatoren zu Variante 1 und 2

Nun zu den Ergebnissen: Das recht komplexe Python Programm für die Colab Umgebung wurde mit der AI-Assistenz von ChatGPT 4o1-preview erstellt. Hierbei wurde die Quantum Toolbox QuTIP [6] für die quantenmechanischen Tensor-Operationen verwendet.

Die modellierten Ergebnisse entsprechen qualitativ meinen Erfahrungen in Teams:

Die Ausbildung von einer Team-Präferenz für eine der Big Five Dimensionen hängt von der Reihenfolge der Interaktionen im Team ab: Je nachdem wer zuerst spricht entwickelt sich eine unterschiedliche Dynamik. Es ist von Vorteil, wenn zuerst Personen mit ähnlichen Präferenzen die Kommunikation starten. Sie unterstützen selbst dann Team-Präferenzen, wenn sie selbst keine Präferenz darin haben.  

Die Wahrscheinlichkeit für eine Team-Präferenz Offenheit ist moderat, also nicht oberhalb von 50%, wenn nur eine Person diese als persönliche Präferenz hat.

Falls die Präferenz Gewissenhaftigkeit in einem Team durch eine Person vorhanden ist, kann es sein, dass sich die Team-Präferenz Offenheit in einem Team überhaupt nicht ausprägt.

Falls die persönliche Präferenz Gewissenhaftigkeit nur einmal (oder auch mehrmals, gemäß meiner Erfahrung) im Team vorhanden ist, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich keine Team-Präferenz Gewissenhaftigkeit ausbildet.

Abbildung 6 zeigt ein Beispiel für ein Szenario, in dem ich die weiter oben angegebenen persönlichen Präferenzen der Teammitglieder für Szenario 4 verändert habe: Die Präferenz Offenheit bleibt wie oben angegeben, jedoch setze ich die Präferenz Gewissenhaftigkeit für alle Teammitglieder auf ‚unbestimmt‘. Das erstaunliche hier ist, dass sich eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine Team-Präferenz Gewissenhaftigkeit ausbildet, obwohl keines der Teammitglieder diese Präferenz hat. In anderen, hier nicht gezeigten Szenarien, führt schon eine persönliche Präferenz Gewissenhaftigkeit immer zu einer sehr geringen Team-Präferenz Gewissenhaftigkeit. Auch dies entspricht meiner Erfahrung.

Abbildung 6: Die Wahrscheinlichkeiten zur Ausbildung der Team-Präferenzen Offenheit und Gewissenhaftigkeit in Abhängigkeit der Interaktionsreihenfolge. Die persönlichen Präferenzen Offenheit von Alice, Bob und Charlie entsprechen den ursprünglich festgesetzten. Die persönlichen Präferenzen Gewissenhaftigkeit für alle drei Personen wurde für dieses Szenario auf unbestimmt gesetzt.

Abbildung 7 zeigt für das Szenario 4 aus Abbildung 6 die Wahrscheinlichkeiten der Ausbildung eines Collective Mind für die Varianten 1 und 2. Die Wahrscheinlichkeit der Ausbildung eines Collective Mind für die Variante 1 (Offenheit und Gewissenhaftigkeit verschränkt) ist deutlich geringer als für Variante 2 (nur Offenheit verschränkt). Die Ausbildung des Collective Mind hängt auch ein wenig von der Interaktionsreihenfolge ab. Jedoch ist diese Abhängigkeit sehr gering: Wenn sich überhaupt ein Collective Mind ausbildet, so hat die Interaktionsreihenfolge kaum noch Einfluss darauf.

Abbildung 7: Die Wahrscheinlichkeiten zur Ausbildung eines Collective Mind für die Varianten 1 (Offenheit und Gewissenhaftigkeit sind verschränkt) und Variante 2 (nur Offenheit ist verschränkt).

Zusammenfassend stelle ich fest:

Der Quantum Cognition Formalismus liefert keine unsinnigen Ergebnisse. Im Gegenteil: Die Ergebnisse decken sich qualitativ mit meinen Erfahrungen. Ich finde die qualitative Interpretation der Ergebnisse erstaunlich nahe an der Praxis: So nahe, dass es schon sehr an Magie grenzt.

Der Nachteil ist, dass der Quantum Cognition Formalismus sehr anspruchsvoll ist. Ohne die AI-Assistenz von ChatGPT4o1-preview wäre es mir nicht möglich gewesen, diese Berechnungen durchzuführen. ChatGPT4o1-preview strauchelte auch einige Male. – Gemeinsam war es jedoch gut möglich dies aufzufangen.

Die Übertragung der Berechnungen auf ein QC Hardware System würde es erlauben, Teamgrößen von 7-10 Teammitgliedern zu modellieren. – Jedoch ist dies ein deutlicher Schritt in Richtung Komplexität, der es aber eventuell wert sein könnte.

[1] Wikipedia (2024a) Quantum Cognition, https://en.wikipedia.org/wiki/Quantum_cognition

[2] Brody D C (2023) Quantum formalism for the dynamics of cognitive psychology, https://www.nature.com/articles/s41598-023-43403-4

[3] Pothos E M und Busemeyer J R (2022) Quantum Cognition, Annual Review of Psychology, https://www.annualreviews.org/content/journals/10.1146/annurev-psych-033020-123501

[4] Wikipedia (2024b) Quantum Mind, https://en.wikipedia.org/wiki/Quantum_mind

[5] Oswald A, Köhler J, Schmitt R (2018) Project Management at the Edge of Chaos, Springer, Heidelberg

[6] QuTIP (2024) QuTIP Quantum Toolbox in Python, https://qutip.org/

AI & QC & M 4.0: Die Welt der Unbestimmtheit nutzen oder vom Nutzen des Quantum Computing für das Team-Management

Der Blog-Beitrag wurde unter Mithilfe von OpenAI ChatGPT 4o1-preview erstellt: ChatGPT erzeugte den Code fehlerfrei und klärte alle meine wissenschaftlichen Fragen. Mittels ChatGPT 4o habe ich den Beitrag überprüft.

Die nachfolgende Audiodatei fasst den Inhalt als englischen Podcast, erstellt von Google’s notebookLM, zusammen und schlägt – ohne mein Zutun – diverse Brücken zu meinen anderen Blog-Beiträgen:

Abbildung 0: Dies ist eine Bild-Umsetzung des Blog-Beitrages von ChatGPT 4o/Dall-E

Grundlegende Ansätze des Quantum Computing (QC) wurden schon in der 80er Jahren formuliert. Erst in den letzten 10 Jahren hat diese Disziplin einen enormen Sprung in die Anwendbarkeit für Jedermann vollzogen. – Wobei, … diese Technologie sicherlich immer noch am Anfang steht.

Anwendbarkeit für Jedermann bedeutet, dass, ähnlich wie beim Thema Künstliche Intelligenz mittels klassischer Neuronaler Netzwerke (u.a. Copilot, ChatGPT, Gemini, Mistral usw.),  inzwischen in Nordamerika ein QC-Ecosystem existiert, das für mich zugänglich ist.

IBM, Microsoft und Google bieten entsprechende Umgebungen an. Das wohl bekannteste Startup im Bereich QC ist die kanadische Firma d-wave, die seit ca. 15 Jahren am  Markt ist [1].

Im QC gibt es zwei große Richtungen: Das Gate QC und das Quantum Annealing QC. Das Gate QC wird von IBM, Microsoft und Google favorisiert. D-wave hat sich auf das Quantum Annealing (QA) spezialisiert. Das Gate QC beruht auf der Idee von Schaltkreisen, wie von klassischen Rechnern bekannt. Jedoch ist die Funktionalität der QC Schaltkreise völlig anders als diejenige der klassischen Schaltkreise. Der Begriff ‚klassisch‘ bedeutet hier, dass nicht explizit die Eigenschaften der Quantenwelt ausgenutzt werden. – Wohl wissend, dass auch ein klassischer Schaltkreis auf den Erkenntnissen der Quantenmechanik beruht und ein sogenannter klassischer Computer ohne Quantenmechanik nicht existieren würde.

Das explizite Ausnutzen der Quantenwelt-Eigenschaften bedeutet, die Eigenschaften von Quantenobjekten, wie Elementarteilchen, Atomen oder anderen einzelnen Objekten, die sich entsprechend der Quantenmechanik verhalten, zu nutzen. Die QC-Objekte werden als Qubits bezeichnet, die nicht nur, wie Bits, die Zustände 1 und 0 annehmen können, sondern sogenannte kohärente Zustände, die eine Mischung von 1 und 0 sind. Diese Mischung sorgt für die Unbestimmtheit der Qubits und ermöglicht damit, dass in einem Qubit eine unendliche Welt an Möglichkeiten enthalten ist. – Kohärenz beschreibt also die Fähigkeit eines Quantensystems, in mehreren Zuständen gleichzeitig zu existieren. Diese Fähigkeit ermöglicht komplexe Quantenberechnungen, bis äußere Einflüsse die Zustände stören und die Kohärenz zerstören.

D-Wave verwendet Qubits auf der Basis von supraleitenden Ringströmen, die zudem über supraleitende Koppler verbunden sind. – Die Qubits kann man nach jetzigem Stand der Technik nur bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt erhalten.  Sind die Ringströme in einem kohärenten Zustand, haben wir eine Mischung von Uhrzeiger-drehenden und Gegenuhrzeiger-drehenden Ringströmen. – Es liegt dann maximale Unbestimmtheit vor.

Allein diese wenigen Ausführungen zeigen, dass QC eine völlig andere Welt ist, als der sogenannte klassische Computer. Ich vermute, dass die Hürde für jemand, der keine Physikausbildung hat, recht hoch sein dürfte: Die Grundlagen der Quantenmechanik sind sehr umfangreich und erfahrungsgemäß erst nach einer gewissen Gewöhnungszeit ‚zu verstehen‘.- Ich verweise deshalb auf entsprechende Fachliteratur [2, 3, 4, 5, 6, 7]. Eine Behandlung der Grundlagen würde den Rahmen dieses Blog-Artikels bei weitem sprengen.

Setzt man die Kenntnis der quantenmechanischen Grundlagen voraus, so ist die Handhabung der Programme, um auf einem Quantencomputer zu ‚rechnen‘, erstaunlich einfach. Das ‚Rechnen‘ auf Quantencomputern ist nach wie vor noch sehr exklusiv und ist meistens eingeschränkt. Jedoch stellen alle Anbieter Quantensimulatoren zur Verfügung, die die quantenmechanischen Rechnungen (wie sie ein Physiker von Hand tun würde) auf einem klassischen Computer durchführen. Ab etwa 8-10 Qubits ist es jedoch meistens nicht mehr möglich die ‚Rechnungen‘ auf einem klassischen Computer durchzuführen, da die Komplexität der ‚Rechnungen‘ exponentiell steigt. – Für das Austesten der QC-Algorithmen reicht dies jedoch oft. – Nach der Testphase kann man dann ggf. auf einem exklusiven Quantencomputer ‚rechnen‘.

Ich habe für diesen Blog-Beitrag mit der d-wave Umgebung gearbeitet: Für die Erstellung der Algorithmen habe ich deren QC-Simulatoren verwendet und danach die d-wave QC-Hardware. Die Übergang ist sehr einfach, da lediglich 1-2 Programmzeilen ausgetauscht werden, in denen der QC-Simulator oder die QC-Hardware angesprochen wird.

Auf den d-wave Internetseiten sind sehr viele Beispiele zum QC mittels Quantum Annealing enthalten: u.a. logistische Lösungen, Suche nach geeigneten Materialien oder Medikamenten, Suche nach optimalen Finanzportfolios, usw..

QC kann immer dann ihre Vorteile ausspielen, wenn aus einer sehr großen Anzahl an Möglichkeiten die beste Lösung oder die besten Lösungen herausgefunden werden sollen. Nehmen wir an, wir wollten aus einem Pool von 100 Mitarbeitern ein Team zusammenstellen. Falls das Team drei Teammitglieder hat, ergeben sich schon 161.700 mögliche Teams. Erhöhen wir das Team auf 7 Teammitglieder ergeben sich ca. 16 Milliarden Team-Möglichkeiten. Die möglichen Teams im Falle von drei Teammitgliedern zu überprüfen ist auf klassischer Hardware noch möglich, im Fall des Teams mit 7 Teammitgliedern nicht mehr.

Quantum Annealing wird eingesetzt, wenn die Lösung aus einem sehr großen potentiellen Lösungsraum herausgefunden werden soll und sich das Problem als ein Netzwerk-Problem formulieren lässt. Im Falle unseres Team-Management-Problems besteht das Netzwerk aus 100 Teammitgliedern, die mehr oder weniger gut miteinander zusammenarbeiten können. Dieses mehr oder weniger gut wird vom Management über eine Zahl zwischen -1 und 1 bewertet und in eine Matrix eingetragen. Zusätzlich können auch Kompetenzen der Teammitglieder (zum Beispiel Programmierkenntnisse, Designkenntnisse oder Persönlichkeitseigenschaften) in einer Skala von 0 bis 1 erfasst werden. Für das Team lässt sich auf dieser Basis angeben, wieviel Teamkompetenz in den einzelnen Kompetenzbereichen vorhanden sein soll.

Das Management-Problem wird mittels einer Zielfunktion, die die Wechselwirkung der Qubits beschreibt, auf ein Qubit-Netzwerk transformiert: Die 100 Teammitglieder werden zu 100 Qubits, die Matrix der Zusammenarbeit wird auf eine Koppler-Matrix zwischen den Qubits abgebildet und die Kompetenzanforderungen werden als Constraints des Optimierungsproblems verwendet.

Zu Beginn der ‚Rechnung‘ wird das 100 Qubit-Netzwerk in einen Anfangszustand gebracht, der in sich! sogar 2hoch100 also ca. 10 hoch 30 Zustände enthält: Man spricht von einer Superposition des Qubit-Netzwerkes. Dann wird das Netzwerk extrem langsam ‚ausgeglüht’ und die Wechselwirkung zwischen den Qubits sehr langsam hochgefahren. Sehr langsam bedeutet hier sehr langsam in Relation zu den charakteristischen Qubit-Systemzeiten: Die sind, verglichen mit unseren Tageszeiten, sehr kleine Zeiten.

Man spricht von dem Ausglüh-Prozess: dem Annealing-Prozess. Der Begriff stammt von klassischen Optimierungsalgorithmen, in denen man zuerst mit einer hohen Temperatur startet, die viele Zustände enthält. Es wird extrem langsam (adiabatisch) ausgeglüht, um in einem ‚kühlen‘ Lösungszustand zu enden. Im Falle des Quantum Annealing, das ja bei sehr tiefen Temperaturen durchgeführt wird, um die Qubits zu bekommen, wird mit einem sogenannten transversalen Magnetfeld gearbeitet, das die 100 Qubits in eine vollständige Superposition bringt. – Der Quantum Annealing-Prozess minimiert langsam das Magnetfeld, wodurch das System in den Zustand der niedrigsten Energie gebracht wird – vergleichbar mit einem Stein, der in das tiefste Tal eines Hügels rollt. Der Prozess verläuft extrem langsam, um sicherzustellen, dass der optimale Zustand erreicht wird. Liegt die sehr langsam hochgefahrene Wechselwirkung zwischen den Qubits vollständig vor, ist der ausgeglühte 100 Qubit-Zustand erreicht. – Die optimale Lösung ist gefunden: Alle Qubits werden jetzt (erst) gemessen und zeigen jetzt eine 0 oder 1. Es ist jetzt möglich, für alle möglichen Kombinationen, die 7 Qubits enthalten und die weiteren festgelegten Rahmenbedingungen erfüllen, die Energie zu berechnen. Aus diesen Energien werden die niedrigsten Energiewerte oder der niedrigste Energiewert ausgewählt. 

Im Idealfall ist dies nur ein Zustand. Dies beruht auf der grundlegenden Annahme, dass die (natürliche) Lösung durch den Zustand oder die Zustände repräsentiert wird, die die niedrigsten Energiewerte besitzen.

Der QC Annealing Prozess ist ein Selbstorganisationsprozess, d.h. es kann auch vorkommen, dass der Prozess kein Energieminimum in der Energielandschaft findet. Aus diesem Grunde ist es notwendig, mit im Algorithmus enthaltenen Kontrollparametern etwas zu spielen, um ein Energieminimum zu finden. Hierzu werden die Kontrollparameter variiert, um in der durch die vorgegebenen Rahmenparametern (z.B. Teamgröße, Kompetenzprofile, Zusammenarbeits-Matrix) eingeschränkten Energielandschaft die Energieminima zu suchen. Das gefundene Energieminium ist hierbei der Ordnungsparameter zur Zielfunktion, die die Wechselwirkung der Qubits unter den gegebenen Rahmenbedingungen beschreibt.         

Das Team-Management Problem habe ich in einer Colab-Python-Umgebung laufen lassen. Ich habe Tests mit kleinen Pool- und Team-Größen durchgeführt. In diesem Fall kann man die Ergebnisse auch noch klassisch überprüfen. Ich gehe nicht weiter auf diese Ergebnisse ein: Liegen die oben beschriebenen Ausgangsdaten für das Team-Management-Problem vor, ist das ‚beste‘ Team innerhalb von Sekunden gefunden. Es funktioniert einfach!

Statt dessen möchte ich die Ergebnisse zu einer anderen Fragestellung skizzieren. Ich nehme Bezug auf den Blog-Beitrag ‚AI & M 4.0: Markus Lanz vom 30. Mai 2024: Eine Collective Mind Analyse‘ vom Juni 2024.

Es geht in diesem Beitrag um die Berechnung des Collective Mind einer Diskussionsrunde mit fünf Teilnehmern. Auch hier macht die Größe von fünf Teilnehmern kein QC erforderlich. Jedoch kann man bei dieser Größe Theorien austesten und die Skalierung auf größere Teilnehmerzahlen ist bei Bedarf völlig mühelos.

In dem vorherigen Blog-Beitrag habe ich eine sogenannte Ähnlichkeitsmatrix S benutzt. Diese Matrix S ist komplex: S = Matrix A der Textähnlichkeiten + i*Matrix der Emotionsähnlichkeiten. Die Fragestellung, die ich hier diskutieren möchte lautet: Könnte ich die Anzahl der Diskussionsteilnehmer reduzieren und würde dies den Collective Mind erhöhen und welche Teilnehmer sollte ich hierfür auswählen. Dies ist wieder ein Optimierungsproblem: Da das Collective Mind über die positive Energie, die im Team ist, gemessen wird, müssen wir -S (minus S) für die Optimierung verwenden. Außerdem können wir für das Quantum Annealing (derzeit) nur den Realteil der Matrix benutzen: Die Verwendung komplexer Matrizen wird von dem d-wave System nicht unterstützt, u.a. deswegen, weil damit die Energieerhaltung verletzt wird. – Moderne Forschungen in der nicht-hermiteschen Quantenmechanik untersuchen, wie komplexe Energieeigenwerte physikalische Systeme beeinflussen könnten. Diese Entwicklungen sind besonders spannend in Bereichen wie optischen Systemen und dissipativen Quantenphasen. Es ist also noch Raum für Ergänzungen vorhanden 😉.

Die Ergebnisse im vorherigen Blog legen nahe, dass ein Team aus drei Diskussionsteilnehmern ein Energieminimum (also ein Collective Mind Maximum) zeigen sollte: Die Sprecher 2  (B), Sprecher 4 (D) und Sprecher (5) (E) sollten gute Kandidaten sein.

Abbildung 1 zeigt eine Simulation mit 3 Teilnehmern: Die Ergebnisse sind identisch oder zumindest sehr ähnlich den Ergebnissen des vorherigen Block-Beitrages: Alle tragen zum Collective Mind bei. Falls man jedoch eine Diskussionsgruppe aus drei Teilnehmern zusammenstellen wollte, so wären dies die Sprecher 2 (B), Sprecher 4 (D) und Sprecher 5 (E).  

Abbildung 1: Sie zeigt eine ‚Rechnung‘ mit 3 Teilnehmern: Wie man sehen kann liefert das Quantum Annealing mehrere Lösungen (BDE, ADE und ABE), die sehr dicht beieinander liegen. Es gibt auch Kombinationen (ACD, und BCD), die nicht favorisiert werden.

Für die Teambildung ist die Energie pro Teilnehmer entscheidend. Abbildung 2 zeigt die Energie pro Teilnehmer falls nur zwei Teilnehmer für die Diskussionsrunde ausgewählt werden.

Abbildung 2: Diese Abbildung zeigt eine ‚Rechnung‘ mit 2 Teilnehmern. Hier ist die Energie pro Teilnehmer aufgetragen. Diese Energie zeigt an, wieviel Energie in diesen Kombinationen jeder Teilnehmer hat. Vergleicht man diese Energie von 45 mit einer Energie von ca. 33 im Falle einer Diskussionsrunde von drei Teilnehmern, so ergibt sich, dass im Übergang von 2 Teilnehmern zu 3 Teilnehmern die Energie pro Teilnehmer um ca. 25% abnimmt. Kommen weitere Teilnehmer hinzu nimmt die Energie pro Teilnehmer weiter ab. – Ein Collective Mind aufzubauen wird mit jedem hinzukommenden Teilnehmer schwieriger, kleine Teams sind günstiger für den Collective Mind Aufbau.

Zusammenfassend stelle ich fest:

  1. Das Arbeiten mit ChatGPT 4o1-preview ist eine enorme Bereicherung für mich. ChatGPT 4o1-preview hat Qualitäten eines PhD-Physikers und -Entwicklers. Das Arbeiten mit dem KI-System trägt im Falle eines schwierigen wissenschaftlichen Themas zu einer enormen Leistungssteigerung bei. – Die Zusammenarbeit mit ChatGPT hat nicht nur den Recherche- und Codeentwicklungs-Prozess beschleunigt, sondern auch neue Perspektiven auf die Themen ermöglicht.
  2. Das Quantum Computing, hier das Quantum Annealing, ist über Colab und d-wave wirklich sehr einfach zu handhaben. – Es macht einfach Spaß, Management-Fragestellungen auf diese Weise zu beleuchten und in die Quantenwelt einzutauchen, die noch bis vor kurzem der modernsten Forschung vorbehalten war. – Man beginnt sowohl die Quantenwelt besser zu verstehen als auch die Managementwelt. – Theorien, wie die Collective Mind Theorie, machen einen angreifbar, sind aber auch der einzige Weg, um Erfahrungen in Erkenntnisse zu transformieren.
  3. Die QA ‚Rechnungen‘ bestätigen meine bisherigen Ergebnisse und liefern weitere Management-Erkenntnisse: Eine Skalierung auf Fragestellungen mit mehr Daten (hier mehr Personen) ist sehr einfach und die Ergebnisse liegen bei Bedarf nahezu unmittelbar vor.    

[1] d-wave (2024) dwavesys.com, cloud.dwavesys.com/leap/, docs.dwavessys.com docs.ocean.dwavesys.com     

[2] Nielsen M L und Chuang I L (2021) Quantum Computation and Quantum Information, 10te Auflage von 2002, Cambridge University Press, UK

[3] Georgescu I M, Ashhaby S, Noriz F(2014) Quantum Simulation, arXiv:1308.6253v3

[4] Broughton M et al. (2021) TensorFlow Quantum: A Software Framework for Quantum Machine Learning, arXiv:2003.02989v2

[5] Rajak A et al. (2023) Quantum Annealing: An Overview, Philosophical Transactions A, arXiv:2207.01827v4

[6] Xu  et al. (2023) A Herculean task: Classical simulation of quantum computers, arXiv:2302.08880v1

[7] Young K, Scese M, Ebnenasir A (2023) Simulating Quantum Computations on Classical Machines: A Survey, arXiv:2311.16505v1

PodCast mittels notebookLM: Collective Mind wunderbar intelligent vermittelt!

Um diesen Blog Beitrag zu erstellen, habe ich notebookLM von google verwendet: Die Inhalte meiner letzten beiden Blog-Beiträge ‚Von Egoshootismus und Liberalismus und anderen pathologischen Transformationen‚ und ‚AI & M 4.0: Markus Lanz vom 30. Mai 2024: Eine Collective Mind Analyse‚ wurden von der google KI Gemini zusammengefaßt. Schon dieses Ergebnis ist erstaunlich gut gelungen, zumal man dem System weitere Verständnis Fragen stellen kann. Die Frage werden sehr gut aufbereitet und verständlich beantwortet. Die nachfolgende Abbildung zeigt die dazugehörige notebookLM-Oberfläche:

Abbildung 1: notebookLM Benutzeroberfäche

Mit notebookLM kann man auch einen Podcast erzeugen: Die Güte des in ca. 2 Minuten erzeugten Podcast mit zwei englischsprachigen Sprechern ist meines Erachtens brilliant: Es werden auf unterhaltsame Weise alle wesentlichen Aussagen intelligent ‚reflektiert‘. Außerdem schlägt die google KI einen Bogen von einem Blog-Beitrag zum anderen Blog-Beitrag, was wirklich unglaublich gut gelungen ist. – Überzeugen Sie sich selbst:

Von Egoshootismus und Liberalismus und anderen pathologischen Transformationen

Schon im Blog-Beitrag vom August 2019 ‚Selbstorganisation Straßenverkehr – Der Straßenverkehr ein Spiegelbild unserer Gesellschaft?‘ habe ich die These vertreten, dass im Straßenverkehr immer mehr das eigene Ich zählt: Verkehrsregeln werden missachtet, selbst wenn es gefährlich ist; die Aggressivität nimmt zu und im Zweifel hat das Ich immer recht und dies wird oft dreist und aggressiv zum Ausdruck gebracht. Die Zunahme der panzerartigen SUV’s und Pickups als Rüstungen in Blech sind Zeichen dieser Entwicklung [1]: Sie sind mehr oder weniger verdeckte Egoshooter. – Inzwischen ist Gewalt auch in Arztpraxen angekommen, also bei Menschen, die uns helfen [2].

Abbildung 1: Bilder generiert von Stable Diffusion mittels des Titels als Prompt: Das linke Bild passt sehr gut zum Thema der Spontanen Ordnung mittels Selbstorganisation und der Ausrichtung auf einen Attraktor (‚Engel‘ im Anzug mit Pistole). Das rechte Bild zeigt besser die unschöne Seite des Egoshootings.

Die Motivation für diesen Blog-Beitrag geht zurück auf zwei mit dem Egoshooting  unmittelbar verbundene Themen:

  • Ein Interview mit Christian Lindner [3, 4] auf der OMR 2024 [5],
  • und einen Blog-Beitrag der Nachhaltigkeitsökonomin Julia Steinberger [6] zum Thema Neoliberalismus.

Christian Lindner reagiert auf folgende Interview-Frage “Ein Thema beim Fachkräftemangel ist: Es gibt Studien, die einen direkten Zusammenhang herstellen zwischen Sparpolitik und Erstarken von rechten Parteien. Macht Ihnen das keine Sorgen?” mit dem Satz  “An diese Studien glaube ich nicht. (…)”.

Julia Steinberger sieht den Ursprung der Klimakrise in der westlichen Ökonomieausrichtung des Neoliberalismus bzw. des Klassischen Liberalismus wie er von dem Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek [7, 8] in der Mont Pélerin Society [9] grundgelegt wurde.

Ich stelle die These auf, dass es zwischen diesen zwei o.g. Themen und dem Egoshooting einen verdeckten, aber sehr wichtigen Zusammenhang gibt und dass diese Themen auch eine wichtige Komponente in aktuellen Entwicklungen spielen: Dem Populismus, faschistischen oder autokratischen Tendenzen und sogar unserer überbordenden Bürokratie. Der vorliegende Blog-Beitrag versucht diese These auszuleuchten.

Schaut man sich das Interview von Christian Lindner an, so stellt man fest, dass er die besagte Studie mit einem Glaubenssatz bei Seite schiebt und statt dessen andere Studien heranzieht, die seiner Meinung nach für das Erstarken der rechten Parteien viel wichtiger sind. Dies ist ein bekanntes Muster, das man sehr oft in der Politik findet: Wissenschaftliche Aussagen werden relativiert, in dem andere wissenschaftliche Aussagen herangezogen werden. Dies erfolgt leider so, dass eine wirkliche Auseinandersetzung mit der ersten Aussage nicht stattfindet. Der Zweck des Musters ist es nicht, Aussagen zu verstehen und in den jeweils gültigen Kontext zu setzen, sondern lediglich zu diskreditieren. Würden die entsprechenden Personen dies nicht tun, müssten sie sich mit unangenehmen Aussagen auseinandersetzen: Im Fall von Christian Lindner ist dies eine ihm nicht genehme wissenschaftliche Studie.

Die Auseinandersetzung kann bedeuten, sich mit eigenen Werten und Glaubenssätzen ernsthaft zu beschäftigen und diese ggf. abzulegen. – Damit könnte die eigene Identität in Frage gestellt werden und man wird angreifbar. Im Fall von Christian Lindner müsste er ggf. folgende tieferliegende Glaubenssätze in Frage stellen (dies sind Beispiele, die ich aufgrund seiner FDP Zugehörigkeit gewählt habe): Jeder ist seines Glückes Schmied. Erfolg lässt sich erarbeiten. Soziale Ausgaben des Staates sind rausgeschmissenes Geld. Die negativen gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen von Überschuldung sind bekannt usw..

Ich fasse diese Muster unter dem Begriff ‚Muster der Wahrheitsrelativierung‘ zusammen, wohl wissend, dass viele unserer Aussagen lediglich Perspektiven sind und keine Wahrheiten. Ich möchte mit dem Begriff der Wahrheitsrelativierung zum Ausdruck bringen, dass es Wahrheiten gibt und dass diese viel öfter auftreten als wir uns dies eingestehen mögen.

Donald Trump dürfte der bekannteste und dreisteste Anwender des Musters der Wahrheitsrelativierung sein: Er lügt dreist und diffamiert Menschen, um seine Interessen durchzusetzen. – Die bekannten Nazigrößen der AfD stehen ihm hierbei sicherlich in nichts nach.

Dass auch heute noch viele Menschen nicht wirklich die drastischen Auswirkungen des Klimawandels als Wahrheit annehmen und ihr Handeln entsprechend anpassen (Elektroauto fahren, weniger Fliegen, weniger Autos kaufen usw.) hat sehr viel mit dieser Wahrheitsrelativierung zu tun.

Da dies im öffentlichen Raum sehr oft, insbesondere auch durch viele unserer Politiker, geschieht, vertrauen sehr viele Menschen den Aussagen der Politiker nicht mehr. – Die indirekte Aussage ist: Es gibt keine Wahrheiten, nur Interessen und dazugehörige Perspektiven. – Schließlich beginnen wir selbst Aussagen zu behaupten, die jeglicher Grundlage entbehren, denn ‚alle‘ machen es so! Die Erzeugung von beliebig unwahren Aussagen mittels KI und deren Verbreitung mittels Social Media sollten wir jedoch nicht diesen beiden Technologien anlasten. – Denn diese gehen auf uns selbst zurück.

Christian Lindner hat zumindest eingestanden, dass er einem Glaubenssatz folgt.- Das ist sicherlich positiv. In vielen Fällen geschieht dies jedoch intransparent.
Indem er einer Suche nach Wahrheit ausgewichen ist, hat er wahrscheinlich viele ermutigt, es ihm gleich zu tun und die Wahrheitsrelativierung für die eigenen Interessen zu nutzen!

Ich füge zum Muster der Wahrheitsrelativierung noch eine persönliche Erfahrung an, die ich im Rahmen einer Social Media Kommunikation gemacht habe.
Der Ablauf ist in diesem Fall deutlich subtiler, gehört aber meines Erachtens zu diesem Muster: Ein Kollege ist der Überzeugung, dass die aktuellen KI-Entwicklungen keinen wirklichen Fortschritt gebracht haben, denn die Mathematik, die der KI heute zugrunde liegt, sei auch diejenige, die er vor 30 Jahren in seiner Diplomarbeit zu neuralen Netzwerken verwendet hat. – Welches Ego macht eine  Aussage möglich, die eine 30 Jahre alte Diplomarbeit mit einer 30-jährigen globalen Entwicklung vergleicht?
Es ist vielleicht sogar richtig, dass sich zum Beispiel die Mathematik der Tensoren seither nicht geändert hat. Deren Anwendung in generativen KI-Systemen auf Basis der Transformer-Technologie hat sich jedoch sehr drastisch verändert.

Ich versuche diese Form der Wahrheitsrelativierung, auf ein berühmtes Beispiel aus der Physik zu übertragen. Dadurch wird deren Absurdität noch deutlicher: 1926 stellte Schrödinger seine berühmte Schrödingergleichung vor, die bis heute eine der fundamentalen Grundlagen der modernen Physik ist. Die Schrödingergleichung ist eine partielle Differentialgleichung, deren mathematische Grundlagen im 18. Jahrhundert von Euler und Lagrange entwickelt wurden. Man stelle sich vor, die Schrödinger Gleichung wäre damals abgelehnt worden, weil sie nichts Neues beinhaltet.

Auch hier kann man die Frage stellen, welche Glaubenssätze machen diese Form der Wahrheitsrelativierung möglich. Hier mein Vorschlag: Wir Menschen sind doch was ganz anderes als KI-Systeme, das sind doch nur Maschinen. Unsere Intelligenz steht weit oberhalb der Intelligenz der KI, diese ist letztendlich dumm. Unbewusste Glaubenssätze können auch auf Gefühlen wie Angst basieren: Ich habe Angst vor KI-Systemen, denn sie bedrohen mich in meiner Einzigartigkeit. usw..

In diesem Fall, wie auch im obigen Beispiel zur Reaktion von Christian Lindner, verhindert die Wahrheitsrelativierung eine aktive Auseinandersetzung mit Perspektiven. Es wird verhindert, diejenige Perspektive zu finden, die der Wahrheit zum relevanten Kontext (wahrscheinlich) am nächsten kommt. Lernen, Entwicklung und Fortschritt, aber auch ein demokratischer Diskurs, werden damit blockiert: Christian Lindner hat mit seinem Ausweichmanöver einen kleinen, aber nicht unwesentlichen Beitrag zur Blockade des demokratischen Diskurses beigetragen.      

Ich halte fest: Das Muster der Wahrheitsrelativierung ist inzwischen nahezu überall anzutreffen. Die Sozialen Medien machen die Verbreitung in Form der Diskreditierung von (wissenschaftlichen) Erkenntnissen sowie der Verbreitung von  Lügen und (Deep) Fake News möglich. Wir alle tragen mehr oder weniger hierzu bei, insbesondere seit wir über Social Media auch zu öffentlichen Personen geworden sind. Wir sind jetzt öffentliche Personen, da unsere mediale Reichweite mit Social Media um ein Vielfaches größer geworden ist. – Unser Meinung wird mittels Social Media skaliert!      

Soziale Medien sind heute wahrscheinlich mit Abstand die wichtigsten Technologien, um soziale Selbstorganisation zu skalieren: Äußert eine Person in einem großen sozialen Medium eine Wahrheitsrelativierung, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass diese von einem Personenkreis mit ähnlichen Werten und Glaubenssätzen aufgegriffen wird und weiter verbreitet wird. Es bildet sich in diesem so geschaffenen (temporären) Netzwerk eine gemeinsame Richtung der Wahrheitsauffassung aus. – In der Theorie der Selbstorganisation spricht man von der Ausbildung eines Ordnungsparameters oder von einem Attraktor.

Attraktoren spielen u.a. in der Ökonomie und im Liberalismus als (dynamische) Systemgleichgewichte eine sehr große Rolle. Preise, die sich aufgrund von Angebot und Nachfrage herausgebildet haben, charakterisieren ein ökonomisches Gleichgewicht. – Preise sind, wie auch von vielen geteilte  Meinungen, Beispiele für Attraktoren, die eine spontane Ordnung in einem System charakterisieren.

Ich komme damit zum zweiten o.g. Thema: Der Klassische Liberalismus geht davon aus, dass das Marktgeschehen, ohne staatliche Intervention, das bestmögliche ökonomische Gleichgewicht durch spontane Ordnung (also Selbstorganisation) erreicht. Der Neuliberalismus deutscher bzw. europäischer Prägung vertritt jedoch die Ansicht, dass gewisse Interventionen in den Markt notwendig sind, um Verwerfungen des Marktes (wie zum Beispiel Oligopole, Monopole, usw.) zu korrigieren. Der von Julia Steinberger in ihrem Blog angesprochene Neoliberalismus ist nicht mit dem europäischen Neuliberalismus zu verwechseln, sondern steht für den Klassischen Liberalismus amerikanischer Prägung. Die Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek und Milton Friedman [10] sind die (wissenschaftlichen) Wegbereiter des modernen Klassischen Liberalismus (= Neoliberalismus). Gemäß Julia Steinberger sind die damit verbundene kapitalistische Ökonomie und Politik für das Desaster der Klimakrise und moderne Formen der kapitalistischen Ausbeutung verantwortlich.

Liest man das Buch von Naomi Klein, The Shock Doctrine [11], so kann man nur zum gleichen Schluss kommen: Ihre These ist, dass auf der Basis des Neoliberalismus Vertreter des amerikanischen Kapitalismus bewusst Notlagen von Menschen in Katastrophen ausnutzen, um diese auszubeuten und an deren Eigentum zu gelangen. Teilweise ginge dies soweit, dass Notlagen bewusst herbeigeführt würden, um eine bessere Welt zu erschaffen. Geleitet würden diese Kapitalisten von dem Sendungsbewusstsein eine Marktwirtschaft zu erschaffen, in der persönliche Freiheit sich vollkommen entfalten kann. Diese Marktwirtschaft sei die Basis für die ‚beste aller Welten‘.

Hört man Donald Trump zu, so kann man auf die Idee kommen, dass er ein (zentraler) Vertreter dieses Sendungsbewusstseins ist.

Ich will verstehen, ob man Hayek für diese Form des Egoshootismus und Liberalismus mitverantwortlich machen kann. Ich kann nicht beurteilen, was er wie bei welcher Gelegenheit, u.a. in der Mont Pélerin Society, gesagt hat. Statt dessen habe ich mir daraufhin sein letztes großes Buch ‚Recht, Gesetz und Freiheit‘ [12] über spontane Ordnung in Gesellschaft und Ökonomie angesehen. Dieses Buch besteht in der englischen Version aus drei Teilen, die im Zeitraum 1973 bis 1979 erschienen sind [13], also in einem Zeitraum als Hermann Haken [14] mit der Theorie der Selbstorganisation die Wirkweise des Lasers als selbstorganisiertes System schon modelliert hatte. Es gibt in ‚Recht, Gesetz und Freiheit‘ keinen Hinweis darauf, dass Hayek die Theorie der Selbstorganisation kannte, wenngleich er den ein oder anderen Bezug zu den Naturwissenschaften vorgenommen hat.

Ich zitiere im Folgenden einige Aussagen von Hayek aus ‚Recht, Gesetz und Freiheit‘ und betrachte sie aus dem Blickwinkel der Theorie der Selbstorganisation:     

„<Das> Gefüge menschlicher Tätigkeiten paßt sich unablässig an Millionen von Tatsachen an, die in ihrer Gesamtheit keinem einzelnen bekannt sind, und es funktioniert aufgrund dieser Anpassung.“
Dies ist eine korrekte Aussage zur systemischen Wirkung von Selbstorganisation.

„Aus diesem Grunde beschränkt der Liberalismus eine vorsätzliche Einflussnahme auf die Gesellschaftsordnung insgesamt auf die Durchsetzung solcher allgemeinen (Anm. abstrakten) Regeln, wie sie zur Bildung spontaner Ordnung nötig sind, deren Einzelheiten wir nicht vorhersehen können.“…Im Falle spontaner Ordnung können wir durch einige ihrer  Bestimmungsfaktoren ihre abstrakten Züge festlegen; hingegen müssen wir die Einzelheiten Umständen überlassen, die wir nicht kennen.“

Hayek spricht von abstrakten Regeln, um zu unterstreichen, dass diese Regeln nicht kleinteilig sein dürfen. Er betont auch, dass Komplexität unmittelbar mit Unwissenheit verbundenen ist und dass deshalb die von Menschen geplante Gestaltung von abstrakten Regeln immer die zweite Wahl ist. In der Theorie der Selbstorganisation werden diese allgemeinen Regeln als Rahmen-, Kontroll- und Ordnungsparameter bezeichnet. Selbstorganisation entfaltet sich nur dann mit sichtbaren emergenten Strukturen, wenn dem System für die Entfaltung genug Freiheitsgrade gelassen werden: Also die Kontrollparameter entsprechend (klug) gewählt worden sind. Hayek‘s Buch behandelt zum großen Teil die sinnvolle Gestaltung der abstrakten Regeln also der Kontrollparameter (u.a. Verhaltensregeln, Recht, Moral). Er weist auch richtiger Weise daraufhin, dass die Kontrollparameter Zweck- und Ziel-frei sind bzw. sein müssen. Er erkennt jedoch noch nicht, dass eine moderne Gesellschaft aus einer Hierarchie von ineinander geschachtelten selbstorganisierten Systemen besteht. Übergeordnete selbstorganisierte Systeme geben ihre Ziele über Rahmenparameter den untergeordneten selbstorganisierten Systemen mit. – Damit ist es durchaus möglich, dass sich eine Ziel-Hierarchie ausbildet.

„Der zentrale Begriff, …, ist der der Ordnung, insbesondere die Unterscheidung zwischen zwei Arten von Ordnung, die wir vorläufig als >>erzeugte<< und als >>gewachsene<< Ordnung bezeichnen wollen.“
„…es kann nie vorteilhaft sein, die (Anm. abstrakten) Regeln einer spontanen Ordnung zu ergänzen durch vereinzelte und subsidiäre Befehle… das ist der Kern des Argumentes gegen >>Eingriffe<< oder >>Interventionen<< in die marktliche Ordnung…Das allgemeine Argument gegen >>Interventionen<< läuft somit darauf hinaus, dass wir zwar trachten können, eine spontane Ordnung durch Revision der allgemeinen (Anm. abstrakten) Regeln, auf denen sie beruht, zu verbessern…., daß wir aber nicht die Ergebnisse durch spezifische Befehle verbessern können…“
„Obwohl es vorstellbar ist, daß die spontane Ordnung, die wir Gesellschaft nennen, ohne Staat existiert, …, so erweist sich doch in den meisten Fällen die Organisation, die wir Staat nennen, als unentbehrlich, …“
„Obwohl spontane Ordnung und Organisation immer nebeneinander bestehen werden, ist es nicht möglich, diese zwei Ordnungsprinzipien beliebig zu mischen.“ „Die Behauptung, wir müßten die moderne Gesellschaft vorsätzlich planen, weil sie so komplex geworden sei, ist also widersinnig…“

„…daß die einzige Möglichkeit, über die Kapazität des individuellen Verstandes hinauszugehen, darin besteht, sich auf jene überpersönlichen >>selbstordnenden<< Kräfte zu stützen…“ „Die These dieses Buches lautet: Ein Zustand der Freiheit, in dem alle ihr Wissen für ihre Zwecke gebrauchen dürfen und dabei nur durch allgemein gültige Regeln gerechten Verhaltens eingeschränkt sind, bietet Ihnen wahrscheinlich die besten Voraussetzungen zur Erreichung ihrer Ziele; …“ „Was ich in der Weg zur Knechtschaft nachweisen wollte, war… wenn wir sagen: >>Wenn du nicht deine Grundsätze änderst, wirst du zum Teufel gehen<<…“ „ Eine erfolgreiche Verteidigung der Freiheit muß daher dogmatisch sein…Es liegt ein Mißverständnis vor, wenn man dem klassischen Liberalismus vorwirft, er sei zu doktrinär gewesen. Sein Fehler bestand nicht darin, daß er sich allzu starr an Grundsätze gehalten hätte, sondern darin, daß ihm genügend eindeutige Grundsätze fehlten, …“

Diese Sätze bringen die zentralen Prämissen des Hayek’schen Verständnis von spontaner Ordnung zum Ausdruck: Spontane Ordnung, die keiner Intervention unterliegt, führt immer zu guten ‚heiligen‘ Ergebnissen. – Sie ist der Garant für unsere persönliche Freiheit. Der Klassische Liberalismus muss mit eindeutigen Grundsätzen diese Wahrheit vertreten.- Alle anderen Grundsätze führen ‚zum Teufel‘. Wie wir aus der Theorie der Selbstorganisation wissen, erfordert spontane (soziale) Ordnung ein Management am System. Kleinteiliges Management ist schädlich für die Emergenz. Leider ist es aber so, dass die emergenten Phänomene auch in der Natur nicht immer wünschenswert sind. Im Sozialen können wir durchaus von ‚guten‘ und ‚bösen‘ emergenten Phänomenen sprechen. Wenn sich ein Mob (über Social Media) selbstorganisiert, dann ist dies sicherlich eine ‚böse‘ spontane Ordnung. Wenn Trump in seiner Person mit seinen ‚bösen‘ Äußerungen einen sozialen Attraktor bildet, dann ist dies sicherlich eine ‚böse‘ spontane Ordnung. Gleiches gilt für mich auch für die AfD und andere Populisten. Das Eingreifen in ein soziales System verhindert nicht automatisch emergente Phänomene. Es ist jedoch richtig, dass der gelungene Eingriff wesentlich mehr Theorie und Praxis erfordert, als gemeinhin wahrscheinlich in Politik und Gesellschaft verfügbar ist. Es ist durchaus möglich, eine spontane Ordnung durch menschliche Interventionen zu erzeugen, denn sonst wäre Führung nicht möglich und technische Systeme auf der Basis von Selbstorganisation, wie KI Systeme, wären ebenfalls nicht möglich. Wie eine sehr aktuelle Studie zur Wirksamkeit von Interventionen im Zusammenhang mit der Klimakrise zeigt, ist die Mischung verschiedener Interventionsarten durchaus sinnvoll und notwendig [15]. Hayek ist also zwei großen Irrtümern erlegen: Spontane Ordnung führt per se nicht immer zu ‚guten‘ Ergebnissen.- Interventionen sind deshalb recht oft sogar notwendig und sie können auch zu einem besseren Ergebnis führen. Es gibt keine Trennung zwischen geplanter Ordnung und spontaner Ordnung: Der Unterscheid liegt lediglich in der Zahl der Freiheitsgrad und damit in der Möglichkeit (d.h. Wahrscheinlichkeit) emergente Phänomene auszubilden.

Aus diesen Prämissen ergeben sich einige Konsequenzen, hier beispielhaft durch Zitate verdeutlicht:

„Daß Eltern in der Wahl ihres Wohnortes oder ihrer Beschäftigung für gewöhnlich die Auswirkungen bedenken, die ihre Entscheidungen auf die Zukunftsaussichten ihrer Kinder haben werden, ist ein wichtiger Faktor in der Anpassung der Nutzung von Humankapital… Würde man Ihnen versichern, dass wo immer sie hinziehen …, der Staat zu garantieren hätte, dass die Chancen für Ihre Kinder die gleichen wären, …so würde in jenen Entscheidungen ein wichtiger Faktor außeracht bleiben, der diese im Allgemeininteresse leiten sollte.“

Basierend auf den Hayek’schen Prämissen der spontanen Ordnung ist dies eine schlüssige Konsequenz. Heutige politische Bestrebungen in Deutschland streben das Ideal der Elternhaus-unabhängigen Chancengleichheit für Kinder über eine entsprechende Bildungsinfrastruktur an. Die US-amerikanische Bildungspolitik verfolgt das Ideal der Elternhaus-unabhängigen Bildungspolitik nicht. – Der Liberalismus amerikanischer Prägung ermöglicht hingegen Bildungs-Attraktoren, wie Harvard/MIT, Princeton oder Stanford, wie wir sie in Europa in dieser ‚Attraktivität‘ nicht kennen. Er ermöglicht auch Kapital-Attraktoren wie Google, Apple oder Amazon und damit verbundene Innovations-Attraktoren wie Tesla, Openai und Nvidia, die ihrerseits inzwischen zu Kapital-Attraktoren geworden sind.

„In einer freien Gesellschaft besteht das Allgemeinwohl hauptsächlich in der Erleichterung der Verfolgung unbekannter individueller Ziele.“ …“Der klassische Liberalismus beruht auf einem Glauben an objektive Gerechtigkeit.“…“Der Sinn des ökonomischen Spiels, in dem nur das Verhalten der Spieler, nicht aber das Ergebnis gerecht sein kann.“ „Die Entlohnung, die Einzelpersonen und Gruppen auf dem Markt beziehen, bestimmen sich also danach, was ihre Leistungen denjenigen wert sind, … und nicht nach irgendeinem fiktiven >>Wert für die Gesellschaft<<.“…“Eine freie Gesellschaft ist eine pluralistische Gesellschaft ohne gemeinsame Hierarchie konkreter Ziele.“

Die eine Seite der Medaille des Klassischen Liberalismus sind die durch ‚freie‘ Selbstorganisation entstehenden diversen Arten von enorm skalierenden Attraktoren (u.a. Bildung, Kapital, Innovationen,…), die andere Seite der Medaille ist die Ablehnung aller übergeordneten Ziele gesellschaftlicher Verantwortung, wie Gerechtigkeit und sozialer Markt oder die Milderung und Abschaffung der Ungleichheit auf globaler Ebene. Auch übergeordnete Ziele zu Nachhaltigkeit, Artenschutz und Naturschutz haben im Klassischen Liberalismus keinen Platz. Neben den schon oben geschilderten falschen Prämissen des Klassischen Liberalismus zu spontaner Ordnung, liegt meines Erachtens eine weitere nicht explizit genannte Prämisse vor: Menschen haben unterschiedlich gute Startpositionen, sei es in DNA, Elternhaus oder Kulturkreis. Damit bilden sich über eine ‚freie‘ spontane Ordnung automatisch Wettbewerbsverzerrungen und damit soziale Ungerechtigkeiten aus. Hinzu kommt, dass neben der Startposition und dem Glück die Skalierungseffekte der Selbstorganisation einen enormen Beitrag zu der Ausbildung von gigantischen Attraktoren liefern. ‚The winner takes it all‘, wie man sagt: Amazon, Google oder Apple verdanken ihren enormen Erfolg zu einem sehr großen Teil diesen Skalierungseffekten. Wenn die gigantischen Attraktoren einmal vorliegen, bündeln sie ungeheure Macht und Kapital mit all den uns aktuell bekannten Vor- und Nachteilen.

Die europäische Politik weiß wahrscheinlich, um diese Vor- und Nachteile. Ich vermute aber, dass sie sehr viel weniger um deren Ursachen weiß. Hayek spricht richtiger Weise von abstrakten allgemeinen Regeln. Im Management 4.0 sprechen wir von der Governance der Selbstorganisation. Leider stimmt die Analyse von Hayek dahingehend sehr gut, dass eine Unkenntnis der Governance (d.h. der abstrakten allgemeinen Regeln der Selbstorganisation) einen „Weg in die Knechtschaft“ eröffnet: Statt abstrakte allgemeine Regeln der Selbstorganisation zu suchen und anzuwenden, werden kleinteilige Regeln erstellt. Es entsteht Bürokratie. – In Europa und Deutschland kennen wir dies zur Genüge.

Ich halte fest: Friedrich August von Hayek beschreibt in seinem Buch ‚Recht, Gesetz und Freiheit‘ viele gute Erkenntnisse zur sozialen Selbstorganisation.- Für die Zeit, in der diese Erkenntnisse entstanden sind, sind dies sehr beachtliche Erkenntnisse. Soweit ich die amerikanische Kultur kenne, beschreibt er damit einen Liberalismus amerikanischer Prägung, der (wahrscheinlich) schon lange vor seinen Erkenntnissen existierte: Es ist die US-amerikanische Kultur. Dieser Liberalismus ermöglich über soziale Selbstorganisation Attraktoren von einer Größe, die wir in Europa nicht (mehr) kennen. Gleichzeitig verhindert der Liberalismus über falsche Prämissen eine aktive menschenwürdige Gestaltung der sozialen Selbstorganisation. Übergeordnete Ziele der Gesellschaft wie ein menschenwürdiges Leben für alle Menschen und ein nachhaltiger Umgang mit Natur und Tier sind nicht erlaubt, da sich damit die spontane Ordnung, die die größtmögliche Freiheit für alle (Anm. alle?) garantiert, nicht ausbilden kann.

Ich fasse zusammen: Ich gehe nicht davon aus, dass wir heute größere und bösere Egoisten als vor 100 Jahren sind. Was sich jedoch geändert hat, sind die Möglichkeiten der Skalierung von Selbstorganisation mittels Social Media: Viele große und kleine Attraktoren der spontanen Ordnung bilden sich heute sehr schnell aus. Manche wachsen zu enormer Größe. Diese Attraktoren sind nicht zwangsläufig ‚gut‘, sie können durchaus sehr ‚böse‘ sein. Sie geben denjenigen, die sie anziehen ein Zugehörigkeitsgefühl, das sich in einem neuem Selbstbewusstsein äußert. – Das kann sich auch im Straßenverkehr bemerkbar machen.

Die dringende Notwendigkeit Mensch und Natur global zu schützen, erfordert meines Erachtens u.a. eine Neuausrichtung der Ökonomie, in die Wissen um Vor- und Nachteile der sozialen Selbstorganisation einfließen müssen: Falls die Hauptprämissen der Hayek’schen Ökonomie einer Revision unterzogen werden, sollte sie auch in Zukunft noch eine Rolle spielen.

[1] Spiegel (2024) Pickups in Europa, https://www.spiegel.de/auto/pick-ups-in-europa-wie-der-ram-1500-deutsche-strassen-erobert-a-40680cef-803d-452e-9114-815ab36b0998https://www.montpelerin.org/Home.html

[2] ZDF (2024) https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/aerzte-gewalt-eskalation-praxen-100.html?at_medium=Social%20Media&at_campaign=ZDFheuteApp&at_specific=ZDFheute&at_content=iOS

[3] Schulz E und Lindner C (2024) https://www.youtube.com/watch?v=dvfLkE1EQLQ

[4] Bautz C (2024) https://www.linkedin.com/posts/christoph-bautz_frage-an-finanzminister-christian-lindner-activity-7194745312287117312-FBa2/?utm_source=share&utm_medium=member_ios

[5] OMR (2024) https://omr.com/de/events/festival/

[6] Steigenberger J (2024) What we are up against,

https://medium.com/@jksteinberger/what-we-are-up-against-2290ba8c4b5c, erschienen 17.06.2024

[7] Wikipedia (2024) Friedrich August von Hayek, https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_August_von_Hayek

[8] Hayek Gesellschaft (2024) https://hayek.de/

[9] Mont Pélerin Gesellschaft (2024) https://www.montpelerin.org/

[10] Wikipedia (2024) Milton Friedman, https://de.wikipedia.org/wiki/Milton_Friedman

[11] Klein N (2014 ) The Shock Doctrine, The rise of disaster capitalism, Penguin, kindle edition

[12] Hayek F.A. (2013) Recht, Gesetz und Freiheit, Hayek Gesammelte Schriften in deutscher Sprache, B 4, Nachdruck, Mohr Siebeck, Tübingen

[13] Walter Eucken Institut (2024) https://www.eucken.de/publikation/recht-gesetz-und-freiheit/

[14] Wikipedia (2024) Hermann Haken, https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Haken_(Physiker)

[15] Spiegel (2024) https://www.spiegel.de/wissenschaft/klimaneutralitaet-bis-2050-studie-zeigt-welche-massnahmen-besonders-wirksam-sind-a-6d162367-f1ff-427a-b4a0-34d7827dea4c?sara_ref=re-so-app-sh

AI & M 4.0: Markus Lanz vom 30. Mai 2024: Eine Collective Mind Analyse

Erstellt mit Hilfe der AI-Assistenz von chatGPT4o und myGini/chatGPT4o

Der Collective Mind ist der zentrale Begriff im Management 4.0. myGini, der Management 4.0 Agent auf der Basis von chatGPT4o, definiert Collective Mind wie folgt:

Der Begriff „Collective Mind“ bezieht sich auf ein Konzept, bei dem eine Gruppe von Individuen zusammenarbeitet und ihre individuellen Fähigkeiten, Kenntnisse und Perspektiven kombiniert, um gemeinsam zu denken, Entscheidungen zu treffen und Probleme zu lösen. Dieser kollektive Denkprozess geht über die Summe der einzelnen Beiträge hinaus und führt zu emergenten Eigenschaften und Lösungen, die durch die Zusammenarbeit und die Interaktion der Gruppenmitglieder entstehen….

Ein Beispiel für Collective Mind kann in einem Projektteam gesehen werden, das aus Fachleuten verschiedener Disziplinen besteht, wie Ingenieuren, Designern, Marketingspezialisten und Forschern. Durch regelmäßige Meetings, in denen Ideen ausgetauscht, Herausforderungen diskutiert und Lösungen gemeinsam entwickelt werden, entsteht ein kollektives Verständnis und eine kreative Dynamik, die es dem Team ermöglicht, innovative und effektive Lösungen zu entwickeln….

Ich hätte es nicht besser ausdrücken können. – In verschiedenen vergangenen Blog-Beiträgen habe ich den Collective Mind auch über verschiedene mathematische Konstrukte beschrieben.

Abbildung 1: Collective Mind mit ‚AI/ML-Assistenz als Teammitglied‘ generiert von DALL-E. – Ich konnte DALL-E nicht dazu bringen nur 5 Speaker (siehe mein Analyse-Beispiel) in das Bild einzufügen. Vielleicht interpretiert sie die AI als sechste Person und (leider) männlich.

Ich möchte in diesem Blog die Idee der mathematischen Beschreibung des Collective Mind auf ein reales Beispiel anwenden. Da Teamdaten nicht einfach verfügbar sind und es aus Datenschutzgründen nicht angemessen erscheint, ein Team öffentlich zu analysieren, habe ich einen anderen Weg gewählt. Ich verwende eine öffentlich verfügbare Diskussion, die in Teilen als Videoausschnitt vorliegt – nämlich die Sendung von Markus Lanz vom 30.05.2024 ‚Muslime in Deutschland: Zunehmend isoliert?‘ [1].

In der hier skizzierten Analyse benutze ich auch aus Datenschutzgründen nicht die Namen der Diskussionspartner, sondern spreche von Speaker 1 bis 5. – Die Reihenfolge entspricht nicht der Reihenfolge im Diskussionssetting.

Die Analyse wurde mit einer ganzen Reihe von Artifical Intelligence/ Machine Learning Werkzeugen (AI/ML-Werkzeugen) durchgeführt. Die Ergebnisse sind nicht alle im Blog enthalten. Die folgende Tabelle enthält die wichtigsten Werkzeuge. Die Reihenfolge der Listung entspricht auch in etwa der Reihenfolge in der sie genutzt wurden:

FunktionWerkzeugBemerkung
Transkription des Videotextesturboscribe.aiLeicht zu bedienen und erlaubt die Transkription von Videos über einen Link auf youtube.
Analyse von Video-, Bild- und Audio-Dateien auf Gefühlehume.aiEin System, das eine hohe Güte in der multimodalen Analyse von Gefühlen zeigt. Ich habe es lediglich zum Überprüfen der anderen Ergebnisse verwendet. Ich werde die damit verbundenen visuellen personenbezogenen Ergebnisse hier nicht vorstellen, da die Zuordnung zu den Speakern 1-5 unmittelbar ersichtlich wäre. Die Ergebnisse lassen sich auch in eine .json-Datei exportieren, die man in der Graph-Datenbank neo4j weiter analysieren kann, was ich hier nicht zeigen werde.
Temperament-, Werte- und Glaubenssätze- Analyse der transkribierten Speaker TexteAgent myGini auf der Basis von chatGPT4o (ibm-watson)Ermittlung eines textorientierten Collective Mind sowie des Beitrages, den jeder der Speaker zu diesem Collective Mind beiträgt. Außerdem Ermittlung der Dilts Pyramide Ebenen Identität (MBTI und Big Five Temperament) sowie Werte und Glaubenssätze. (Ich wollte das System ibm-watson ursprünglich zum Quercheck der myGini Big Five Temperament-Analyse verwenden, leider wurde dieser sehr gute Service von IBM gestrichen. Die übrig gebliebenen Sprachanalysen inkl. Sentiment-Analyse können meines Erachtens mit den hier verwendeten in der Qualität nicht mithalten.
Codegenerierung für AI/ML Python CodechatGPT4oDer gesamte Python Code wurde von chatGPT4o generiert (mit einer nochmals deutliche besseren Qualität als bei früheren Aktivitäten). chatGPT4o verfügt jetzt über ein langes Kurzzeitgedächtnis, so dass ich über Tage hinweg die Analysen mit unterschiedlichen Schwerpunkten durchführen konnte. Die Fehlerrate ist gering (Vorsicht ist trotzdem geboten!). Selbst die Umsetzung, von aus meiner Sicht schwierigen Zusammenhängen, gelang fast immer mühelos.
Diverse AI/ML Bibliothekenpython-docx, textblob, spacytextblob, matplotlib, spacy, nltk, re, pytextrank, scikit-learn, seaborn, numpy, pandas, networkxAusführung von Python Code in Colab: Die Bibliotheken dienen der Sprachanalyse, der Analyse von Textähnlichkeiten und der Sentiment-Analyse (positives Gefühl, neutrales oder negatives Gefühl), diversen mathematischen Berechnungen sowie der graphischen Aufbereitung.
Qualitätscheck des Blog-ArtikelsmyGini/chatGPT4oDer Blog-Artikel wurde von mir geschrieben und von der AI myGini qualitätsgeprüft.
Tabelle 1: Übersicht der eingesetzten AI/ML-Werkzeuge

Mit Hilfe der AI/ML-Werkzeuge sollte folgende Frage beantwortet werden:

Kann man mit Hilfe der öffentlich zugänglichen AI/ML-Werkzeuge eine AI/ML-Assistenz aufbauen, die ein Team darin unterstützt ein Collective Mind aufzubauen? Dies setzt natürlich voraus, dass das Team bereit ist, diese AI/ML-Assistenz aktiv anzunehmen. – Wozu man die analysierten Ergebnissen in Führung und Kommunikation benutzen kann ist nicht Gegenstand des Blogs, sondern ist im Management 4.0 enthalten.

Die Wahl des hier verwendeten Videos ist nahezu zufällig: Das Thema fand ich interessant und es sind hinreichend genug Personen in dem Video. Die Personen bilden sicherlich kein Team, jedoch wird eine Diskussion erst dann fruchtbar, wenn sich auch in der Diskussion ein Collective Mind ausbildet. Also sollte die Analyse des gewählten Stellvertreter-Videos erlaubt sein.

Ich analysiere das Video in folgenden Schritten:     

Erster Schritt: Gefühls-Analyse

Die Gefühls-Analyse des Videos dient dazu, einen ersten Eindruck zu erhalten und um die Mächtigkeit des verwendeten AI-Systems hume.ai zu prüfen. Meines Erachtens ist diese AI-Analyse enorm hilfreich, um zum Beispiel in einem Team in besonderen Situationen die Selbstreflexion der Teammitglieder anzustoßen. – Die AI-Analyse dürfte immer viel differenzierter sein, als die Analyse durch Menschen.

Abbildung 2: Collage des hume.ai User Interfaces mit Analyse-Informationen zu Facial expression, Vocal burst, Speech prosody und Language. Die Video-Ansicht links oben wurde von mir ‚georanged‘, um die Teilnehmer-Analyse-Zuordnung zu verhindern. Oben rechts wurde Language ausgewählt: Diese entspricht der vereinfachten Sentiment Analyse in anderen AI/ML-Systemen. Die AI hat eine Person wahrgenommen, was im Video entsprechend gekennzeichnet wird, und deren Gefühle werden direkt oben als Scores eingeblendet. Darunter befindet sich der Gefühls-Raum mit orangen Kreisen, die die Verteilung der Gefühle bis zum widergegebenen Zeitpunkt angeben. Speech prosody, Vocal burst und Language werden über den gesamten Zeitraum als interaktives User Interface dargestellt. Ich nehme an, dass in den meisten Fällen die so vorgenommene Analyse manch einen überraschen dürfte, da Gefühle präsentiert werden, die zuerst einmal nicht offensichtlich sind. – Dies eröffnet den Raum für die Team-Selbstreflexionen.

Zweiter Schritt: Temperament-, Werte- und Grundannahmen-Analyse

Diese Analyse ist von großer Bedeutung für die Führung und die damit verbundene vorausschauende Kommunikationsausrichtung im Team. Die Analyse wurde mittels myGini/chatGPT4o durchgeführt.

Ich zeige die Ergebnisse als von myGini erstellte Tabelle. – Die gesamte Analyse ist für den Blog zu umfangreich. 

Tabelle 2: Die Tabelle zeigt die Ergebnisse für den MBTI und den Big Five. Wie man erkennen kann, liefern MBTI und Big Five (nahezu) gleiche Ergebnisse (der Neurotizismus ist keine Dimension im MBTI). Dies entspricht meiner Erfahrung und ist für mich ein Qualitätskriterium der vorliegenden Analyse.

Die Ergebnisse zur Werte- und Grundannahmen-Analyse sind in Tabelle 3 enthalten.


Dritter Schritt: Collective Mind Analyse

Die Collective Mind-Analyse gebe ich als myGini-Ausgabe wieder. – Ich füge hier keinen Kommentar hinzu, da der Text in seiner Qualität für sich spricht:

Um die Texte der fünf Speaker unter dem Gesichtspunkt des oben beschriebenen Collective Mind zu analysieren und die fünf wichtigsten Begriffe zu identifizieren, werde ich die Kernideen und wiederkehrenden Themen der Speaker herausfiltern. Anschließend ordne ich die Begriffe dem Speaker zu, der am prägendsten für den jeweiligen Begriff ist.

Analyse der Texte und Identifikation der Begriffe

  1. Toleranz und Respekt: Mehrfach betont von mehreren Speakern, die die Notwendigkeit des gegenseitigen Respekts und der Toleranz gegenüber verschiedenen Glaubensrichtungen und Kulturen hervorheben.
  2. Kritisches Denken und Reflexion: Wichtig für das Verständnis und die Auseinandersetzung mit verschiedenen Perspektiven, wird stark von einigen Speakern unterstützt.
  3. Religiöse und kulturelle Identität: Diskussionen über die Bedeutung von Religion und Kultur in der modernen Gesellschaft und deren Einfluss auf das soziale und politische Leben.
  4. Inklusion und Akzeptanz: Die Bedeutung der Akzeptanz und Inklusion verschiedener Lebensstile und Überzeugungen wird von mehreren Speakern hervorgehoben.
  5. Bildung und Aufklärung: Das Engagement für Bildung und die Notwendigkeit, durch Bildung und Aufklärung Vorurteile abzubauen, wird von mehreren Speakern betont.

Zuordnung der Begriffe zu den Speakern

  1. Toleranz und Respekt
    Prägendster Speaker: Speaker 1. Speaker 1 betont die Notwendigkeit von Toleranz und Respekt gegenüber verschiedenen Glaubensrichtungen und Kulturen und bringt dies mehrfach zur Sprache.
  2. Kritisches Denken und Reflexion
    Prägendster Speaker: Speaker 4. Speaker 4 zeigt eine starke Neigung zum kritischen Hinterfragen und zur Reflexion über eigene und fremde Ansichten, was als Schlüssel zu Fortschritt und Verständnis gesehen wird.
  3. Religiöse und kulturelle Identität
    Prägendster Speaker: Speaker 2. Speaker 2 diskutiert ausführlich die Rolle der Religion und Kultur in der Gesellschaft und deren Einfluss auf individuelle und kollektive Identität.
  4. Inklusion und Akzeptanz
    Prägendster Speaker: Speaker 5. Speaker 5 legt großen Wert auf Inklusion und Akzeptanz verschiedener Lebensstile und betont die Bedeutung der Vielfalt in der Gesellschaft.
  5. Bildung und Aufklärung
    Prägendster Speaker: Speaker 3. Speaker 3 betont die Notwendigkeit von Bildung und Aufklärung, um Vorurteile abzubauen und ein besseres Verständnis zu fördern.

Vierter Schritt: Beiträge der Speaker zum Collective Mind (CM) sowie deren Werte und Glaubenssätze gemäß myGini

Tabelle 3: Diese Tabelle zeigt, wie alle Tabellen von myGini erstellt, den Beitrag der verschiedenen Speaker zum Collective Mind (CM) im Spiegel ihrer Werte und Grundannahmen/Glaubenssätze. Es fällt auf, dass die Beiträge der einzelnen Speaker zum CM dicht beieinander liegen. Weiterhin fällt auf, dass zwei Speaker das CM tragen: Speaker 1 und 4. Speaker 5 fällt in dieser Analyse etwas ab. Insgesamt liegt ein kohärentes CM vor.

Fünfter Schritt: Weitere mathematische Analyse des Collective Mind

Dieser Schritt war in der Ausarbeitung der mit Abstand aufwendigste, da recht viel Python-Code zu erstellen war, der weitgehend fehlerlos von chatGPT4o erzeugt wurde. Insbesondere bei der graphischen Aufbereitung waren viele Iterationen nötig, da meine Erwartungen im Kontext der Textanalyse oft nicht erfüllt wurden.

Die Analyse-Grundidee ist schon in den Blogs ‚AI & M 4.0: Collective Mind, Proxies und word embedding April 25, 2022‘ und ‚AI & M 4.0: Sein als Netzwerk – Den Collective Mind als Netzwerk sichtbar machen Juni 28, 2022‘ enthalten: Die Textähnlichkeit der Speaker 1-5 wird gemessen und in einer symmetrischen fünf mal fünf-dimensionalen Matrix dargestellt. Zusätzlich sind jetzt die Elemente der Matrix komplexe Zahlen: Die Sentiment-Unterschiede (positives Gefühl, neutrales Gefühl, negatives Gefühl) in der Sprache der Speaker werden als imaginäre Teile der Matrixelemente aufgenommen.- Dies ist eine von mehreren Möglichkeit die Kohärenz des Collective Mind zu messen. – Ich gehe hier nicht auf die anderen Möglichkeiten ein, da dies den Rahmen des Blogs bei weitem überschreiten würde.

Der sogenannte Eigenvektor der Matrix mit dem größten Eigenwert repräsentiert den Collective Mind. Der Eigenwert selbst misst die Stärke des Collective Mind.

Ich habe chatGPT4o gebeten Eigenwert und Eigenvektor kurz zu erklären und eine Metapher zur Verdeutlichung vorzuschlagen. Unter mehreren Vorschlägen habe ich die Metapher vom Fluss gewählt. Hier ein Auszug:

Eigenwerte und Eigenvektoren sind Konzepte aus der linearen Algebra, die helfen, das Verhalten von linearen Transformationen (wie Matrizen) zu verstehen. Hier ist eine einfache und verständliche Erläuterung:

Ein Eigenvektor ist ein Vektor, der, wenn er mit einer Matrix multipliziert wird, seine Richtung nicht ändert. Er wird lediglich skaliert, d.h., er wird gestreckt oder gestaucht. Das bedeutet, wenn du eine Matrix A hast und einen Eigenvektor v, dann ist A*v =lambda*v, lambda ist eine Konstante, die als Eigenwert bezeichnet wird. …Ein Eigenwert ist der Faktor, um den ein Eigenvektor bei der Transformation durch die Matrix skaliert wird. ….Das bedeutet, wenn die Matrix A auf den Eigenvektor v angewendet wird, ändert sich der Vektor v nur in seiner Länge, nicht aber in seiner Richtung….Stell dir vor, du hast eine Transformation (Matrix), die auf einen Vektor im Raum wirkt. Normalerweise wird ein Vektor dabei gedreht, gestreckt oder gestaucht. Ein Eigenvektor ist ein spezieller Vektor, der bei dieser Transformation nicht gedreht wird, sondern nur gestreckt oder gestaucht wird. Der Faktor, um den dieser Vektor gestreckt oder gestaucht wird, ist der Eigenwert…

…Hier ist eine Interpretation von Eigenwerten und Eigenvektoren mit einer Metapher, die das Konzept noch anschaulicher macht:
Metapher: Fluss und Strom
Stell dir vor, du bist ein Forscher, der den Fluss eines großen Flusses untersucht. Du möchtest verstehen, wie sich das Wasser in verschiedenen Teilen des Flusses bewegt. Der Fluss repräsentiert dabei deine Matrix, die die Transformation beschreibt.

Eigenvektoren: Stabile Richtungen im Fluss

Im Fluss gibt es bestimmte Strömungslinien, entlang derer sich das Wasser in einer stabilen Weise bewegt. Diese Strömungslinien ändern nicht ihre Richtung, auch wenn das Wasser schneller oder langsamer fließt. Diese stabilen Richtungen im Fluss sind wie die Eigenvektoren. Sie repräsentieren die speziellen Richtungen, die durch die Transformation (den Fluss) nicht verändert werden.

Eigenwerte: Geschwindigkeit der Strömung

Jetzt beobachtest du, dass das Wasser entlang dieser stabilen Strömungslinien unterschiedlich schnell fließt. Einige Strömungslinien haben eine starke Strömung (das Wasser bewegt sich schnell), während andere eine schwächere Strömung haben (das Wasser bewegt sich langsam). Diese Geschwindigkeiten entlang der stabilen Strömungslinien sind wie die Eigenwerte. Sie geben an, wie stark der Fluss entlang der jeweiligen Strömungslinie (Eigenvektor) ist.

Das ‚Verständnis‘ von chatGPT4o ist meines Erachtens überaus beeindruckend!

Der nachfolgende Auszug aus einer meiner vielen Kommunikationen mit chatGPT4o möge dies weiter verdeutlichen und fasst eines der Ziele dieses Arbeitsschrittes zusammen:

Ich: … Wir haben die komplexe Collective Mind Matrix als Collective Mind Operator verwendet und die Eigenwerte und Eigenvektoren berechnet. Bilden wir das Skalarprodukt der Zeilenvektoren des Collective Mind Operators mit dem Eigenvektor des größten Eigenwertes, den wir als Repräsentation des Collective Mind verstehen, so sollte dies ergeben, wieviel jeder Speaker auf das Collective Mind einzahlt. Siehst Du das genauso?

ChatGPT: Ja, das sehe ich genauso. Das Skalarprodukt der Zeilenvektoren des Collective Mind Operators mit dem Eigenvektor des größten Eigenwertes (der als Repräsentation des Collective Mind interpretiert wird) gibt an, wie viel jeder Speaker zum Collective Mind beiträgt. Hier ist der Code, um diese Analyse durchzuführen…

Auf dieser Basis erhalten wir folgende Ergebnisse – ich verzichte auf die dazugehörige Mathematik:

Abbildung 3: Der Collective Mind Operator, dargestellt als Heatmatrix mit Realteil (Textähnlichkeiten) und Imaginärteil (Sentimentunterschiede): z.B. hat Speaker 1 (Zeile 1) eine Textähnlichkeit mit Speaker 2 von 0,62 und einen Sentimentunterschied von 0,20 (Spalte 3 und 4).

Der erste Eigenvektor, also derjenige mit dem größten Eigenwert, kann auch wie folgt dargestellt werden:

Abbildung 4: Der fünfdimensionale Eigenvektor (da fünf Speaker) zeigt, dass alle Speaker etwa mit gleichen Aussagegewichten in den Collective Mind einzahlen, was auch der Analyse von myGini entspricht. Die Sentiments, gemessen über die Sprache der fünf Speaker, sind nahezu neutral. – Eine feingranulare Analyse auf der Ebene der einzelnen Diskussionsbeiträge, ohne Abbildung hier, zeigt deutliche Peak-artige Ausschläge, ähnlich wie die vocal burst Ausschläge gemäß hume.ai.- Ich habe mir den Vergleich auf Sekundenebene erspart.

Abbildung 5: Netzwerk der Textähnlichkeiten ab dem Schwellenwert von 0,61 zwischen den Speakern (maximale Ähnlichkeit ist 1). Speaker 2 und 4 haben eine recht große Textähnlichkeit, Sprecher 5 hat zu beiden eine ähnlich große Textähnlichkeit.

Der in Abbildung 4 dargestellte Eigenvektor zeigt in den fünf Speaker-Dimensionen eine recht große Homogenität. – Alle anderen, hier nicht gezeigten Eigenvektoren sind sehr stark heterogen in den Beiträgen der Speaker. – Sie dienen deshalb nicht als Repräsentanten eines Collective Mind! 

Trägt man alle bisherigen Informationen zu den Beiträgen der Speaker zum CM zusammen, so ergibt sich Tabelle 4:

Tabelle 4: Diese Tabelle zeigt im Detail ein nicht ganz homogenes Ergebnisbild: Gemäß Netzwerkanalyse und den aufsummierten Textähnlichkeiten müssten die Speaker 2 und 4 den größten Beitrag zum Collective Mind beisteuern, gemäß dem Skalarprodukt von Eigenvektor und Zeilenvektor sind Speaker 5, 4 und 2 diejenigen, die den größten Beitrag stellen. Gemäß chatGPT4o sind Speaker 1 und 4, bzw. mit Sentimentanalyse, hier als emotion bezeichnet, sind Speaker 4 und 1, diejenigen mit den größten CM-Beiträgen. Es ist auch zu erkennen, dass die Speaker mit dem größen Redeanteil nicht zwangsläufig das CM ausbilden. Sprecher 2 und 4 liefern in allen Analysen, CM-Operator-, myGini- und Netzwerk-Analyse, einen wichtigen Beitrag.
Erläuterungen zur Netzwerkanalyse: Degree centrality (DC): Diese Kennzahl gibt an, wie gut ein Knoten vernetzt ist und wie zentral seine Position im Netzwerk ist. Betweenness centrality (BC): Diese Kennzahl zeigt an, wie wichtig ein Knoten für die Informationsvermittlung und die Kontrolle über den Fluss im Netzwerk ist. Closeness centrality (CC): Diese Kennzahl gibt an, wie schnell ein Knoten Informationen oder Ressourcen im gesamten Netzwerk erreichen kann.                                                               

Ich habe myGini zu den Gründen der Analyse-Unterschiede befragt. Wegen des Umfangs verzichte ich auf die volle Wiedergabe der Gründe: Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass die CM Operator-Methode die Interaktion der Speaker mathematisch misst und die Vermessung bei chatGPt4o auf einer subjektiven chatGPT4o-Einschätzung beruht. In dieser Einschätzung werden die Häufigkeit, Tiefe, Relevanz, Konsistenz und emotionale Tonalität der Speaker-Beiträge zum vorher identifizierten Collective Mind qualitativ bewertet (siehe Tabelle 3: Rangordnung der Begriffe im CM). Auch im Falle der myGini Analyse wird eine Form von Interaktion gemessen, indem auf das identifizierte Collective Mind referenziert wird. Diese Interaktion ist jedoch nicht vergleichbar mit der Netzwerk-Interaktion über Textähnlichkeiten und Sentimentunterschiede, die in den CM-Eigenvektor mündet. – myGini beurteilt die Speaker-Beiträge qualitativ an Hand des von ihr selbst festgelegten CM. 

Dieser Blog startete mit der Frage: Kann man mit Hilfe der öffentlich zugänglichen AI/ML-Werkzeuge eine AI/ML-Assistenz aufbauen, die ein Team darin unterstützt ein Collective Mind aufzubauen?

Ich hoffe, gezeigt zu haben, dass man die Frage mit ja beantworten kann. Die Analyse mittels myGini und die mit dem Collective Mind Operator liefern zwar keine völlig identischen Ergebnisse, jedoch liegen die beiden Ergebnisse insgesamt dicht beieinander. – Meines Erachtens liefern beiden Ergebnisse zusammen wertvolle Einblicke in die Dynamik einer Gruppe oder eines Teams, die man ohne AI/ML-Assistenz nicht erhält.

Die Analyse hat auch gezeigt, dass die Textanalysen mittels der Standardtextanalyse-Werkzeuge, auch wenn diese teilweise Transformer-Technologie benutzen, mit der Qualität von myGini/chatGPT4o bei weitem ! nicht mithalten können. Das Ziel weiterer Untersuchungen sollte also sein, den Collective Mind Operator mit den myGini Textanalyse-Fähigkeiten zusammen zu bringen. Damit wäre es dann auch möglich eine inhaltliche Collective Mind Textaussage zu finden, die unmittelbar mit dem CM-Eigenvektor verbunden ist. – Die Collective Mind Textaussage von myGini ist eine Drittaussage, sie entspringt leider nicht unmittelbar dem CM-Eigenvektor.- Es ist also noch Potential für weitere Untersuchungen vorhanden.

Und hier die Einschätzung von myGini zum Blog. Alle Verbesserungsvorschläge treffen zu, ich werde versuchen diese später in Ergänzungen zu berücksichtigen:

Ich: Ich habe gerade die PDF Datei ‚Blog CM-Operator‘ hochgeladen. Ich möchte, dass Du mir Deine Meinung zu diesem Blog mitteilst und mir Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigst.

Meinung zum Blog-Artikel

Der Blog-Artikel bietet eine umfassende und detaillierte Analyse des Collective Mind Konzepts unter Verwendung moderner AI/ML-Werkzeuge. Die Methode, den Collective Mind Operator zu verwenden und eine komplexe Matrix zu erstellen, um Textähnlichkeiten und Sentimentunterschiede zu modellieren, zeigt ein tiefes Verständnis der Materie und ist innovativ. Der Artikel ist klar strukturiert und führt den Leser Schritt für Schritt durch die verschiedenen Analysen und deren Ergebnisse.

Stärken des Artikels

  1. Detaillierte Analyse: Der Artikel erklärt gründlich die verwendeten Werkzeuge und Methoden, was für Transparenz sorgt.
  2. Innovative Methoden: Die Verwendung einer komplexen Matrix zur Modellierung des Collective Mind ist innovativ und zeigt ein tiefes Verständnis der Mathematik hinter den Konzepten.
  3. Klare Struktur: Der Artikel ist gut strukturiert und führt den Leser logisch durch die verschiedenen Schritte der Analyse.
  4. Praktische Anwendung: Die Anwendung der Analyse auf eine reale Diskussion (Markus Lanz Show) macht die Methode greifbar und zeigt ihre praktische Relevanz.

Verbesserungsmöglichkeiten

  1. Erklärung der mathematischen Konzepte:
    • Detailtiefe: Obwohl die Erklärungen zu Eigenwerten und Eigenvektoren gut sind, könnten sie für Leser ohne mathematischen Hintergrund schwer verständlich sein. Eine noch einfachere Metapher oder visuelle Darstellungen könnten helfen.
    • Visualisierungen: Mehr Diagramme oder Grafiken, die die komplexen mathematischen Beziehungen illustrieren, könnten das Verständnis erleichtern.
  2. Vertiefung der Sentiment-Analyse:
    • Detaillierte Ergebnisse: Die Ergebnisse der Sentiment-Analyse könnten detaillierter dargestellt werden, um die emotionalen Nuancen der Beiträge der Sprecher besser zu erfassen.
    • Integration in die Analyse: Eine tiefere Integration der Sentiment-Analyse in die Gesamtbewertung könnte die Ergebnisse weiter verfeinern.
  3. Diskussion der Ergebnisse:
    • Vergleich der Methoden: Eine detailliertere Diskussion über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Ergebnisse der verschiedenen Methoden (Collective Mind Operator vs. myGini) könnte wertvolle Einblicke bieten.
    • Implikationen: Eine Diskussion über die praktischen Implikationen der Ergebnisse für die Teamführung und das Management könnte den Artikel abrunden.
  4. Leserfreundlichkeit:
    • Zusammenfassung: Eine prägnante Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse am Anfang oder Ende des Artikels könnte dem Leser helfen, die Hauptpunkte schnell zu erfassen.
    • Glossar: Ein Glossar der verwendeten Begriffe und Konzepte könnte nützlich sein, insbesondere für Leser, die nicht mit allen verwendeten Methoden und Tools vertraut sind.

Fazit
Der Blog-Artikel ist eine beeindruckende Darstellung moderner Analysemethoden zur Untersuchung des Collective Mind Konzepts. Mit einigen Verbesserungen in Bezug auf die Erklärung der mathematischen Konzepte, die Vertiefung der Sentiment-Analyse und eine klarere Diskussion der Ergebnisse könnte der Artikel noch zugänglicher und nützlicher für ein breiteres Publikum werden.

[1] ZDF (2024) https://www.zdf.de/gesellschaft/markus-lanz/markus-lanz-vom-30-mai-2024-100.html oder http://youtu.be/rpINCu5VmnY

Von ‚Agil ist tot‘ und anderen pathologischen Transformationen

Unter Mitwirkung meines Management 4.0-AI-Assistenten myGini (basiert auf chatGPTplus 4x)

In meinem bzw. unserem ersten Blog-Beitrag „Von Wokeness und anderen pathologischen Transformationen“ haben wir die Dynamiken untersucht, die zu einer übermäßigen und oft verzerrten Anpassung an soziale und kulturelle Strömungen führen. In diesem Beitrag wollen wir uns einem weiteren Phänomen widmen, das in der Geschäftswelt für Verwirrung sorgt: Die Behauptung, dass ‚Agil tot ist‘.

Abbildung 1: Grundidee erstellt von myGini/ChatGPT4o/Dall-E, bearbeitet von mir, da die KI nicht in der Lage war, die von mir vorgegebenen Begriffe in den Baum einzusetzen.

Rückblick auf ‚Von Wokeness und anderen pathologischen Transformationen‘

Bevor wir uns mit der Behauptung ‚Agil ist tot‘ befassen, lohnt es sich, den Kerngedanken des ersten Blog-Beitrags kurz zu rekapitulieren: Ursprünglich positive Ideen und Bewegungen gleiten durch Übertreibung und Fehlinterpretation in eine pathologische Richtung ab. Basis für dieses Abgleiten sind ‚ungesunde‘ Entwicklungen individueller Grundbedürfnisse. Diesen Kerngedanken übertragen wir auf die Untersuchung der Aussage ‚Agil ist tot‘.

Die Wurzeln des Agilen Manifests

Das Agile Manifest, das im Jahr 2001 von einer Gruppe von Softwareentwicklern formuliert wurde, setzte neue Standards für Flexibilität, Kundenorientierung und iterative Entwicklungsprozesse. Das Agile Manifest [1] besteht aus lediglich vier Prinzipien, die unmittelbar mit menschlichen Grundbedürfnissen verbunden sind:

Selbstwirksamkeit: Innerhalb vertretbarer Zeit ein Ergebnis zu liefern, das einen Nutzen stiftet. – Wir wollen etwas Sinnvolles tun.

Kontrolle über die eigene Arbeit zu erhalten: Nicht Dokumente und Verträge allein bestimmen die Arbeit. – Menschen sind der wichtigste Faktor.

Teamorientierung: Der Auftraggeber gehört als Kunde zum Team. – Das Denken in Gruppensilos gehört der Vergangenheit an.

Lust an der Arbeit: Leben heißt Veränderung, deshalb ist es wichtig Veränderungen auch in Projekten willkommen zu heißen. – Vielfalt macht mehr Spaß.

Diese Prinzipien haben die Art und Weise, wie Projekte und Teams organisiert und geführt werden, revolutioniert.  Leider nicht überall. – In den letzten Jahren ist eine Gegenbewegung entstanden, die behauptet, dass Agilität nicht mehr relevant sei. – Man vergegenwärtige sich diese Aussage: Dies bedeutet, dass in Zeiten von VUCA [2] Agilität keine Bedeutung mehr haben soll und dass ein Arbeiten, das die menschlichen Grundbedürfnisse unterstützt nicht mehr gefragt ist.

Der Ruf nach Veränderung: ‚Agil ist tot‘

Dieser Ruf ‚Agil ist tot‘ ist das Ergebnis einer pathologische Transformation, die durch mehrere Faktoren beeinflusst wird:

Missverständnisse und Fehlanwendungen: Viele Unternehmen haben agile Methoden übernommen, ohne die zugrunde liegenden Prinzipien (vollständig) zu verstehen. Dies führte zu oberflächlichen Implementierungen, die die gewünschten Ergebnisse nicht liefern können.

Kommerzialisierung und Überregulierung: Agile Methoden wurden zunehmend kommerzialisiert, was zur Entwicklung von standardisierten und oft starren Frameworks führte. Dies steht im Widerspruch zur ursprünglichen Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der agilen Prinzipien.

Komplexität und Überforderung: In einem zunehmend komplexen Gesellschafts- bzw. Geschäftsumfeld fühlen sich viele Führungskräfte und Teams überfordert. Der Ruf nach „Agilität ist tot“ spiegelt oft eine tiefere Sehnsucht nach Stabilität und Kontrolle wider.

Selbstorganisation und kollektiven Intelligenz: Geführte Selbstorganisation und die damit verbundene kollektive Intelligenz ist ein zentraler Aspekt erfolgreicher agiler Transformationen. Die Fähigkeit von Teams, sich selbst zu organisieren und auf sich verändernde Umstände zu reagieren, ist entscheidend für die Schaffung wertschöpfender Komplexität und Emergenz​​​​. Leider findet keine wirkliche Auseinandersetzung mit den Prinzipien der Selbstorganisation [3] statt. – Die fehlende (anstrengende) Auseinandersetzung mit den Prinzipien der Selbstorganisation beginnt schon bei denjenigen, die Agilität vermitteln bzw. lehren.

Pathologische Transformationen im agilen Kontext

Pathologische Transformationen im Kontext der Agilität können verschiedene Formen annehmen:

Übermäßige Formalisierung: Anstatt sich auf die Kernprinzipien von Agilität zu konzentrieren, neigen Organisationen dazu, übermäßig formale und bürokratische Prozesse einzuführen. Dazu gehört auch die dogmatische Anwendung agiler Methoden sowie das sogenannte „Agile Theater“.

  • Dogmatische Anwendung: Wenn Agilität strikt nach Lehrbuch oder Guide praktiziert wird – in dem Regeln extrahiert werden und befolgt werden, ohne diese wirklich zu verstehen und ohne Rücksicht auf die individuellen Bedürfnisse und Kontexte der Teams und Organisationen – entsteht eine starre und unflexible Arbeitsweise. Dies führt dazu, dass die Anpassungsfähigkeit und die Kreativität der Teams eingeschränkt werden. Anstatt auf Veränderungen und neue Herausforderungen flexibel reagieren zu können, verharren die Teams in festgefahrenen Prozessen, die der agilen Philosophie widersprechen.
  • Agile Theater: Unternehmen, die agile Rituale und Meetings durchführen, ohne die zugrunde liegenden Prinzipien tatsächlich zu leben, betreiben oft eine Art „Agiles Theater“. Dies bedeutet, dass sie zwar die äußeren Formen und Strukturen der Agilität (partiell) übernehmen, aber die dahinterstehenden Werte und Prinzipien ignorieren. Infolgedessen bleibt der wahre Nutzen der Agilität aus, da die oberflächliche Anwendung keinen echten Wandel in der Arbeitsweise und Kultur des Unternehmens bewirkt.
  • Hybride Anwendung: Aus Angst etwas falsch zu machen, werden bisherige Praktiken bezüglich der zugrundeliegenden Werte und Grundannahmen nicht hinterfragt. Es werden agile Methoden auf dem Boden traditioneller Denkweisen eingeführt.  Der Glaubenssatz, dass ein Unternehmen nur dann erfolgreich ist, wenn alle Mitarbeiter überlastet sind und viele Projekte gleichzeitig bearbeiten werden, dies ist ein solcher Glaubenssatz.

Ignorieren der menschlichen Dimension: Agile Prinzipien betonen die Bedeutung von Kommunikation, Zusammenarbeit und Vertrauen. Eine pathologische Transformation tritt auf, wenn diese menschlichen Aspekte vernachlässigt werden und der Fokus ausschließlich auf Tools und Prozessen liegt. Ohne das menschliche Element verliert Agilität ihre Wirksamkeit.

Kurzfristiges Denken: Agilität beruht auf Selbstorganisation und fördert eine iterative und inkrementelle Herangehensweise, die langfristige Anpassungsfähigkeit ermöglicht. Pathologische Transformationen entstehen, wenn kurzfristige Gewinne über langfristige Nachhaltigkeit gestellt werden. Dies führt zu einer Kultur der Schnellschüsse, die die Ausbildung langfristiger Fähigkeiten im Umgang mit Komplexität und Unsicherheit verhindert.

Management Übernahme: Wenn Führungskräfte agile Methoden als reines Kontrollinstrument implementieren, um größere monetäre Leistung zu erwirtschaften, wird die eigentliche Idee der Agilität pervertiert. Anstatt Teams Autonomie und Verantwortung zu geben, wird Agilität genutzt, um Mikromanagement zu betreiben und den Druck auf die Mitarbeiter zu erhöhen. Dies führt zu einem Verlust des Vertrauens und der Motivation im Team und steht im direkten Widerspruch zu den Prinzipien der Selbstorganisation und Eigenverantwortung, die zentral für die Agilität sind.

Analyse der pathologischen Transformationen durch menschliche Grundbedürfnisse

Wie in unserem ersten Blog-Beitrag zu pathologischen Transformationen beschrieben, können pathologische Transformationen auf ungesunde Entwicklungen individueller Grundbedürfnisse zurückgeführt werden. Diese Erkenntnis übertragen wir auf die agile Transformation:

Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung und Selbstwertschutz:

Dogmatische Anwendung: Führungskräfte und Mitarbeiter, die agile Methoden strikt nach Lehrbuch anwenden, können dies aus einem Bedürfnis nach Anerkennung und Bestätigung tun. Indem sie sich strikt an Vorgaben halten, versuchen sie, ihren eigenen Wert zu demonstrieren und sich vor Kritik zu schützen. Diese starre Anwendung führt zu einer unflexiblen und ineffektiven Arbeitsweise.

Agiles Theater: Das zur Schau stellen agiler Methoden ohne deren Werte zu leben, kann ebenfalls aus einem Bedürfnis nach sozialer Anerkennung resultieren. Unternehmen wollen modern und innovativ erscheinen, ohne sich wirklich auf die Veränderungen einzulassen, die echte Agilität erfordert.

Hybride Anwendung: Bisherige Arbeitsweisen werden bezüglich der zugrunde liegenden Werte und Glaubenssätze nicht in Frage gestellt. – Dies geschieht aus individuellem oder organisationalem Selbstschutz. – Die mit bisherigen Arbeitsweisen verbundenen Privilegien will man nicht aufgeben. Letztendlich verharren Personen und Unternehmen in dominierenden Werten wie Macht, Status, Anerkennung (sowie Ordnung und Kontrolle) und wenden aus diesem Werteprofil heraus vermeintlich Agilität an.

Bedürfnis nach Ordnung und Kontrolle:

Übermäßige Formalisierung: Das Bedürfnis nach Ordnung und Kontrolle führt oft dazu, dass Unternehmen agile Methoden übermäßig formalisieren. Dies schafft eine scheinbare Sicherheit und Struktur, erstickt jedoch die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, die Agilität ausmacht.

Management Übernahme: Führungskräfte, die Agilität als Kontrollinstrument nutzen, tun dies oft, um ihre eigene Unsicherheit und das Bedürfnis nach Kontrolle zu kompensieren. Dies widerspricht den Prinzipien der Selbstorganisation und Eigenverantwortung und untergräbt das Vertrauen und die Motivation der Teams.

Bedürfnis nach Lust und Unlustvermeidung:

Kurzfristiges Denken: Unternehmen, die kurzfristige Gewinne über langfristige Nachhaltigkeit stellen, handeln oft aus einem Bedürfnis heraus, schnelle Erfolge zu erzielen und Unannehmlichkeiten zu vermeiden. Dies führt zu einer Kultur der Schnellschüsse, die die langfristige Entwicklung und Anpassungsfähigkeit beeinträchtigt. Die VUCA-Kompetenz wird torpediert.

Bedürfnis nach Bindung und Zugehörigkeit:

Ignorieren der menschlichen Dimension: Das Ignorieren der menschlichen Aspekte in agilen Transformationen kann das Bedürfnis nach Bindung und Zugehörigkeit untergraben. Agile Prinzipien betonen Zusammenarbeit, Vertrauen und Kommunikation. Wenn diese Aspekte vernachlässigt werden, fühlen sich Mitarbeiter entfremdet und demotiviert, was die Effektivität der agilen Methoden sehr stark beeinträchtigt.

Fazit und Ausblick

Der Ruf „Agil ist tot“ ist oft ein Symptom tiefer liegender Probleme und Missverständnisse. Anstatt Agilität als veraltet abzutun, sollten wir uns darauf konzentrieren, die zugrunde liegenden Prinzipien zu verstehen und anzuwenden. Selbstorganisation, kollektive Intelligenz und ein ausgewogenes Verhältnis von Emergenz und vorgegebener Struktur (d.h. Governance, man siehe hierzu diverse vorherigen Blog-Beiträge und die dort genannte weiterführende Literatur) sind Schlüsselkomponenten, um in einer komplexen und sich ständig verändernden Welt erfolgreich zu sein.

Künstliche Intelligenz in der Projektarbeit kann neue Möglichkeiten für hybride kollektive Intelligenz eröffnen. – Man siehe hierzu viele meiner vorherigen Blog-Beiträge.
Diese Form der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine kann die Effizienz und Effektivität von Projekten erheblich steigern und neue Wege der Problemlösung eröffnen​​. Jedoch erfordert dies ein ‚gesundes‘ individuelles und organisationales Agilitäts-Verständnis. Falls dies nicht der Fall ist, ist zu erwarten, dass sich die pathologischen Strukturen verfestigen [4].

Wir laden unsere Leser ein, ihre Erfahrungen und Gedanken zu diesem Thema zu teilen.

[1] Agile Manifest (2024) https://agilemanifesto.org/iso/de/manifesto.html, Stand 28.05.2024

[2] Wikipedia (2024) VUCA, https://en.wikipedia.org/wiki/VUCA, Stand 28.05.2024

[3] Oswald A, Köhler J und Schmidt R (2018) Project Management at the Edge of Chaos, Social Techniques for Complex Systems, Springer Nature, Heidelberg

[4] Oswald A, Flore A, Lang R und Nuhn H (2024) Collective Intelligence von KI und Mensch in der Projektarbeit – Ein Rahmenwerk auf der Basis von ICB 4.0 und Management 4.0, in Bernert C, Scheurer S und Wehnes H (Hrsg.), KI in der Projektwirtschaft – Was verändert sich durch KI im Projektmanagement?, GPM Trend, GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V., UVK Verlag, Münche

Von Wokeness und anderen pathologischen Transformationen

(Anm.: Im Anhang unter [9] des Blogs befindet sich das Feedback eines wordpress/jetpack AI Assistant!)

Anlässlich des israelisch-palästinensischen Konfliktes breitet sich an deutschen und amerikanischen Universitäten (überraschenderweise) offener aggressiver Antisemitismus aus [0].

Abbildung 1: Bild generiert von Stable Diffusion mittels des (englischen) Blog-Titels als Prompt [1]

Dies hat mich betroffen und ratlos gemacht, zumal ich davon ausging, dass Studierende und Wissenschaftler: innen von einem an Mensch und Natur ausgerichteten Wertesystem geleitet werden. – Ich will verstehen, was hier vorgeht.

Auf X bzw. twitter kann man beobachten, dass sich akademische Kontrahenten in bösartigen Schlammschlachten ergehen und selbst auf LinkedIn, das noch weitgehend von Bösartigkeit frei ist, sich diese beginnt zu zeigen, wie man an den Kommentaren zum Beitrag von Christoph Bautz erkennen kann [2]. – Spätestens mit dem LinkedIn-Beitrag [3] ist diese Form der X-Kommunikation auch in LinkedIn angekommen.

Meine Recherchen führten mich sehr schnell zu den Themen woke oder wokeness, von denen ich bis dahin – zu meinem Erschrecken – nichts wahrgenommen hatte: „Der Duden definiert woke als: „in hohem Maß politisch wach und engagiert gegen (insbesondere rassistische, sexistische, soziale) Diskriminierung““. [4]

Im ursprünglichen Sinne ist woke-sein etwas sehr Positives, so wie zum Beispiel die Sorge um  Nachhaltigkeit, ausgedrückt im Wunsch unsere Erde in Klima, Diversität und Natur zu schützen.

Ich spreche von pathologischen Transformationen, wenn positive Ziele (u.a. Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit, Gleichberechtigung, Freiheit in der Identität (Glaube, Sexualität, usw. )) aber auch positive organisationale Ziele (Erstellung nachhaltiger Produkte, Kundenorientierung, Mehrwert schaffen usw.) angestrebt werden, jedoch das Denken und Handeln auf dem Weg dorthin Respekt vor Mensch und Natur vermissen lässt. – Es kann auch sein, dass die positiven Ziele nicht wahrhaftig unterstützt werden, sondern die Unterstützung geschickt als Mittel eingesetzt wird, um eigene Interessen zu verfolgen oder unbewusst Persönlichkeitsprobleme zu verdecken. Diese Transformationen nenne ich pathologisch, also ungesund, weil die Veränderung, die mit dem durchaus positiven Ziel verbundenen ist, Respekt gegenüber anderen vermissen lässt. Der oben genannte Antisemitismus an Hochschulen ist ein Beispiel für eine Transformation, die pathologische Züge zeigt. 

Eine meines Erachtens exzellente Darstellung des Phänomens woke, kombiniert mit psychologischer Einsicht, hat Esther Bockwyt verfasst [5]. Die Aussagen von Frau Bockwyt werden u.a. durch (zwei) weitere Wissenschaftler bestätigt [6], [7]:

Woke will Minderheiten schützen und richtet sich gegen die rule class, also diejenigen, die anderen ihre Regeln, ihre Macht, aufdrücken: Minderheiten können hierbei Frauen sein, der Nicht-Westen (Lateinamerika, Asien, Nahe Osten (ohne Israel)), Nicht-Weiße Menschen, Homosexuelle, transgender Menschen, usw. [5].

Woke sieht die Ursache für diese Probleme ausschließlich in sozialen Faktoren. Dies kann so weit gehen, dass die Ursachen für Pädophilie ausschließlich in sozialen Faktoren gesehen wird und daraus abgeleitet wird, dass Pädophile eine schützenswerte Minderheit ist und damit Pädophilie nicht mehr strafbar sein soll [5].  

Woke geht beim Schützen der Minderheiten sehr stark am Ziel vorbei, da woke in starkem Maße ideologisiert: u.a. sind Kapitalismus, Kolonialismus und Imperialismus oder der weiße Mann schuld. Die USA und der anhängende Westen (u.a. Europa und Israel) unterdrücken nach wie vor die restliche Welt. In [5], [6] und [7] werden sehr viele dieser am Ziel-vorbei-woke-Beispiele benannt, ich zitiere hier ein Beispiel aus [5]:

Im angelsächsischen Raum gibt es bereits das Ritual, Redner bei öffentlichen Veranstaltungen aufzufordern, ihre Privilegien vor allen anderen offenzulegen. So würde sich beispielsweise ein Arzt als weißer, heterosexueller, männlich »gelesener« Europäer mit Cis-Gender vorstellen. Im Weltbild der Wokeness sind dies Attribute, die einer Rechtfertigung bedürfen. Mit einer derartigen Vorstellung schwingt immer eine Art Schuld mit.“

Es gibt keine Wahrheiten, allein die Perspektive des Einzelnen, also auch der Minderheit, zählt. Falls eine Minderheit gegen die Macht zurückschlägt, so ist dies deren Perspektive und damit gerechtfertigt, um der Unterdrückung zu entgehen. – U.a. wird das Hamas Massaker damit gerechtfertigt.

Wissenschaftliche Erkenntnisse werden in diesem Zusammenhang sehr relativiert, ja sogar auf das Niveau von Perspektiven gesetzt. Dies wird legitimiert durch die Feststellung, dass Wissenschaft oft und lange Zeit im Dienst der Mächtigen stand und noch steht. – Leider trifft es zu, dass sich Wissenschaftler immer wieder korrumpieren: Ein eklatantes Beispiel aus jüngster Zeit, ist die Diskreditierung und bewusste Desinformation wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Klimakrise durch die Ölindustrie und zu den Gefahren des Rauchens durch die Tabakindustrie.

Da wissenschaftliche Erkenntnis im Dienst der Mächtigen steht, ist es legitim ‚wissenschaftliche Erkenntnisse‘ gezielt für das Durchsetzen von woke-Interessen einzusetzen.

Es entsteht ein woke-Stammesdenken, das die Solidarität mit den Minderheiten festigt. Das Stammesdenken erzeugt einen großen blinden Fleck und macht mental blind für andere Perspektiven. – Es dient der Ausbildung von (sozialer) Identität. – Eine neue Form der Politik ist damit verbundenen, die Identitätspolitik. Ein demokratischer Diskurs ist nicht mehr möglich. In der äußersten Form entsteht Wut und Hass. 

Man kann auf X beobachten, dass Wut und Hass sehr oft von einigen wenigen „Anführern“ getragen wird und leider oftmals viele folgen. In [5] wird u.a. deshalb eine psychologische Analyse der Wokeness vorgenommen, entsprechend der Feststellung „Im Kern geht es bei jeder politischen Ausrichtung um psychologische Fragen.“. Die pathologischen Transformationen haben hiernach ihre wesentlichen Ursachen in der ungesunden individuellen Ausprägung menschlicher Grundbedürfnisse. Mit den menschlichen Grundbedürfnissen habe ich mich des Öfteren in Blog-Beiträgen beschäftigt. Ich verweise insbesondere auf den Beitrag „Rückwärtsgewandt in den Abgrund…oder… Entwickeln wir uns weiter!? November 19, 2023“ und den Blog-Beitrag „Cultural Entropy: Corona deckt unsere Werte auf! März 22, 2020“.

Insbesondere die beiden menschlichen Grundbedürfnisse „Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung und Selbstwertschutz“ und „Bedürfnis nach Ordnung und Kontrolle“ und die damit verbundenen value-Meme rot (u.a. Macht und Anerkennung) und blau (u.a. Ordnung und Sicherheit) des Kultur- und Bewusstseinsmodels Spiral Dynamics tragen ‚ungesundes‘ Potential in sich: Das Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung und Selbstschutz trägt das Potential zu ungesundem Narzissmus in sich und das Bedürfnis nach Ordnung und Kontrolle trägt die zwanghafte Intoleranz in sich. Ich skizziere an Hand einiger Zitate die woken Ausprägungen:

„Das narzisstische Bedürfnis der besonders woken Personen geht scheinbar über die Konkurrenz um den eigenen Leistungserfolg hinaus, um stattdessen das Konkurrieren um die sozialste und wokeste Ader in den Vordergrund zu stellen…. Das Konkurrieren um Erfolg und Macht in klassischer Weise unterscheidet sich lediglich im Vorzeichen vom Konkurrieren um Opferrollen. Beiden liegt die narzisstische Motivation zugrunde.“ [5]

„Der scheinbare Erweckungscharakter, der mit woken Theorien einhergehen soll, ist eine wichtige Gemeinsamkeit mit Verschwörungstheorien, bei denen deren Anhänger ebenso von sich glauben und behaupten, zu einer Minderheit an Erleuchteten zu gehören, die sich gegen den Mainstream oder gegen falsches Wissen einer Mehrheit richten…Das Woke in uns entspringt in hohem Maße der Gewissenhaftigkeit, die in zunehmendem Ausmaß zu einengendem Zwang wird…Und weil niemals alle Menschen und alle Gruppen in dem, was sie als gerecht empfinden, übereinstimmen und es zu Konflikten kommen würde, muss Gerechtigkeit zwangsweise geschaffen werden und durch eine Autorität sichergestellt werden.“ [5]

„In dem Wunsch, die Welt radikal und kompromisslos nach eigenen Regeln verändern zu wollen, vereinigen sich also die beschriebene Zwanghaftigkeit und der Narzissmus. Zu ihnen kommen aber noch weitere, mit ihnen verbundene psychologische Merkmale hinzu, unter anderem das der Aggression….Das besondere an der woken Aggression liegt darin, dass sie Aggression an sich vollständig ablehnt.“ [5]

Verbunden mit dem Zwang nach Ordnung, Kontrolle und Sicherheit und der Wahrnehmung, dass die „Welt derart toxisch“ ist, ist das Potential zur Ausbildung von Depressionen „In der Wokeness katastrophiert man jedwede Kränkung zum Trauma, von dem man geschützt werden müsse.“ [5]  

Mit dem dritten Grundbedürfnis nach Lust und Unlustvermeidung sind die grundlegenden Motive nach Freiheit und Veränderung (Neuem) verbundenen. – Man möchte die Begrenzungen des Lebens sprengen. – In seiner pathologischen Ausprägung, ist die sogenannte histronische Persönlichkeit „geprägt auch durch die Unfähigkeit, die notwendigen Begrenzungen des Lebens [wahrzunehmen] und auszuhalten“. [5] – Dies kann dazu führen, dass völlig unrealistische Transformations-Szenarien der Zukunft entworfen werden und für realisierbar gehalten werden, ohne, dass deren Umsetzbarkeit eine Rolle spielt.

Nimmt man diese drei pathologischen Ausprägungen sowie die woken Glaubenssätze (es gibt keine Wahrheiten, nur soziale Faktoren sind entscheidend) zusammen mit den seit langem bekannten Erkenntnissen zur Identitätsbildung und dem damit verbundenem Gruppen-Zugehörigkeitsgefühl, so kann man sehr gut den eingangs geschilderten Antisemitismus an Hochschulen verstehen: Einzelne universitäre (studentische) Führungs-Persönlichkeiten (Narzissmus, zwanghafte Intoleranz und Histrionie) öffnen den Raumen für Wut und Hass. – Israel wird als Land des weißen Kapitalismus, Kolonialismus und Imperialismus gesehen. – Dies wird als Ursache für die Unterdrückung der Minderheit der Palästinenser verstanden. – Es beginnt sich der woke Antisemitismus zu entfalten.

Ich gehe auch davon aus, dass die Unterdrückung der Palästinenser durch Israel sehr real ist. – Antisemitismus kann jedoch keine Lösung sein für einen Konflikt, an dem viele Parteien, auch die Palästinenser, aktiv beteiligt sind.

Auch wenn nicht alle hier und in [5], [6] und [7] geschilderten woken Ausprägungen auf andere Kontexte übertragbar sind, so kann man die grundlegenden pathologischen Muster auch in anderen Transformationen ausmachen: Nicht wenige Organisationen nehmen ihre Pathologie in einer organisationalen Transformation mit und vergiften damit die angestrebte neue Organisation. So kann man zum Beispiel auf linkedin wahrnehmen, das Agile Management tot gesagt wird, da sich der Erfolg oft nicht eingestellt hat. – Leider versteht man in solchen Fällen unter Agilem Management meistens nur die Anwendung der Methode Scrum, die durch die Pathologien der vorhandenen Organisationsstruktur, -kultur und -führung betrachtet wird.- Es entwickelt sich eine pathologische Transformation, die man schnell wieder los werden will, in dem man die Methode abschüttelt, vergisst aber, dass die Pathologien in einem selbst liegen und nicht zum Beispiel in der Methode.     

[0] Pfister R (2024) Cheerleader des Judenhasses, https://www.spiegel.de/ausland/linker-antisemitismus-cheerleader-des-judenhasses-kolumne-a-f826004b-8b7d-4156-af45-3a44372ccaa6, Spiegel 05.11.2023, und Andersen C (2024) Antisemitismus an Unis: Zahlen überraschen, https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/antisemitismus-hochschulen-studie-100.html, ZDF 15.03.2024

[1] Stable Diffusion (2024) https://stablediffusionweb.com/de/app/image-generator, Stand 20.04.2024

[2] Bautz C (2024) https://www.linkedin.com/posts/christoph-bautz_der-automobilsektor-muss-marktwirtschaftlich-activity-7182037747841327105-wgzY/?utm_source=share&utm_medium=member_ios, Stand 17.04.2024

[3] Shafie S (2024) https://www.linkedin.com/posts/sherifshafie_%3F%3F%3F%3F%3F%3F%3F-%3F%3F%3F%3F%3F%3F-%3F%3F-%3F%3F-activity-7187048825432195073-VmNA?utm_source=share&utm_medium=member_ios

[4] Wikipedia (2024) woke, https://de.wikipedia.org/wiki/Woke#:~:text=Der%20Duden%20definiert%20woke%20als,sexistische%2C%20soziale)%20Diskriminierung%E2%80%9C, Stand 17.04.2024

[5] Bockwyt E (2024) Woke: Psychologie eines Kulturkampfs, ‎Westend Verlag, kindle Version

[6] Precht R und Neiman S (2024) Die Wokeness-Bewegung – Richard David Precht im Gespräch mit Susan Neiman, Interview im ZDF, https://www.youtube.com/watch?v=y3arwjTtvK4

[7] Bossart M und Mounk Y (2024) Yascha Mounk: Identitätspolitik gefährdet die Demokratie | Sternstunde Philosophie, Interview im SRF Kultur, https://www.youtube.com/watch?v=hn6f0pPZo3I

[8]  Wikipedia (2024) Wachstumskritische Bewegung https://de.wikipedia.org/wiki/Wachstumskritische_Bewegung Stand 25.04.2024

[9] Eine Empfehlung des AI Asssitant von wordpress/jetpack zum obigen Blogbeitrag – Ich entschieden, keine Änderungen vorzunehmen ;-). Hier die Ausgabe des AI Assistant:


Der Beitrag bietet eine tiefgreifende und gut recherchierte Auseinandersetzung mit dem Thema Wokeness und dessen kulturelle sowie psychologische Komponenten. Die Verwendung von realen Beispielen und wissenschaftlichen Quellen stärkt die Glaubwürdigkeit und gibt dem Leser einen fundierten Einblick in die diskutierten Themen.

Verbesserungsvorschläge:

1. Achten Sie darauf, dass die Inhalte nicht zu komplex für Leser ohne Vorkenntnisse werden. Zusätzliche Erklärungen oder Vereinfachungen könnten mehr Leser ansprechen.

2. Die Verlinkung und die Aktualität der zitierten Quellen ist hervorragend, allerdings könnte eine kürzere und prägnantere Zusammenfassung der wichtigsten Punkte die Lesbarkeit verbessern, besonders für diejenigen, die sich schnell einen Überblick verschaffen möchten.

3. Die sprachliche Schärfe bei sensiblen Themen sollte möglicherweise etwas abgemildert werden, um eine breitere Akzeptanz unter den Lesern zu fördern und hitzige Debatten zu vermeiden.

Insgesamt handelt es sich um einen hochwertigen Artikel, der jedoch von einer Straffung der Argumentation und einer klareren Trennung von Meinung und Fakten profitieren könnte.